Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683265



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den Erzbischof, um eine Fristverlängerung für die Freilegung des Erzes, also für den Nachweis, dass sich tatsächlich Raseneisenerz abbauen ließe. Die ihm erteilten Rechte sollten nochmals um mindestens ein Jahr verlängert werden.19 Mit den gleichen Worten wie drei Monate zuvor beschrieb er die Probleme der Erzsuche. Dann fuhr er fort, dass es noch einige Zeit benötigen würde, bis er den „eisen-stein-gang entblößen“ könne. Zur Verstärkung seiner Argumente zitierte von Wenge in seinem Antrag einen Artikel aus der gültigen Bergordnung, der eine Fristverlängerung in besonderen Fällen in Aussicht stellte. Ohne die Verlängerung seiner Rechte zur Suche des Erzes hätte die Errichtung einer Eisenhütte keinen Sinn gemacht. Offensichtlich erhielt von Wenge diese Verlängerung umgehend. Wies er doch selbst in einem undatierten Schreiben auf eine als Anlage beigefügte Genehmigung vom 19. August 1752 hin.20

      Doch bei der Genehmigung zur Errichtung einer Eisenhütte mahlten die Mühlen der Verwaltung in Bonn langsamer. Zur Stärkung seiner Position bei der Hofkammer in Bonn setzte von Wenge einen Gewährsmann ein, der den Argumenten Wenges mit der Zahlung von Geldbeträgen und dem Verschenken westfälischer Schinken an die Mitarbeiter der Hofkammer Nachdruck verliehen haben soll. Die im Raum Bonn verfügbaren westfälischen Schinken sollen die Nachfrage aus der Hofkammer nicht haben decken können.21

      Von Wenge wiederholte seine Eingabe vor dem 29. Mai 1753, verbunden mit der Bitte um Belehnung mit dem Erzbergwerk – er nannte es „Zur Gottes Gnaden“ –, da er mittlerweile Erz gefunden habe.22 Den geplanten Standort der Hütte beschrieb von Wenge nun am Elpenbach in der Nähe der Bockmühle bei Osterfeld. Vielleicht um den Druck auf die Hofkammer zu erhöhen, erwähnte er, dass er auch mit der Kriegs- und Domänenkammer im preußischen Herzogtum Kleve wegen einer anzulegenden Schmelzhütte schon in Kontakt gestanden habe.

       Abb. 5: Erste Seite der Urkunde des Erzbischofs von Köln vom 13. Juli 1753 mit der Genehmigung für von Wenge zum Bau der Hütte

      Jetzt kam Bewegung in die Angelegenheit: Am 29. Mai 1753 erhielt von Wenge ein kurzes Schreiben, mit dem er mit dem Bergwerk belehnt wurde und das ihm die Errichtung einer Schmelzhütte und eines Hammerwerks erlaubte.23 Die zugehörige Urkunde stellte die Verwaltung am 8. Juni 1753 aus. Von Wenge erhielt nun endlich die „Belehnung mit dem in der gegend Buer, und Osterfeld Vestes Recklinghausen gelegenen, Zur Gottes Gnaden genannt, neuen Bergwerk“.24 Die Hofkammer in Bonn stellte die Urkunde „nach Bergrecht, und bergordnungsmäßig“ aus und gewährte von Wenge als Vergünstigung „drey gantze Zehend freye Jahren“. Nach Ablauf dieser Frist war er verpflichtet, die Abgaben voll „Bergordnungsmäßig“ zu entrichten.

      Etwa einen Monat später erreichte von Wenge eine weitere Urkunde. Am 13. Juli 1753 hatte ihm der Kölner Erzbischof die Genehmigung zu Errichtung und Betrieb einer Eisenschmelzhütte und eines Hammerwerks „sambt den darzu erforderlichen wasserlauff“ „auf einen von ihm zu acquirierenden eigenen grund“ erteilt.25 Von Wenge hatte die Hütte auf eigene Kosten zu errichten und sich an das Bergrecht zu halten. Auch musste er für Schäden einstehen, die den Anliegern aus der Hütte oder den Wasserläufen entstanden. Von dem Zeitpunkt an, an dem Hütte und Hammerwerk einen brauchbaren Zustand erhielten, war alljährlich eine Abgabe von 20 Reichstalern an die ▶ Oberkellnerei Horneburg zu entrichten. Damit hatte der Freiherr von Wenge seine ersten beiden Ziele erreicht. Er besaß die Genehmigung, Erz im Vest Recklinghausen abzubauen, und die Erlaubnis, eine Eisenhütte zur Verarbeitung des Erzes zu errichten. Er war damit Berg- und Hüttenmann geworden.

       Sechs Jahre bis zur ersten Schmelze

      Als die beiden Urkunden von Wenge erreichten, hatte er mit dem Bau der Eisenhütte bereits begonnen.26 Schon am 26. Oktober 1752 übernahm er das für den Hüttenbau in Aussicht genommene Gelände am Elpenbach von der Gemeinheit der Osterfelder Bauern zur freien Verwendung. Als Gegenleistung entrichtete er eine feste jährliche Zahlung. Für den Bau der Anlagen gewann von Wenge Joan Antony von Graes aus Diepenbrock bei Bocholt. Dort war 1729 die Michaelishütte in Betrieb gegangen und es ist zu vermuten, dass von Graes dort Erfahrungen im Hüttenbau gesammelt hatte. Doch 1753 stoppte der gerade in Gang gekommene Bau bei Osterfeld schon wieder. Zum einen gab es offensichtlich Spannungen zwischen Baumeister von Graes und seinem Auftraggeber, so dass sich ihre Wege trennten. Zum anderen begann ein langjähriger Gerichtsprozess, der die Realisierung des Hüttenprojektes ernsthaft gefährdete.

