Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683203



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noch keine neue Zukunftsperspektive entwickelt worden war. War vor diesem Hintergrund vielleicht auch die Zeit besonders günstig, um eine neue Identität auszubilden?

      Klar. Also da war natürlich ein gewisses Vakuum und vielleicht auch eine gewisse Lethargie. Die konnte durch die Neue Mitte Oberhausen zu guten Teilen ausgeräumt werden.

       Im Ruhrgebiet hat sich auch der Radtourismus zu einem starken Wachstumsfaktor im Fremdenverkehr entwickelt. Welche Chancen sehen Sie hier für Oberhausen?

      Oberhausen liegt geographisch betrachtet sehr gut, was das Thema Radtourismus angeht, und hat infrastrukturell wirklich vorbildlich vorgearbeitet. Das muss man wirklich hervorheben: Das best ausgebaute Radwegenetz im Ruhrgebiet ist in Oberhausen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, weil ich sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs bin. Da gibt es kaum noch Straßen, die nicht einen Radweg haben. Im Gegensatz zu einigen Nachbarstädten. Dann liegt Oberhausen direkt am Ruhrtalradweg. Zwar nur eine kurze Sequenz, aber die Gastronomie, die es dort gibt, wird wahrscheinlich jetzt schon davon profitieren. Man muss allerdings jetzt die Trassenführung noch ein bisschen optimieren. Es ist geplant, durch die Ruhraue den neuen Radweg zu führen und die sich in der Nähe befindende Gastronomie würde wahrscheinlich sofort davon profitieren. Das ist der eine Vorteil für Oberhausen und der andere Punkt ist natürlich das ganze Radwegesystem: Emscherparkradweg, Rhein-Herne-Kanal, die Verbindung beispielsweise Grüner Pfad zum Landschaftspark Duisburg Nord, dann auch die Fertigstellung der weiteren Trassen durch den Regionalverband Ruhr. In Oberhausen befindet man sich sehr zentral in diesem Radwegeangebot und wir als RTG wollen dieses Angebot stärker touristisch vermarkten. Wir haben 700 Kilometer ausgebaute Radwege auf ehemaligen Bahntrassen in der Region. Das ist ein Angebot, das bisher eigentlich am radtouristischen Markt noch gar nicht bekannt ist. Wir wissen, dass eigentlich nur Einheimische und vielleicht mal der eine oder andere Tagestourist auf diesen Wegen unterwegs sind und wir sehen ein sehr großes Potenzial, das touristisch erfolgreich zu vermarkten ist. Es ist wirklich einzigartig, weil man die Standorte der Industriekultur ja quasi autofrei mit dem Fahrrad erreichen kann. Da ist Oberhausen perfekt angebunden mit dem Kanal, dem Radweg, dem Gasometer und der gesamten Neuen Mitte Oberhausen. Insofern bin ich auch der Meinung, dass speziell Oberhausen davon sehr stark in den nächsten Jahren profitieren wird, weil es ein sehr interessantes, spannendes Angebot in der Region gibt und Oberhausen wirklich ein bedeutender Teil dieses Angebotes ist.

       Schätzen Sie das auch so ein, dass dieses attraktive regionale Angebot einen Beitrag dazu leisten kann, die Verbundenheit der Menschen über ihre Stadt hinaus mit der Region zu fördern, weil man letzten Endes mit dem Fahrrad leichter mal die Stadtgrenze überschreitet als mit einem kleineren Radius zu Fuß?

      Absolut. Das kann ich nur bestätigen und wir stellen das immer wieder in unseren Befragungen fest. Nehmen wir jetzt mal den Ruhrtalradweg als Beispiel. Wir wissen, dass etwa 1,1 Millionen Tagesausflügler im Jahr den Ruhrtalradweg befahren, weil sie ganz gezielt den Ruhrtalradweg befahren wollen. Also keine Essener, die mal eine Runde am Baldeneysee drehen, sondern wirklich Leute aus der gesamten Region, die dann auch eine Strecke da unten am See fahren. Das ist für mich ein schönes Beispiel. Das Gleiche gilt zunehmend für das Trassennetz im Kernruhrgebiet. Beispielsweise die Trasse zwischen der Jahrhunderthalle Bochum und Zollverein. Da gibt es mittlerweile schon Fahrradstaus und da gibt es eine Imbissbude, die am Wochenende wirklich regelmäßig völlig überrannt wird. Sie kriegen da keinen Sitzplatz mehr. Das sind alles nicht nur Leute aus Bochum oder Essen, sondern sie kommen auch aus Duisburg oder eben aus Oberhausen. Ein anderes schönes Beispiel, an dem wir das immer stärker feststellen, ist die Ruhrtopcard, die Sie vielleicht kennen, und die von uns heraus gegeben wird. Dieses Jahr haben wir 91.000 Cards verkauft und diese haben insgesamt 700.000 Besuche induziert in Freizeiteinrichtungen in der Region. Wir können für jede Stadt eine Statistik auswerfen, mit einem positiven oder negativen Saldo. Beispielsweise in Oberhausen wissen wir, dass etwa 6.000 Leute eine Ruhrtopcard gekauft haben. Die von der Ruhrtopcard ausgelösten Besuche in Oberhausen sind über 110.000. Also fast ein Siebtel aller Besuche mit der Ruhrtopcard finden hier statt, weil hier so viele Attraktionen sind. Viele Leute verbinden den Besuch der Attraktionen in Oberhausen, die alle Ruhrtopcard-Partner sind, also Aquapark, Gasometer, Sealife, mit einem Tagesausflug. Sie sind dann hier entsprechend präsent. Dabei ist der Gasometer der erfolgreichste Teil des industriekulturellen Angebotes im Ruhrtopcardranking. Unter den ersten fünf der meist besuchten Standorte.

