Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683203



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machen können.

      Auf jeden Fall bin ich nach wie vor der Überzeugung, dass es richtig ist, wenn Kommunen mit städtischen Gesellschaften solche wichtigen, zentralen Flächen für die Entwicklung der Stadt sichern.

       Einmal noch nachgefragt: Im Jahre 2006 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung nach langen Jahren der Projektentwicklung den O.VISION Zukunftspark endgültig abgelehnt. Wenn man das aus heutiger Sicht betrachtet, was hat die Stadt Oberhausen in dieser Projektentwicklung gut gemacht und was hätte man aus der heutigen Betrachtung eventuell noch besser machen können?

      Einerseits gab es bis 2004 die Zusagen der Landesregierung, bis zu einem bestimmten Kostenpunkt das Zentrum des Projektes, nämlich den Gläsernen Menschen als Ausstellungsgebäude für Mensch und Gesundheit sowie den Umbau des ehemaligen Stahlwerks, zu fördern. Aus meiner heutigen Sicht ist immer noch schade, dass dies alles nicht realisiert werden konnte. Das Stahlwerk mit der Straßenbahnhaltestelle wäre für die gesamte Region ein Highlight gewesen. In Düsseldorf wurde uns zwar immer gesagt, ja, wir werden das fördern. Aber durch das administrative Tun im Wirtschaftsministerium wurde die Realisierung hinausgezögert und schließlich unmöglich gemacht.

      Man hätte aus Oberhausener Sicht vielleicht früher darauf setzen müssen, z. B. den Gläsernen Menschen anders und mit privaten Investoren zu realisieren. Es gab ja Interesse, nicht in der schönen organischen Form, wie wir uns das gedacht hatten, so ein Projekt zur Gesundheit zu realisieren, sondern abgespeckter, kostengünstiger. Auch die Straßenbahnhaltestelle wäre kleiner besser zu realisieren gewesen. Aber: aus heutiger Sicht ist es schwierig dieses zu beurteilen. Ich würde sagen, wenn die Landesregierung frühzeitig – vielleicht in 2002 – abgesagt hätte, hätten wir in Oberhausen versucht mit Privatinvestoren das Projekt eine Nummer kleiner zu fahren und es trotzdem zu realisieren, um die Entwicklungspotenziale für die gesamte SWO-Fläche nutzen zu können.

      In der Schlussphase von O.VISION von 2004 bis Anfang 2006 war ich dann nicht mehr an den Diskussionen beteiligt und nicht mehr im Amt. Und dann sollte man besser schweigen.

       Magnus Dellwig/​Ernst-Joachim Richter

       Die Neue Mitte Oberhausen als Trendsetter im Ruhrgebietstourismus

       Interview mit Axel Biermann

       Herr Biermann, im April 1997 haben Sie die Leitung der Tourismus GmbH in Oberhausen übernommen. In diesem Jahr zählte die Fremdenverkehrsstatistik gut 71.000 Gäste mit über 122.000 Übernachtungen. Oberhausen als nationales und internationales Tourismusziel erschien den meisten Oberhausenern als Wunschtraum. 2008 waren es dann fast 151.000 Gäste mit 248.000 Übernachtungen. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen?

      Die Grundlage dieser Entwicklung war das klare Bekenntnis der handelnden Akteure in Politik und Verwaltung, dass das Thema Tourismus als ein Themenschwerpunkt im Bereich der Stadtentwicklung definiert wurde und dass man dann die entsprechenden Kräfte gebündelt und Institutionen geschaffen hat, wie die Tourismus GmbH. Parallel dazu ist auch sehr viel im Umfeld der Neuen Mitte entstanden und die Neue Mitte selbst als ein neues touristisches Angebot. Hierfür waren die Stadtentwicklung und die Stadtverwaltung federführend verantwortlich. Dies war direkt ausschlaggebend für diese positive Entwicklung, die sich im Übrigen nicht nur auf die Zahl der Übernachtungsgäste niedergeschlagen hat, sondern auch auf die Zahl der Tagestouristen, was sehr gern vergessen wird. Heute oder auch schon 2008 haben wir etwa fünf Millionen Tagestouristen in der Neuen Mitte Oberhausen, also Menschen, die aus einer Entfernung von mehr als 50 Kilometern anreisen. Diese Gruppe macht 70 bis 80 Prozent des touristischen Umsatzes aus. Der Rest kommt über die Übernachtungsgäste. Wir liegen in Oberhausen mittlerweile bei über 400 Millionen Euro Umsatz durch den Tourismus. Das ist durch entsprechende Schwerpunktsetzung in der Stadtentwicklung und den Aufbau professioneller Vermarktungsstrukturen gelungen sowie durch die Bündelung aller touristischen Leistungspartner wie Hotellerie, Gastronomie, Museen, Musical, Theater, Sealife Aquarium mit dem Ziel, diese an einen Tisch zu holen, um gemeinsame Werbung zu machen und damit schlagkräftiger zu werden. Ich denke, das sind die zwei Hauptmerkmale, warum diese positive Entwicklung sich so einstellen konnte. Wenn man es betriebswirtschaftlich betrachtet, gab es drittens einen erheblichen Nachholbedarf. Wir befanden uns somit am Anfang des Produkts-„Lebenszyklus“. Mir ist daher auch nicht Bange, dass sich in den nächsten Jahren die Zahlen positiv weiter entwickeln werden.

