Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683265



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folgte Pfandhöfer einer Anregung des preußischen Fabrikenkommissars Eversmann und erhöhte den Hochofen auf 26 Fuß (8,16 Meter).62 Zwei Jahre später arbeiteten 15 Personen, 1794 dann 80 Arbeiter als Schmelzer, Former, Platzarbeiter, Steingräber, Holzfahrer und Köhler auf der Hütte.63 Auch wenn unklar bleibt, wie profitabel die Hütte Gute Hoffnung tatsächlich produzierte, lobte Eversmann nach einem Besuch der Hütte im Februar 178864 Pfandhöfer, der „auf einer Fläche wo vorher dürrer Boden war […] in einer der ärmsten Gegenden des Herzogthums Cleve ein ganz neues Gewerbe“ angesiedelt habe. Mittlerweile bestand das Werk aus dem in einem „geräumigen Gebäude“ stehenden Hochofen mit ledernem Gebläse, einem Formhaus, einem Kohlenschuppen, einem neuen zweistöckigen Magazin, einem Schleifwerk und einem Temperofen. Das Schleifwerk soll nach Anmerkungen Eversmanns das erste in der Region gewesen sein. Der Temperofen war 1787 auf Eversmanns Anregung allein dazu errichtet worden, die ersten deutschen Eisenbahnschienen abzuglühen, die auf der Hütte Gute Hoffnung für den Rauendahler Kohlenweg in Sundern an der Ruhr südlich von Bochum gegossen wurden.65 Sowohl Schleifwerk, als auch Temperofen waren nach englischem Vorbild errichtet worden. Ebenfalls nach englischem Vorbild folgte 1788 der Bau eines Windofens zur Verbesserung des Gusseisens.

       Abb. 15: „Plan der Situation des Gute Hoffnungs Hütten Plazes oculair gezeichnet durch Strack jun. d. 13. Febr. 1801“

      Zwei grundsätzliche Probleme, die die Geschichte der Hütte lange Zeit begleiten sollten, deuteten sich jedoch schon bei den ersten Hüttenkampagnen an: Erstens hatte Pfandhöfer Schwierigkeiten, genug Holzkohle für die Verhüttung zu erhalten, da der rechtsrheinische Teil des Herzogtums Kleve offensichtlich nicht über ausreichende Holzvorkommen verfügte und der Holzkohlenimport aus den Nachbarstaaten schwierig war. Da halfen auch die dem Bergamt angekündigten Versuche zur Verhüttung mit abgeschwefelten Steinkohlen aus dem Märkischen nichts, da sie ohne Erfolg blieben. An diesen Versuchen war auch Eversmann beteiligt, der Kenntnisse der Verhüttung mit Koks von seinen Reisen nach England mitgebracht und das Verfahren in Oberschlesien eingeführt hatte.66 Das zweite Problem war die Wasserversorgung der Blasebälge des Hochofens. Die Hütte Gute Hoffnung lag unterhalb der St. Antony-Hütte am selben Bach und war damit auf das Wasser angewiesen, das von der Konkurrenz nach Sterkrade durchgelassen wurde. Bei Wasserknappheit vor allem im Sommer konnte dies zu ungewollten Produktionseinschränkungen führen.

      Auch hatte Pfandhöfer weiter Finanzprobleme. Durch seinen Kompagnon Meeler war er wohl in Kontakt mit Helene Amalie Krupp-Ascherfeld67 (1732 – 1810) gekommen. Offensichtlich führte Pfandhöfer für die beiden Handelshäuser Botendienste durch, aus denen sich geschäftliche Beziehungen zu Krupp entwickelten, die spätestens ab 1783 auch Kreditgeschäfte umfassten. Amalie Krupp behauptete später sogar, sie hätte den Bau der Hütte schon mitfinanziert.68 So wurde die Familie Krupp in den folgenden Jahren wichtigster Geldgeber für Pfandhöfer.69 Als Sicherheit verpfändete er sein gesamtes Vermögen an Amalie Krupp, die dann auch als Handelshaus von Pfandhöfer agierte. Ab 1785 beteiligten sich die Krupps sogar vorübergehend zu einem Viertel an der Hütte. Amalies Sohn Peter Friedrich Wilhelm Krupp trat als Gewerke in die Firma ein. 1786 übernahmen die Krupps die volle Finanzierung des Hüttenbetriebs. Die Verschuldung Pfandhöfers stieg gegenüber der Familie schnell auf fast 12.000 Reichstaler im Jahr 1789, als Krupp und Pfandhöfer die gemeinsame „Compagnie der Hoffnungs Eisenhütte zu Starkrad“ wieder auflösten. Zusätzlich nahm Pfandhöfer weitere Kredite unter anderem bei der Essener Fürstäbtissin auf.