       Wenn man die Regionalplanung des Ruhrgebietes betrachtet, dann sind neben den vier Oberzentren am Hellweg andere Städte bisher kaum mit einem klaren Profil gekennzeichnet. Aber man kann durchaus in den letzten Jahren feststellen, dass in der regionalen Wahrnehmung Oberhausen als der zentrale Ort für Freizeitangebote und für Tourismus wahrgenommen wird. Würden Sie das so einschätzen, dass Oberhausen zu Recht den Titel trägt, die Tourismushauptstadt des Ruhrgebietes zu sein?

      Völlig zu Recht. Das muss man ganz klar so sagen, auch immer im Verhältnis zur Größe der Stadt und zur infrastrukturellen Substanz. Man kann natürlich Oberhausen nicht mit Essen vergleichen. Doch in dem Größenverhältnis hat Oberhausen wirklich überproportional viel zu bieten. Insofern kann man durchaus sagen, dass Oberhausen touristisch überdurchschnittlich attraktiv ist. Das ist in der Region anerkannt. Wir haben es ja damals 2007 geschafft, Oberhausen als fünften Standort eines Ruhr. Visitorcenters zu etablieren. Neben den vier genannten Hellwegstädten Duisburg, Bochum, Essen und Dortmund ist Oberhausen die fünfte Stadt, die diesen Stellenwert in der Region bekommen hat, obwohl sie eben deutlich kleiner ist als die anderen. In Bezug auf die touristische Dynamik hat Essen mit Eröffnung des Ruhrmuseums und dem Neubau des Folkwang Museums nachgezogen. Aber in Bochum ist beispielsweise wenig passiert, da gibt es noch Starlightexpress und die Jahrhunderthalle bzw. das Bergbaumuseum, aber nichts wesentlich neues. Duisburg ähnlich. Ich denke, was jetzt wieder spannend wird, ist wenn in Dortmund 2014 das nationale Fußballmuseum eröffnet wird. Da wird es dann auch noch einmal ein stärkeres Angebot geben.

       Im Zeitraum von 1997 bis 2008 hat sich die Zahl der Hotelbetten in Oberhausen von 900 auf fast 1600 erhöht. Ist damit der Markt gesättigt?

      Das ist ja immer ein Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage und ich verkürze das mal auf die Einstellung, dass ich sage: Das regelt der Markt. Das heißt konkret, wenn das Angebot sich weiter vergrößert, wird sich auch die Zahl der Hotelbetten vergrößern. Und diese Zahl ist kontinuierlich gewachsen. Wir wissen, dass ein Hotel in der Stadt mit Gewinn geführt werden kann, wenn eine Zimmerauslastung so etwa zwischen 50 und 55 Prozent liegt oder ein bisschen darüber. Ich glaube, dass wir hier durchaus noch etwas verkraften könnten. Dies ist natürlich dann auch immer eine Standortfrage. Es ist völlig klar, es gibt immer attraktivere Standorte als andere und je näher man sich am Zentrum des Geschehens mit seinem Hotel befindet, desto einfacher hat man es natürlich, eine hohe Auslastung zu erreichen. Das hätte theoretisch auch im Wettbewerb Auswirkungen auf weiter entfernte Häuser, die dann evtl. Einbußen erleiden und die sich dann wieder neue Angebote überlegen müssten, um den Wettbewerb erneut aufzunehmen. Letztendlich regelt das immer der Markt zu Gunsten verbesserter Angebote für die Kunden. Man kann aber immer ein positives Investitionsklima schaffen. Das ist der alte Spruch aus der Wirtschaft, die Hälfte ist Psychologie und die andere Hälfte sind die nackten Zahlen. Wir wissen beispielsweise, dass durch die Kulturhauptstadt die großen Investoren die Region im Moment recht positiv ins Visier genommen haben, was Hotelneubauten angeht. Das heißt, im Moment ist eigentlich auch die Psychologie auf unserer Seite, nicht nur die harten Zahlen. Das sollte man nutzen! Ich denke, als Stadt Oberhausen sollte man, so wie das andere Städte auch tun, das Thema Hotelansiedlung bearbeiten.

       Seit August 2008 sind Sie Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH mit Sitz in Oberhausen. Welche Herausforderungen sehen Sie auf den verschiedenen Tourismusfeldern auf das Ruhrgebiet und die Stadt Oberhausen zukommen?

      Wir haben uns genau aus dieser Fragestellung heraus im Kontext der Erfahrungen mit der Kulturhauptstadt entschlossen, einen sehr umfangreichen Marketingplan zu entwickeln, der empirisch fundiert jetzt veröffentlicht wird und der eine Gültigkeit für die nächsten fünf Jahre hat. Da war einfach die simple Frage, mit welchen Themen wollen wir welche Zielgruppen in welchen Quellmärkten erreichen? Wo sind unsere Stärken, wo sind unsere Schwächen? Die Herausforderung