       Zum Zeitpunkt Ihres Starts in Oberhausen erfolgte zugleich auch die Gründung der Tourismus GmbH. Das korrespondierte unmittelbar mit der Eröffnung des CentrO im September 1996. Schätzen Sie diese Gründung der städtischen Akteure als richtig im Zeitablauf ein und gab es dann auch eine Aufbruchstimmung in der Zusammenarbeit mit den unternehmerischen Akteuren der Freizeitwirtschaft in der Neuen Mitte?

      In jedem Fall. Es war vielleicht sogar ein halbes Jahr zu spät. Aber das sind dann eben operative Probleme, die es gab. Ich kann mich noch erinnern, als der damalige Geschäftsführer des Verkehrsvereins mir erzählt hat, dass im Jahr 1996 nach Eröffnung des CentrO im alt ehrwürdigen Verkehrsverein das Fax dann durchgeglüht wäre. Vor dem Hintergrund war es dringend notwendig, entsprechende Infrastruktur zu schaffen, die dann zeitverzögert sechs Monate später an den Start ging. Erstmals haben sich professionelle Akteure mit der Förderung des Tourismus beschäftigt und dies hat sich natürlich auch auf die Motivation der touristischen Partner in der Region ausgewirkt, die das bisher noch nicht so ernst genommen hatten. Das war schon wichtig. Ich kann mich noch gut erinnern, dass bei einigen einschlägig bekannten Hoteliers in der Stadt es noch Jahre danach schwer war zu erklären, dass auch der Gasometer durchaus eine Vermarktungsberechtigung hat und nicht nur das CentrO. Die Industriekultur in der Stadt, aber auch in der Region, hat es aus meiner Sicht erst durch den Schub der Kulturhauptstadt 2010 geschafft, richtig als touristisches Massenziel wahrgenommen zu werden. Es gibt natürlich Ausnahmen. Eine schöne Ausnahme ist der Gasometer Oberhausen, der durch seine hochattraktive Bespielung auch schon viele Jahre vor der Kulturhauptstadt Besucherscharen in Millionenhöhe angezogen hat.

       Viele große Reiseveranstalter bieten heute Städtetouren mit Besichtigungsprogrammen in Oberhausen an. Hat diese überörtliche Wahrnehmung der Stadt und ihrer Attraktionen auch zu einer stärkeren Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt geführt?

      Ich glaube ja. Aber das ist ein langer Prozess gewesen, der von einigen exponierten Mitbürgern sogar ein bisschen konterkariert wurde. Letztendlich glaube ich das sind Erfahrungswerte, die die Bürger haben, wenn sie selber im Urlaub waren und andere Leute kennen gelernt haben und dann erzählten, wo sie herkommen. Während sie früher gesagt haben, irgendwoher aus der Nähe von Düsseldorf komme ich, sagen sie heute mit Stolz: aus Oberhausen. Und wenn dann diejenigen, die sie im Urlaub kennen gelernt haben, sagen: „Mensch, das kenn ich doch, da war ich doch schon, da ist der Gasometer und das CentrO!“. Dies stellt sofort eine positive Rückkoppelung dar. Denn dem Oberhausener Bürger, der Bürgerin wird automatisch von außen bestätigt, dass es dort, wo sie leben, schön und attraktiv ist. Dahin kommen Besucher. Dadurch entwickelt sich auch ein Identitätsgefühl. Ich glaube schon, dass das Thema Tourismus erheblich dazu beigetragen hat, dass man sich sehr stark mit der Stadt identifiziert. Ein anderes schönes Beispiel ist, wenn man Kinder heute in der Grundschule bittet, ein Bild von Oberhausen zu malen. Dann malen die natürlich den Gasometer, der ja fast mal abgerissen worden wäre. Wenn er wirklich abgerissen worden wäre, müssten wir uns die Frage stellen, was die Kinder dann malen würden. Ich weiß nicht, ob sie dann vielleicht das Schloss malen würden.

       Abb. 1: Axel Biermann

       Also es würde eine Leerstelle verbleiben?

      Ja. Davon bin ich überzeugt.

       Ich glaube, in diesem Zusammenhang ist wichtig, dass die Errichtung der Neuen Mitte Oberhausen in den 1990er Jahren durchaus auch eine Phase abgelöst hat, in