Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683203



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den Oberhausen noch gut gebrauchen kann.

       Abb. 33: Die „Heinz-Schleußer-Marina“, hinten links das Sea Life Aquarium

      Die Besonderheiten der erfolgreichen Marina-Gestaltung zeigen zugleich die Grenzen des Machbaren für eine „arme“ Stadt im Wandel auf: Zehn Jahre zur Entwicklung des Geländes konnte sich eine städtische Tochter nur erlauben, weil angesichts einer eher kleinen Fläche überschaubare Kosten für Zwischenfinanzierung und Projekt-Studien anfielen. Die Chance zur Schaffung eines so erfolgreichen Ausrufezeichens wie des Freizeitbades Aquapark eröffnet sich zudem vielleicht nur alle zwanzig bis dreißig Jahre, wenn nämlich die gesamtstädtische Kosten-Nutzen-Abwägung nach einer Neuausrichtung der Bäderlandschaft verlangt. Folglich bildet die Marina-Entwicklung ein gelungenes, aber vielleicht notgedrungen einmaliges Beispiel für den städtisch gestalteten Strukturwandel in Oberhausen nach der Jahrtausendwende, ohne zugleich als Argument herangezogen werden zu können für vermeintliche Fehler auf der SWO-Fläche nach dem Scheitern von O.VISION in 2006.

      Zwei Elemente der Neuen Mitte Oberhausen seit 2000 verdienen abschließend eine Berücksichtigung. 2010 begann das CentrO mit seiner großen Erweiterung um rund 15.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, indem in Richtung Südost am Haupteingang Centroallee ein vierter Gebäudeflügel entsteht, an dessen Endpunkt 2012 P&C eröffnen wird. Manchen Unkenrufen aus Nachbarstädten zum Trotz: Angesichts der Erweiterungen von Rhein-Ruhr-Zentrum (Mülheim) und Ruhrpark (Bochum) sowie dem Neubau des Shopping-Centers Limbecker Platz in Essen dient die CentrO-Erweiterung lediglich der Stabilisierung der Einkaufsstadt Oberhausen im Ruhrgebiet – eben nicht mehr und auch nicht weniger.

       Abb. 34: Eröffnung der Rehberger-Brücke am 25. Juni 2011

      2006 traten die Stadt Oberhausen und die Emschergenossenschaft in erste Planungen für das „Emscher Erlebnis Oberhausen“ auf der Emscherinsel am Stadion Niederrhein ein. Ambitionierte Pläne zur Aufwertung des Fußballstandortes wurden durch wechselnde sportliche Erfolge von RWO wiederholt in Frage gestellt. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz halten Stadt und Emschergenossenschaft beharrlich an ihrem Ziel fest, die Emscherinsel zu einem neuen Highlight der Freizeitlandschaft Neue Mitte Oberhausen zu machen. 2011 wurden dann erste bedeutende Fortschritte erzielt: Die Eröffnung der Rehberger Brücke „Slinky Springs to Fame“ schuf eine neue Publikumsattraktion und einen erlebenswerten Brückenschlag vom Kaisergarten zur Emscherinsel. Ebenfalls beschloss RWO 2011 den vollständigen Umzug von der Sportanlage Landwehr zum Stadion Niederrhein. Das bildet die Voraussetzung für weitere sportliche Akzentsetzungen auf der Emscherinsel.

      Wo steht Oberhausen nun mit seiner Neuen Mitte 150 Jahre nach der Gemeindegründung? Der Erlebnis-Einkaufs- und Erlebnis-Freizeit-Standort aus einer vielseitigen Kombination öffentlicher wie privater Angebote ist als wichtigste Freizeit-Landschaft des Ruhrgebiets stetig gewachsen und etabliert. Zugleich ist mit der Neuen Mitte im Emscher Landschaftspark zwischen Haus Ripshorst im Osten und Kaisergarten im Westen eine Kulturlandschaft ganz neuer Art entstanden: Vielfach durchgrünt, kombiniert aus historischer Bau- und Landschaftskultur – Schloss Oberhausen, Kaisergarten und Siedlung Grafenbusch – mit der Raum gestaltenden Eigenart des ersten deutschen Urban Entertainment Centers aus den Jahren um den Jahrtausendwechsel ist die Neue Mitte Oberhausen zum wertvollen und vollgültigen Gegenstück der historischen Parkstadt des frühen 20. Jahrhunderts in der Oberhausener City geworden. Damit hat die Neue Mitte Oberhausen das Zeug dazu, den Oberhausenerinnen und Oberhausenern als wichtiges Stück lokaler Identität zum wesentlichen Element ihrer gewandelten Identifikation mit ihrer Heimatstadt im weiteren 21. Jahrhundert zu werden. Da die Menschen indes weiterhin in ihren Stadtvierteln leben, wird die Kommune auch fortan gut daran tun, auf das sensible Gleichgewicht aus Stadtentwicklung in den Stadtbezirken und in der Neuen Mitte größten Wert zu legen.