      Es ging um das Nutzungsrecht am Wasser des Elpenbachs. Häufig bot die Nutzung des Wassers in der Zeit der Frühindustrialisierung den Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen. Bis zur Errichtung erster gewerblicher Anlagen wurde Wasser vor allem in vorindustrieller Weise verwendet. Dies war bachabwärts in Sterkrade zu diesem Zeitpunkt nicht anders. Das Wasser diente beispielsweise dem Antrieb von Mühlen, dem Waschen und Bleichen, dem Trinken und Kochen, dem Backen und Brauen sowie als Viehtränke. Auch Fischteiche wurden vom Elpenbach mit Wasser gespeist. Von den Bewohnern Sterkrades war es insbesondere die Abtei der Zisterzienserinnen, die für ihre Aktivitäten das Wasser benötigte.

      Nun drohte mit dem Hüttenwerk von Wenges ein konkurrierender Nutzer des Wassers hinzuzukommen. Wozu Wasser bei einem Hüttenbetrieb nötig war, war allgemein bekannt: Wasser trieb zunächst über ein Wasserrad ein Gebläse an, das Luft in den Hochofen blies, um ihn auf Schmelztemperatur zu bringen. Wasser diente aber auch dazu, Erz zu waschen, um es für den Hochofenbetrieb nutzbar zu machen, und weitere Nebenbetriebe wie beispielsweise ein ▶ Pochwerk zur Zerkleinerung der Hochofenschlacke anzutreiben. Um eine kontinuierliche Wasserversorgung für die Produktionsphase sicherstellen zu können, war es notwendig, den Bach mit einem Damm vor dem Hüttenwerk zu einem Teich aufzustauen. Vom Kölner Erzbischof als Landesherr des Vestes Recklinghausen hatte von Wenge in der Konzessionserteilung die Erlaubnis zur Nutzung des Baches mit allen eventuell notwendigen Maßnahmen zur Errichtung von Wasserbauwerken erhalten.

      Als 1752 der Bau der St. Antony-Hütte begann, befürchteten die Zisterzienserinnen der Abtei Sterkrade, dass mit der Errichtung der Hütte die bisherige Nutzung des Wassers nicht mehr möglich wäre. Es war zu erwarten, dass durch das Waschen des Erzes das Wasser verschmutzt wurde und somit nicht mehr für den Genuss durch Mensch und Tier und auch nicht für die Forellenzucht geeignet war. Damit fühlten die Zisterzienserinnen ihre Rechte bedroht. Besaßen sie doch sowohl das Fischereirecht als auch andere Wasserrechte am Elpenbach. Da Sterkrade aber im preußischen Herzogtum Kleve lag und somit nicht dem Kölner Erzbischof unterstand, drohten aus den wasserrechtlichen Auseinandersetzungen gleichzeitig diplomatische Verwicklungen zu werden.

      In einem Schreiben vom 23. Juli 1752 protestierte die Äbtissin des Klosters, Maria Spohia von Wrede, gegen die Errichtung der Hütte.27 Sie erläuterte ihre Befürchtungen und verwies auf den Schaden, der den Grundbesitzern im preußischen Sterkrade aus der Hütte entstehen könnte. Ihre Ansicht untermauerte sie mit drei Gutachten, die sie dem Schreiben beifügte. Das Kloster sah sich in dem Streit in einer guten Position, schließlich war ein kleiner Teil des Geländes, auf dem von Wenge den Hüttenteich mit dem Damm plante, Eigentum des Klosters. Mit einem Gegengutachten versuchte von Wenge am 4. September, die Äbtissin für seine Position zu gewinnen.

      Im Sommer 1753 wurde es dann ernst. Die Äbtissin von Wrede wandte sich an das vestische Gericht in Dorsten und bat dafür Sorge zu tragen, dass auf dem Grundstück des Klosters nicht ohne dessen Genehmigung ein neues Bauwerk errichtet würde.28 Am 10. September verbot das Gericht daraufhin von Wenge, an Damm und Teich weiter zu bauen, und verlangte, schon errichtete Bauwerke wieder abzubrechen. Bei Zuwiderhandlung drohten 25 Goldtaler Strafe. Zwei Tage später protestierte von Wenge beim Dorstener Gericht gegen den Beschluss. Er sah sich im Recht, schließlich wäre er mit dem Bau der Hütte belehnt worden. Außerdem bestritt er die Zuständigkeit des Gerichtes, da es sich um Bergwerksangelegenheiten handele, die dem Bergrecht und nicht der allgemeinen Gerichtsbarkeit unterworfen seien.

      Von Wenge ließ weiter bauen und betraute einen Gewährsmann, I. M. Kerp, damit, die Angelegenheit zu bereinigen. Auf Drängen des Klosters erhöhte das Dorstener Gericht schon am 15. September die angedrohte Strafe auf 50 Goldtaler. Kerp schaltete nun die Hofkammer in Bonn ein, bezog sich dabei auf das Bergregal und deutete auf die zusätzlichen