Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683265



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verschifft. Allerdings verkauften sich die Waren nur sehr schlecht, da der Guss nicht besonders gut gelungen war. Gleichzeitig konkurrierten sie mit ausgereiften englischen Produkten, ohne wesentlich preiswerter zu sein. Zwar war der Schiffstransport über den Rhein in die Niederlande recht preiswert, doch verteuerte der Transport von der Hütte zu den Rheinhäfen wegen der schlechten Wegeverhältnisse die Waren. Auch in den späteren Jahren erschwerte das weitgehende Fehlen von Kunststraßen die Transporte. Vor allem bei schlechter Witterung verwandelten sich die Straßen in einen Sumpf, in dem die Karren stecken bleiben konnten. Löcher in den Wegen mussten umfahren werden, so dass sich die Wege ohne jede Befestigung in die Breite ausdehnten. Erst ab Mitte der 1780er Jahre verbesserte sich langsam die Situation. 1792 war die erste Kunststraße vom Rhein über Essen ins Märkische – heute die Duisburger und die Essener Straße – hergestellt.33 Doch noch 1840 wollte die preußische Bezirksregierung in Düsseldorf dem Unternehmen verbieten, mit seinen Fuhrwerken die Straßen zu befahren, da die schmalen Räder die Wege zu sehr schädigen würden.34

      Die zweite Hüttenkampagne ließ lange auf sich warten. Zu den Schwierigkeiten mit dem Absatz der qualitativ unzureichenden Produkte kam die Besetzung des Landes durch französische Truppen im ▶ Siebenjährigen Krieg. Besonders schwerwiegend wirkte sich der Mangel an Holzkohle aus. Die kurzfristig durch den Bedarf der Hütte gestiegene Nachfrage ließ sich nur schwer aus den umliegenden Wäldern decken. Damit deuteten sich schon früh grundlegende Standortprobleme der Hütte am Elpenbach an. Randebrock versuchte eine Lösung zu erreichen, indem er einen Köhler engagierte, der gemeinsam mit ihm Holzkohle herstellen sollte. Als im Verlauf des Krieges die Preise für Gusswaren stiegen, schien nach vier Jahren Stillstand eine neue Hochofenkampagne lohnenswert. Allerdings hatten die Erlöse der ersten nicht ausgereicht, um die zweite Kampagne zu finanzieren. So musste von Wenge Geld zuschießen. Um höhere Einnahmen zu erzielen, orientierte er sich nun an der benachbarten Bocholter St. Michaelis-Hütte und richtete die Produktion von St. Antony an deren Fertigungsprogramm aus. Auch versuchte er, den Zwischenhandel auszuschalten, und nahm direkten Kontakt zu niederländischen Großhändlern auf.

      Mitte März 1762 kam Hüttenmeister Lichlen mit seinen Mitarbeitern zurück nach Osterfeld.35 Er brachte neue Gestellsteine aus einem Steinbruch bei Koblenz für die neue Ausmauerung des Hochofens mit. Zur Aufnahme der Produktion reichten ihm die Vorräte an Holzkohle und Erz noch nicht aus. Er verlangte zusätzliche Gussformen und die Einstellung eines Sandformers, um eine größere Produktvielfalt erzeugen zu können. Auch die Blasebälge waren vor Beginn der zweiten Hüttenkampagne am 14. April 1762 noch zu reparieren.

      Die neue Kampagne lief gut an. Das Eisen war gut und die Ausbeute größer als bei der ersten Kampagne. Wahrscheinlich hatten sich Lichlen und sein Team auf die Verhältnisse in Osterfeld eingestellt. Sie kannten nun das Erz, die Holzkohle und die Zuschläge, so dass sie das Mischungsverhältnis besser einschätzen konnten. Doch noch im April traten erste Probleme auf. Zu wenige Fuhrleute standen zur Verfügung, da die Kötter ihre Aussaat auf das Feld bringen mussten. Im Mai brach zweimal die Achse des Wasserrades und der Ofen musste mit Kohlen warm gehalten werden, ohne Eisen zu produzieren. Mitte Juni verließ Meister Lichlen die Hütte, um ein anderes Werk instand zu setzen. Er sagte seine Rückkehr zu und garantierte, dass die Hütte in der Zwischenzeit ohne Störung funktionieren würde. Im Juli ließen die Leistungen der Hüttenleute wegen des Mangels an Nahrungsmitteln nach, was einen weiteren Zuschuss von Wenges erforderte. Ende Juli produzierte der Ofen nur noch unreines Eisen, da die Gestellsteine verschlissen waren. Zusätzlich mangelte es wieder an Holzkohlen, so dass die Kampagne am 29. August endete. Lichlen war nicht wieder aufgetaucht.