       Gleichzeitig: Verlässliche Pächter auf St. Antony

      Kurz nachdem Pfandhöfer seine neue Hütte Gute Hoffnung in Betrieb genommen hatte, schied er aus dem Vertrag mit von Wenge als Mitpächter der St. Antony-Hütte aus. Seine Kompagnons, die die Hütte nun allein weiter betrieben, entschädigte er mit tausend Fass Eisenstein.70 Döeinck & Comp. kamen ihren Verpflichtungen gegenüber von Wenge und den staatlichen Stellen pünktlich nach. Doch mit dem Abflauen der Konjunktur im Hauptexportmarkt der Niederlande und der Inbetriebnahme der neuen Konkurrenz verschlechterte sich die Lage von St. Antony. Beide Hütten konkurrierten auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten. Die Erzversorgung für St. Antony gestaltete sich immer schwieriger, vor allem als 1783 das preußische Bergamt die Ausfuhr von Eisenstein aus Kleve in das Vest Recklinghausen verbot. Gleichzeitig stiegen die Preise für Holzkohle. Der kölnische Staat reagierte auf diese Situation mit der Gewährung von Vergünstigungen bei Zoll und Abgaben auf Eisenwaren, die im Vest hergestellt worden waren.71

      1783 war die St. Antony-Hütte 27 Wochen in Betrieb. Über die Kampagnen der Folgejahre ist kaum etwas bekannt. Damm und Wasserrad waren 1784 auf Kosten der Pächter, der Schlackenabfluss auf Kosten von Wenges zu reparieren. Zum Ende der Pachtzeit verschlechterte sich die Zahlungsmoral von Döeinck & Comp. Von Wenge musste Zahlungen anmahnen. Dennoch wollten die Pächter den Vertrag um mehrere Jahre verlängern, was von Wenge aber ablehnte. So kam es im April 1787 nur zur einjährigen Verlängerung des Vertrags bei reduziertem Pachtzins. Wegen Absatzproblemen in Holland wurden die Pächter kurz darauf wegen der Stundung der Pachtzahlungen bei von Wenge vorstellig. Auch verhandelten sie erneut über einen längeren Vertrag, da umfangreiche Reparaturen und Investitionen anstanden, die jedoch nur bei einer langfristigen Nutzung sinnvoll waren. Bis zum Tod von Wenges 1788 wurde jedoch kein neuer Vertrag mehr abgeschlossen.72

      Auch unter den Erben von Wenges blieben Döeinck und seine Partner mit jährlicher Pachtverlängerung zunächst Pächter der Hütte, bis sie im Februar 1790 den Vertrag kündigten. Mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen wurde den Pächtern zugestanden, auch über das Ende des Pachtjahres hinaus die restlichen Vorräte zu verarbeiten. Vermutlich wegen der unsicheren Pachtsituation unterließen Döeinck & Comp. nun weitere Neuinvestitionen und Reparaturen. Bis Mitte 1792 scheinen sie noch auf St. Antony gearbeitet zu haben. Sie lieferten von dort noch Waren aus, bearbeiteten Aufträge in Kommission für Pfandhöfer und stellten den Erben von Wenges den Neubau eines Magazingebäudes in Rechnung. Dann scheinen sie die Hütte verlassen zu haben.73 Von Wenges Erben verhandelten mittlerweile über den Verkauf der Hütte.

      Mittlerweile hatte der Run auf den Profit aus der Eisenverhüttung auch das Reichsstift Essen erreicht. Um dem Mangel an Raseneisenstein im Vest Recklinghausen entgegen zu wirken, hatte sich am 12. Juni 1783 zunächst der Pächter der St. Antony-Hütte Döeinck eine Erlaubnis zum Graben von Erz im Stift Essen ausstellen lassen.74 Zuvor war schon ohne besondere Erlaubnis Eisenstein aus der Gegend um Karnap über die Grenze gebracht worden. Neben Erz bezog die St. Antony-Hütte auch Holz aus dem Essener Staatsgebiet. Als 1789 der Essener Hofgärtner H. Ferdinand Langen weitere ergiebige Eisensteinlager in der Lipperheide entdeckte, erkannte auch die Essener Fürstäbtissin Maria Kunigunde75 die Chancen der Eisengewinnung. Sie ließ zwei Proben zur Untersuchung zur damals bekannten Sayner Hütte bringen. Diese lag in Bendorf bei Koblenz, wo der Bruder Maria Kunigundes als Kurfürst von Trier residierte und wo sie sich auch selbst die meiste Zeit aufhielt. Der Direktor der Sayner Hütte, Johann Heinrich Jacobi, stellte bei den Proben einen Eisengehalt von 34 bzw. 53 Prozent fest. Das Erz war gut zur Herstellung von Gusswaren geeignet. Die Größe der Lagerstätte ließ die Anlage einer Eisenhütte lohnenswert erscheinen. Ein zusätzliches Gutachten des Essener Kanzleidirektors Johann Jakob Schmitz bewies die Profitabilität einer Hütte.76

      Am 24. März 1790 gründeten Kanzleidirektor Schmitz, Hofgärtner Langen, der Essener Hof- und Regierungsrat Karl Franz Ludwig Radermacher und ein aus Trier stammender Arenbergischer Hütteninspektor Werner, der die Untersuchungen auf der Sayner Hütte begleitet hatte, die Gesellschaft „Werners und Compagnie“. Die Gesellschaft plante den Bau einer Eisenhütte und eventuell weiterer Werke zur Verarbeitung des Eisens.77 Am 30. Oktober 1790 erhielt diese Gesellschaft das Privileg zur Ausbeutung der Erzfunde im Stift Essen. Johann Jacob Schmitz unterzeichnete es selbst im Auftrag der Fürstäbtissin. Am 26. Dezember war zu lesen: „Ihro Königliche Hoheit lassen der fürstlichen Regierung gnädigst bekannt machen, dass Hochdieselbe den vierten Theil der Essendischen Eisenhütte von Höchstdero Kanzlei Direktor