       Abb. 35: Luftbild Neue Mitte Oberhausen 1999, Centro mit Stahlwerk SWO, Blick nach Osten

      Und wie ist die gesamte Stadt Oberhausen rund 50 Jahre nach ihrem Eintritt in einen beschleunigten, umfassenden sozialen und wirtschaftlichen Strukturwandel für die Zukunft gerüstet? Da bietet sich dem Betrachter ein vielschichtiges und nicht zuletzt widersprüchliches Bild. Tiefgreifende Umbrüche, spektakuläre Erfolge und fortbestehende Herausforderungen prägen das Ganze der Stadtentwicklung. Auf der Haben-Seite steht nicht allein die Neue Mitte Oberhausen mit ihren rund 12.000 Arbeitsplätzen. Oberhausen hat seinen Menschen Lebensfähigkeit und Lebensqualität erhalten. Ohne den Wandel zu Neuem hätte die Stadt von ihren 108.600 Arbeitsplätzen des Jahres 1962 rund 58.600 verloren und wäre zu einem Ort der Hoffnungslosigkeit abgestiegen. Mit dem vollzogenen Wandel sind von 1961 bis 2010 rund 38.900 Arbeitsplätze für die Menschen in Oberhausen in Stadt und Region neu entstanden und wieder 88.900 Bewohner der Stadt erwerbstätig. Allein im Jahrzehnt seit 2000 kamen 8.000 Arbeitsplätze für Oberhausenerinnen und Oberhausener in der Stadt und in der Region hinzu. Mit 80 Prozent aller Beschäftigten in den Dienstleistungen, mit einem im Ruhrgebietsvergleich leistungsstarken Handwerk, mit einem ebenfalls überdurchschnittlich breiten Spektrum an unternehmensnahen Dienstleistungen, mit einem starken Leitmarkt Immobilien, Wohnen und Bauen sowie schließlich mit einem verbliebenen industriellen Kern aus Chemie, Anlagenbau und mit vielen starken Mittelständlern aus weiteren Branchen verfügt die Oberhausener Wirtschaft über eine robuste Substanz.

      Auch die Bilanz der Wirtschaftsförderung, 2007 in der WFO – Wirtschaftsförderung Oberhausen GmbH – operativ gebündelt, kann sich sehen lassen. Vielen Unkenrufen zum Trotz weist das Werben um alte und neue Unternehmen einen bemerkenswert positiven Saldo auf: In den sechs Jahren von 2005 bis 2010 einschließlich verließen Betriebsstätten mit 660 Arbeitsplätzen die Stadt. Dem stehen jedoch gut 3.100 Arbeitsplätze gegenüber, die in der gleichen Zeit angesiedelt wurden oder aber deren akut bevorstehender Fortzug aktiv verhindert werden konnte. Und in einer dynamischen Marktwirtschaft kommt es schließlich auf die Bilanz an, während einzelne Standortaufgaben wohl Veränderung anzeigen – und Dynamik kommt nicht ohne Wandel aus – nicht aber eine Schwäche des Standortes markieren. Denn wer käme auf den Gedanken, Chinas oder Deutschlands Außenhandel ein Schwächeln zu unterstellen, nur weil beide Volkswirtschaften bei hohen Exportüberschüssen auch noch beachtliche Einfuhrvolumina aufweisen? Auch das Angebot an Wirtschaftsflächen vor Ort liegt im Verhältnis zur Stadtgröße mit rund 100 Hektar an der Spitze der Städte im westlichen Ruhrgebiet, und dies nach einem halben Jahrhundert erfolgreicher Revitalisierung von Industriebrachen, deren Umgestaltung zu Gewerbeparks nicht mit Bedauern über abnehmende Flächenreserven vermerkt werden sollte, sondern eher als Beleg für den Erfolg des Strukturwandels gelten darf.37