Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683265



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beim Hüttenbau zu unterstützen. Dem Kloster sollte für den Schadensfall eine Entschädigung zugesagt werden. So gelang es von Wenge durch seine Beziehungen zunächst, dass das Urteil des Dorstener Gerichtes aufgehoben wurde und der Bau der Hütte und vor allem der Wasserbauten fortgesetzt werden konnte.

      Endgültig entschieden war der Streit mit dem Kloster aber noch nicht. Hierzu schaltete von Wenge erneut die Bonner Hofkammer ein, die ein Mitglied der neuen Bergkommission mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragte. Aber trotz eines für von Wenge günstigen Gutachtens schwelte der Streit mit dem Kloster weiter. Die Hofkammer riet von Wenge, eventuelle Verkaufsangebote des Klosters für das strittige Stück Land anzunehmen. Gleichzeitig beauftragte sie das schon mit der Sache befasste Mitglied der Bergkommission, eine gütliche Einigung herbeizuführen. Doch brachte ein Ortstermin am 27. Juni 1754 keine Einigung. Die Vorbehalte der Äbtissin von Wrede und des Klosters gegenüber dem Damm und der Hütte am Elpenbach blieben bestehen. Die Zisterzienserinnen fürchteten, dass bei einem Dammbruch, verursacht durch Platzregen, Ratten oder Maulwürfe, die zwischen Hütte und Kloster liegenden Mühlen zerstört werden könnten. Auch erwarteten sie, dass durch das Erzwaschen Schlamm die Mühlteiche zuschütten und die entstehende Verschmutzung das Wasser für Mensch und Tier unbrauchbar machen würde. Für all diese Schäden habe von Wenge aufzukommen, zumal damit zu rechnen sei, dass die Bauwerke hundert Jahre bestehen würden. Der Vertreter von Wenges wies die Einwendungen erneut zurück und behauptete sogar, dass durch die Zuleitung weiterer Quellen in den Bach die Nutzung des Baches als Antrieb auch der abwärts liegenden Mühlen verbessert würde.

      Eine Einigung blieb aus. Die Äbtissin verlangte einige tausend Taler für das Stück Land, dagegen schätzten die vestischen Behörden den Wert auf nur wenige Reichstaler. Für eventuelle Schäden in der Folge eines Dammbruchs hinterlegte von Wenge als Ersatzleistung eine Bürgschaft beim Dorstener Gericht. Das Kloster wandte sich nun an die preußischen Behörden in Kleve und die diplomatischen Verwicklungen waren da. Die Einschaltung der preußischen Behörden erhielt eine zusätzliche Brisanz, da von Wenge 1752 mit den preußischen Behörden wegen der Errichtung der Hütte auf preußischem Territorium verhandelt hatte. Am 28. September 1754 erschien eine Abordnung aus Kleve auf der Baustelle und verbot unter Androhung von Gewalt den Weiterbau. Von Wenge wandte sich erneut um Hilfe an die Bonner Hofkammer. Ein weiteres Gutachten wurde eingeholt, dieses Mal beim Westfälischen Bergamt. Es bescheinigte am 23. Februar 1756, dass sich von Wenge im Recht befinde und das Kloster bereits ausreichend entschädigt sei. Dennoch zögerte die Hofkammer, den Konflikt mit Preußen aufzunehmen. Erst als von Wenge damit drohte, die Hütte ins Gebiet des preußischen Herzogtums Kleve zu verlagern, wurde sie aktiv.

       Abb. 6: Besitzverhältnisse beim Bau der St. Antony-Hütte zur Zeit der Hüttengründung

      Am 15. Februar 1757 kam es zu einer erneuten Schätzung des Wertes des Klostergrundstücks am Hüttendamm. Der Vertreter von Wenges bot den preußischen Behörden und dem Kloster diesen nun deutlich höheren Betrag an, was von der Gegenseite allerdings wieder abgelehnt wurde. Daraufhin hinterlegte von Wenge den Betrag beim Gericht in Dorsten. Für die Bonner Hofkammer war der Fall endgültig geregelt. Sie unterstützte von Wenge nun bei den weiteren Bauten. Die Haltung der Äbtissin wurde als „auf einem dem weiblichen Geschlecht und besonders dem Closter frauen durchgehends angestammten eygensinn“ zurückgeführt.29 Eine weitere Unterstützung seitens der preußischen Behörden erhielt das Kloster nicht mehr. Preußen befand sich jetzt im ▶Siebenjährigen Krieg mit Frankreich und anderen Staaten (1756 – 1763), so dass das Land zeitweise besetzt war. Für Preußen galten daher andere Prioritäten.

      Zwar war nun rechtlich alles geregelt, doch zog sich der Streit um das Wasser weiter hin. Dennoch ging der Bau jetzt flott voran. Der neue Baumeister Westerhoff stammte mit seinen Leuten wiederum aus Bocholt. Ein Kohlenschuppen war Ende April 1757 fertig. Ende Juli waren der Damm aus zwei Reihen Eichenpfählen und die Wasserführung fertig gestellt. Als im Herbst des Jahres ein heftiger Regenguss den Damm zerstörte, traten die Erwartungen der Zisterzienserinnen ein. Pfosten und Erde wurden weggespült und versperrten den Wasserlauf. Die Befürchtungen gründeten sich wohl doch nicht allein auf den Eigensinn von Klosterfrauen. Die Reparatur des Dammes dauerte bis zum Winter. Er war jetzt 15 bis 16 Fuß, etwa 4,70 bis 5,00 Meter, hoch.

