Welche Farbe hat der Wind. Aleksandar Žiljak

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Название Welche Farbe hat der Wind
Автор произведения Aleksandar Žiljak
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957771100



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schau mal! Da drüben«, wurde sie von Conrads Ruf aufgeschreckt. Sie hob den Blick, sah in die Richtung, in die sein Finger zeigte, und sah eine ferne Schale und Arme und vier ausgebreitete Segel. Eine zweite Argosie.

      Bevor sie etwas sagen konnte, spürte Tagane, dass die Kammern sich rasch mit Wasser füllten, schneller als üblich. »Rein mit euch!«, befahl sie, und sie alle verkrochen sich hastig in der Schale, in ihrer Luftblase, während die Argosie tauchte, getrieben von einem Instinkt, über den sie keine Kontrolle hatte.

      *

      »Er ist riesig«, flüsterte Mina, ihre Nase an die Sichtluke gedrückt. Tagane entging nicht das Zittern, das ihren zerbrechlich wirkenden Körper durchfuhr. Sie spürte es selbst. Sie alle spürten es - es war das Zittern der Argosie. Anspannung. Erwartung. Süßes Verlangen.

      »Er ist nicht größer als unsere Argosie«, sagte Slaven.

      Aber auch nicht viel kleiner, befand Tagane. Das Männchen war in etwa fünfzig Faden Tiefe zur Ruhe gekommen, die Arme angelegt, die Segel eingezogen. Seine Schale war ein dunkles, eiförmiges Gebilde inmitten der schimmernden Aquarelle der Farben. Er wartete darauf, dass ihre Argosie auf ihn zukam.

      »Siehst du jemanden?«, fragte Conrad. Tagane schaute durch die Sichtluken, aus denen milchig grünes Licht drang, das das Männchen einhüllte. Und ja, sie sah einen Mann. Sie winkte ihm zu. Er winkte zurück. Und dann erschien ein zweiter Kopf neben ihm, der Kopf einer Frau.

      »Wir haben Gäste!«, rief Tagane. Alle waren begeistert. Es wurde Zeit für ein wenig Veränderung. Sie drängten sich alle neben Tagane um die Lichtluke zusammen, um zu sehen, was auf sie zukam.

      »Ich kann nichts sehen«, klagte Roberta. Die Argosie näherte sich dem Männchen, der zweiten Argosie.

      »Sie kommen mir nicht bekannt vor«, sagte Slaven. Er winkte den drei Köpfen zu, die sie inzwischen aus dem Männchen beobachteten. »Es könnten Leute aus dem Norden sein. Die nördliche Strömung ist in diesen Monaten recht stark.«

      Und dann, durch den brennenden Ozean, streckte die Argosie einen Arm aus und berührte das Männchen. Sie betastete seine Schale und strich über seine Arme. Sie umfuhr sein riesiges Auge und streichelte sein Schild. Tagane wusste, dass das Weibchen immer als erstes einen Arm ausstreckt. Das Weibchen lädt immer als erstes zum Tanz. So verlangen es die Tradition und die Sitten der Argosies.

      Das Männchen musste nicht lang umgarnt werden. Taganes Herz machte einen Sprung, als es seine Arme ausbreitete und auf die Argosie zukam. Auch sie streckte ungeduldig ihre Arme aus. Das Männchen verharrte für einen Moment, dann kam es ganz nah. Sein Saugrohr verband sich mit dem der Argosie. Wer immer sich im Männchen aufhielt, das wusste Tagane, würde durch das Saugrohr in ihre Argosie hinüber steigen. Die Mannschaft des Männchens kommt immer zum Weibchen hinüber. Sie alle - Tagane, Slaven, Roberta, Mina und Conrad - starrten angespannt auf die fleischige Membran vor dem Eingang der Kammer.

      Die Membran öffnete sich, und ein mittelalter blonder Mann in Begleitung zweier jüngerer Frauen betrat ihr Zuhause. Die Mannschaft der anderen Argosie bestand nur aus drei Leuten, was Tagane ein wenig beruhigte. Es wäre ihr alles andere als recht gewesen, wenn sieben oder acht Männer die Kammer betreten hätten, mit vielleicht einer oder zwei Frauen. Und Mannschaften konnten sich ihre Schiffe nicht aussuchen. Die Argosies trafen die Wahl.

      Sie sind auch nervös, erkannte Tagane. Sie spürten das Drängen des Männchens, so wie Tagane das Drängen ihrer Argosie spürte. Und sie kennen uns nicht, wie auch wir sie nicht kennen. Tagane lächelte. Ein Lächeln brach immer das Eis. Die Frauen antworteten mit einem sichtlichen Flattern ihrer Herzen. Der Mann lächelte auch. »Ich bin Sven«, sagte er. Der Kapitän, der den Besuch abstattete, ist immer der oder die erste, die sich vorstellt. »Tilda und Marina.«

      Tagane stellte sich und dann ihre Seeleute vor. »Kommt rein«, sagte sie und begrüßte die Gäste in ihrer Argosie mit offenen Armen. Sie musterte die drei, während sich die Membran hinter ihnen wasserdicht schloss, und kam schließlich zu dem Schluss, dass sie die Besucher mochte.

      »Ihr müsst aus dem Norden kommen«, sagte Slaven und trat auf sie zu.