       Abb. 8: Hammerwerk des 18. Jahrhunderts aus der „Encyclopédie“

      Bis zum 28. Juli 1762 waren 61.094 Pfund Gusswaren erzeugt worden. Doch erneut blieb der Absatz schwach. Geld kam nur zögerlich herein. Von Wenge verlangte von Hüttenleiter Randebrock eine detaillierte Abrechnung auf Basis der vorliegenden Aufzeichnungen. Misstrauisch wurde von Wenge, als er von dritter Seite zur Zahlung von Zinsen für einen Kredit aufgefordert wurde, von dem er nicht in Kenntnis gesetzt worden war. Es entspann sich ein langjähriger Prozess um die Erstattung von Auslagen und Lohnzahlungen an Randebrock, in den auch wieder die Hofkammer in Bonn eingeschaltet war. Erst 1785 wurde der Konflikt beigelegt.36

      Hüttenmeister Lichlen hatte von Wenge während der laufenden Kampagne vorgeschlagen, einen Eisenhammer zu errichten und so Absatz und Profit zu erhöhen.37 Von Wenge bat Johann Assemuth von der Altenbekener Hütte bei Paderborn, wo die Eisengewinnung schon eine lange Tradition hatte, Schmiedeversuche mit Eisen von der St. Antony-Hütte durchzuführen. Noch während der zweiten Kampagne erfolgten die Versuche. Doch nur, wenn dem Roheisen der St. Antony-Hütte fremdes Stabeisen beigemischt wurde, war es schmiedbar. Dennoch ließ von Wenge 1764 einen Eisenhammer bauen. Die Bauarbeiten sollen durch den Einsatz großer Mengen von Bier beschleunigt worden sein, so dass das Hammerwerk im November 1765 fertig war. Aber es dauerte bis ein Schmied gefunden war. Erst am 20. Februar 1766 ging der Hammer in Betrieb. Schmiedbares Eisen musste hinzugekauft werden und dennoch blieben der Betrieb des Hammers unregelmäßig und die Produkte unbefriedigend. Johann Assemuth, der mittlerweile die Leitung der St. Antony-Hütte von Randebrock übernommen hatte, vermutete die Ursache in der mangelhaften Qualität der Holzkohlen.

      1768 ließ von Wenge den Hüttenmeister Assemuth eine dritte Hochofenkampagne planen.38 Hierzu wurden 162 Fass Raseneisenerz, drei Karren Mergel und 343 3/​4 Fass Holzkohle aus der Umgebung angeliefert. Ofen und Blasebälge waren Ende September in Stand gesetzt. Die Gestellsteine kamen dieses Mal aus Steele. Eine Erzwäsche mit einem weiteren Damm, der den abgewaschenen Schlamm aufhalten sollte, wurde neu angelegt. Zwischen Oktober 1768 und Anfang 1769 produzierte der Hochofen an 67 Tagen Ballast, Platten, Pott- und Pyramidenöfen sowie Potteriewaren, die wieder hauptsächlich in den Niederlanden Absatz fanden. Aber immer noch mangelte es an Qualität und der Verkauf bereitete weiter Probleme. Das Hammerwerk blieb noch nach der Hüttenkampagne in Betrieb. Etwa neun Personen arbeiteten auf der Hütte. Etwa 25 Personen besorgten Fuhrdienste, Erz- und Kohlenbeschaffung. Als klar wurde, dass im folgenden Jahr keine neue Kampagne starten würde, verließ Assemuth im Frühjahr 1769 die Hütte und gab seine Tätigkeit in Osterfeld auf. Zwei Jahre später empfahl er von Wenge noch, auf der Hütte einen ▶ Kupolofen nach englischem Muster zu errichten.

       Pech mit den Pächtern

      Die drei Kampagnen in den zehn Jahren des Bestehens der St. Antony-Hütte warfen für von Wenge keinen Profit ab. Die Produktqualität war zu schlecht, der Betrieb nur unregelmäßig und offensichtlich fehlte auch das Geschick beim Warenabsatz. So entschloss sich von Wenge, den Eigenbetrieb der Hütte aufzugeben und sie am 1. September 1769 zur Verpachtung auszuschreiben. Doch noch bevor die ersten Pächter die Hütte übernahmen, probierte von Wenge auf der Hütte 1771 erstmals in der Region, ob sich das Erz auch mit Steinkohlen von der Ruhr verhütten ließ. Hierzu arbeitete von Wenge mit einem Kalkbrenner zusammen, der sich aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit mit der Nutzung von Steinkohle auskannte. Doch das Experiment schlug fehl, da sich Steinkohle – was damals zumindest an der St. Antony-Hütte offensichtlich noch unbekannt war – ohne Vorbehandlung wegen ihres hohen Schwefelgehalts nicht zur Verhüttung eignet.39

      Im Juli 1771 besichtigten zwei Interessenten namens Schwartz und Hundt aus Bocholt die St. Antony-Hütte. Am 29. September übernahmen sie für sechs Jahre das Werk als Pächter.40 Die Pacht betrug 1.000 Taler jährlich. Wahrscheinlich handelte es sich bei den Pächtern um das Ehepaar Anton Hundt und Johanna Margarete Schwartz mit ihren zahlreichen Kindern.41 Johanna Margarete Schwartz kam aus einer angesehenen Bocholter Familie, aus der auch ein Bürgermeister stammte. Es ist denkbar, dass ein zweiter Pächter aus der Familie zusätzlich beteiligt war. Auch in Zusammenhang mit der Michaelishütte in Bocholt tauchen die Namen Schwartz und Hundt auf.

      Um die Hütte in Betrieb nehmen zu können, mussten die Pächter umfangreiche Reparaturen an Gebäuden und Anlagen vornehmen. Dies brachte einen ersten Streit mit von Wenge darüber, wer die Kosten hierfür zu tragen hatte. Während von Wenge am 28. August 1772 vor Gericht die erste Pachtrate in Höhe von 500 Talern einzuklagen versuchte, verlangten Schwartz