      Als schwierig erwies sich, die für den Bau des Hochofens notwendigen Materialien herbeizuschaffen, da Fuhrwerke kaum zur Verfügung standen und auch die notwendigen Steine für das ▶ Hochofengestell äußerst schwierig zu beschaffen waren. So begann der Bau des Hochofens erst Anfang 1758. Er soll eine Höhe von 22 Fuß, das sind 6,90 Meter, gehabt haben und von wallonischen Arbeitern errichtet worden sein.30 Ein Wohngebäude und ein kleineres Gebäude für die Formerei wurden ebenfalls gebaut, ein zweites Wohngebäude geplant. Als spätere Erweiterungen waren ein ▶ Pochwerk für Schlacken, ein Eisenhammer und eine Schmiede vorgesehen.

      Parallel zu den Baumaßnahmen ließ von Wenge Vorräte anlegen. Diese waren Erz aus den Schürfrechten von Wenges, das in der Gegend um Osterfeld einen Eisengehalt zwischen 34 und 53 Prozent hatte, sowie Holzkohle, die aus den umliegenden Wäldern stammte, vor allem aus dem großen Kölnischen Wald bei Bottrop. Sie war von guter Qualität und damit geeignet, die Schmelztemperatur im Hochofen zu erreichen. Kalkstein, der nötig war, um die Schlacke zu binden, stammte aus der Gegend um Ratingen.

      Im Herbst 1758 waren Hochofen, Formhaus, Kohlenschuppen, Wasserbauten und zumindest ein Wohnhaus errichtet. Der ersten Hüttenkampagne stand nichts mehr im Weg. Von der ersten Idee eines Hüttenwerks bis zur Betriebsaufnahme waren fast zwanzig Jahre vergangen. 1741 hatte von Wenge erwartet, dass große Kosten auf ihn zukämen. Ob sich sein Risiko gelohnt hatte und sich das eingesetzte Kapital einschließlich Bestechungsgeldern und westfälischen Schinken tatsächlich rentieren würde, war aber auch 1758 noch nicht abzusehen.

      Im Herbst 1758 begann die erste Hüttenkampagne auf St. Antony. Franz Ferdinand von Wenge betrieb die Hütte zunächst in Eigenregie und setzte als örtlichen Leiter den kurkölnischen Förster Randebrock ein. Aber nicht nur von Wenge sondern auch Randebrock fehlten die notwendigen hüttenmännischen Kenntnisse. Für den technischen Betrieb mussten somit Fachleute engagiert werden. Da es noch keine Ausbildung im Hüttenwesen gab, galt es, Hüttenmeister zu finden, die auf anderen Werken Erfahrungen im Betrieb von Hochöfen gesammelt hatten. Fachkräfte waren also von außerhalb anzuwerben. Für Transport- und Hilfsarbeiten standen dagegen Arbeitskräfte in der Nähe zur Verfügung. Die neue Hütte ermöglichte auf diese Weise den Köttern der Umgebung einen Nebenerwerb, mit dem sie ihr eher kärgliches Einkommen aus der Landwirtschaft aufbessern konnten.

       Abb. 7: Hochofenabstich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Tafel aus der „Encyclopédie“ von Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d‘Alembert (Erstausgabe zwischen 1751 und 1772)

      Für die erste Kampagne engagierte von Wenge Heinrich Lichlen als Hüttenmeister.31 Dieser kam mit einem Meisterknecht und zwei Erzaufgebern aus Fischbach bei Saarbrücken, wo seit 1728 eine Eisenschmelze betrieben wurde, die offensichtlich gerade still lag. Lichlen setzte mit seinen Helfern das ▶ Hochofengestell ein und blies den Hochofen an, wofür er extra bezahlt wurde. Am 18. Oktober 1758 floss das erste Eisen aus dem Hochofen der St. Antony-Hütte. Förster Randebrock unterrichtete von Wenge sofort: „Nun iß endlig die hütte in ihre arbey der liebe Gott gebe mir seynen Seegen darzu […]“.32 Aber er berichtete auch von den Schwierigkeiten der Betriebsaufnahme: Das Eisen hatte noch nicht die gewünschte Qualität und war unrein. Gegossen wurde in Sandformen direkt vom Hochofen. Formsand fand man in der unmittelbaren Umgebung von Osterfeld und Bottrop in großen Mengen. Die Kampagne dauerte nur eineinhalb Monate. „Eisen-Ballas“, also Gewichte, und „Potteriewaren“, also Töpfe, Pfannen und andere Gusswaren des täglichen Bedarfs, waren die Hauptprodukte. Daneben entstanden Ambosse, Platten und Gitter.

      Den Verkauf