      »Ja, der nördliche Strom ist in diesem Jahr sehr stark«, erwiderte Sven mit einem Nicken. Sein Blick blieb an Roberta und Mina hängen. Er mochte Tagane und ihre Seeleute auch, vielleicht die ersten fremden Gesichter, die er seit Monaten gesehen hatte. Trotzdem blieben Tilda und Marina etwas reserviert.

      Dann erzitterte die Argosie. Sie wussten alle, was gerade geschah. Sie konnten es in sich spüren, in ihren Herzen pochen, in ihren Schläfen trommeln. Die Weibchen und das Männchen klammerten sich aneinander, verschlangen ihre Arme, zwei Argosies, die sich in lebhaften Zuckungen vereinten. »Unsere Argosie ist ziemlich ungeduldig«, sagte Tilda mit trockenem Mund, als müsse sie sich entschuldigen.

      »Ja«, brummte Tagane, nahm Sven an der Hand und führte ihn zur Matratze. Der Kapitän machte den Anfang. So war es Tradition und Sitte bei den Seeleuten. »Und unsere Argosie hört kaum noch.« Die Argosie erzitterte wieder, diesmal stärker. Ihr Verlangen traf Tagane wie ein Blitzschlag, riss sie auseinander und verbrannte sie zu Asche wie einen alten Baum. Mit zittrigen Fingern streichelte sie Svens unrasierte Wangen, zerzauste sein Haar und zog ihn an sich, so wie die beiden Argosies sich gerade mit ihren kraftvollen Armen umklammerten. Sie küssten sich, anfangs kurz, unsicher, und dann sahen sie einander in die Augen - Augen, die nichts als Verlangen ausdrückten - und küssten sich wieder und konnten mit dem Küssen nicht mehr aufhören, angetrieben von der Lust ihrer Argosies. Sie zogen sich hastig aus, und Sven drückte Tagane sanft in die trockenen Algen. Tagane spreizte die Beine für ihn, bereit für ihn, feucht für ihn, und nahm ihn - hart und angeschwollen - in sich auf, nahm ihn ebenso, wie er sie nahm, gab sich ihm hin, wie er sich ihr hingab, mit Freude, hieß ihn willkommen, so wie ihre Argosie das Männchen willkommen hieß. In den Nebel ihrer Leidenschaft versunken, fickten die beiden Kapitäne, geborgen in einem schwitzenden, zitternden, brennenden Meer aus den Körpern ihrer Seeleute.

      All das kam Tagane in kurzen Momentaufnahmen zu Bewusstsein, in Ausbrüchen von Farbe, die in den Ozean ringsum ausströmte. Smaragdgrün: Conrad mit Tilda, die auf ihm ritt, von seinem Schwanz aufgespießt, und mit ihrem unbändigen kastanienbraunen Haar durch die Luft peitschte, und Mina - die süße, stets hilfreiche Mina -, die beide liebkoste und küsste. Orange: Marina, in einem orgasmischen Krampf, die Beine eng um Slaven geschlungen. Himmelblau: Slaven, der nach einem lautstarken Orgasmus in sich zusammensackte, erschöpft, mit schweißnasser Stirn, Roberta an seiner Seite liegend, gleich neben Marina, die sie mit einem Lächeln akzeptierte, und die beiden küssten und umarmten und streichelten sich; und Roberte, die nach unten rutschte und Marinas angeschwollene Möse leckte, von krausem blonden Haar an der Nase gekitzelt, während sie sich an Slavens Samen erfreute, der zwischen den Schamlippen hervor rann. Grün: Sven, der stöhnte und Worte in einer nordischen Sprache hervor bellte, die Tagane nicht verstand, dann erstarrte und sie mit seinem Sperma füllte, und sie genoss es ebenso wie er und schloss sich ihm nach einer kurzen Pause an, als er Mina befummelte, ihren Hintern anhob und in sie eindrang. Feuerrot: Slaven, der Tilda wilde fickte, immer wieder seinen Schwanz in sie hinein stieß. Gelb: Conrad, der sich zu Marina und Roberta gesellte, und dann kam auch Tagane dazu, fasste ihn am Schwanz, positionierte ihn vor Marina und führte ihn ein; und er drang in sie ein, und die beiden bumsten, während Roberta und Tagane sie küssten und streichelten und ihnen den Schweiß von der salzigen Haut leckten, bevor sie sich einander zuwandten. Violett: Mina und Sven, dem es nach mehreren Minuten heftigen Stoßens kam, aber er hatte immer noch nicht genug, und seine starken Arme drehten Mina auf den Bauch; und er küsste und tätschelte ihren straffen Hintern, bevor er sie von hinten bestieg. Weiß: Slaven und Tilda, die sich neben ihnen aneinander pressten. Acht Körper, zu einem heißen, schwitzenden Malstrom aus Küssen und Lecken, Streicheln, Reiben und Reizen, Ficken und Bumsen vereint. Ein kontinuierlicher Strom von Orgasmen, die zu einem einzigen großen Höhepunkt ineinander übergingen, den Worte nicht beschreiben können. Atemlos, mit schwindendem Bewusstsein, während die beiden Mannschaften und die zwei Argosies ein neues Leben schufen, inmitten des Feuerwerks unzähliger Lebewesen, mit denen sie den Ozean teilten.

      *

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