Название | Buchstäblichkeit und symbolische Deutung |
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Автор произведения | Matthias Luserke-Jaqui |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772002151 |
„Wir beyde schiken uns wol zusammen,
Mögt alle Regeln zum Feu’r verdammen.
Is Quark, is für den Pöbel nur,
Viel besser Herr Doktor [d.i. Prometheus, M.L.-J.] is Natur –
Holla –“18.
Der moraldidaktische Appell im Epilog des Stücks, auf den LenzLenz, Jakob Michael Reinhold und GoetheGoethe, Johann Wolfgang in ihren LiteratursatirenLiteratursatire verzichten, führt als aufgeklärter Ordnungsruf den agitatorischen und den denunziatorischen Bereich des Stücks zusammen:
„S’ is ä Flegeley ’üch an jedem Biedermann z’reibä,
Der ’üch nit thät nach ’üerm Gustus schreibä. […].
S’ is Thorhät, s’ is eitle Bewegung.
Schnakscher Einfall is nit Widerlegung.
Is wol ’n Gaudium für d’n Narren;
Aber der klug Mann denkt, Herr Doktor hat ’nen Sparren“19.
Die Aufforderung aus WagnersWagner, Heinrich Leopold Literatursatire „Spitz jezt die Ohren, liebs Publikum“20 kann als programmatischer Warnruf des Literatursatirenstreits zwischen aufgeklärten Autoren und Autoren des Sturm und DrangSturm und Drang in den 1770er-Jahren verstanden werden. Auch Wagners Satire rückt noch Wieland in den Mittelpunkt des Spotts: „Ey sieh doch! guck! das nenn ich mir Original! / So was macht Jupiter W** [Wieland, M.L.-J.] nicht mal“21. Doch wird der Streit um die Beurteilung von Goethes WertherDie Leiden des jungen Werthers mindestens gleichrangig thematisiert. Daraus ergibt sich, dass erstens die Auseinandersetzung um eine einzelne Person erweitert wird und zweitens die Auseinandersetzung um einen literarischen Text. Diese Auseinandersetzung wird gleichwohl nicht minder personenbezogen geführt. Und drittens werden die Friktionen zwischen den nicht nur literarischen Positionen des Sturm und Drang und der AufklärungAufklärung deutlich markiert. Prometheus sagt in seinem Schlussmonolog in diesem Stück: „Den Spektakel auf einmal zu enden / Hätt freylich Prometheus die Mittel in Händen; / Doch da er zu gros denkt Insekten zu jagen, / Mag ihnen Epilogus d’Meynung noch sagen.“22 Und dieser lässt denn auch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Aber so machts halt euer schäuslich Kritik / Verfolgt’s Genie, erstickt manch Mästerstück.“23 Das Bild der Insekten, die es zu jagen gilt, taucht dann bei LenzLenz, Jakob Michael Reinhold wieder in jenem Brief an LavaterLavater, Johann Caspar auf, worin er ihn auf WagnersWagner, Heinrich Leopold Literatursatire hingewiesen hatte. Lenz fügt einem in WielandsWieland, Christoph Martin Teutschem MerkurDer Teutsche Merkur erschienenen Epigramm von Christian Heinrich SchmidSchmid, Christian Heinrich mit dem Wortlaut „Es wimmelt heut zu Tag von Sekten / Auf dem Parnaß“ die knappe Bemerkung hinzu: „Und von Insekten“ (Lenz: WuBr, Bd. 3, S. 307).
Bei keinem der genannten Autoren erfüllt die Literatursatire die Funktion der Selbstvergewisserung. Hier ist Lenzens Pandämonium GermanikumPandämonium Germanikum singulär. Auch der Auftritt des Satireschreibers im Stück selbst bleibt die Ausnahme. Erst Christian Dietrich GrabbeGrabbe, Christian Dietrich wird den Selbstauftritt des Autors in einer Satire in seinem Stück Scherz, Satire, Ironie und tiefere BedeutungScherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung von 1827 wieder geschickt dramaturgisch nutzen. Außerdem ist keine der Literatursatiren der 1770er-Jahre so erzwungen defensiv angelegt wie Lenzens Stück. Der Autor muss sich bereits gegen die zunehmende kommunikative und soziale Isolation verteidigen, an deren Ende schließlich als Folge subtiler Diffamierung die Psychiatrisierung durch die ehemaligen Freunde und Sturm-und-Drang-GruppenmitgliederSturm und Drang steht. Zugleich macht das Pandämonium Germanikum nochmals deutlich, dass schon im Bewusstsein der Sturm-und-Drang-Autoren selbst die Theorie der Einzigartigkeit im GeniepostulatGenie zu einer gewollten literarischen und sozialen Exklusivität führt. Die produktionsästhetischeProduktionsästhetik Voraussetzung von Genialität ist im Pandämonium Germanikum in ein Elitebewusstsein umgekippt, auch wenn es noch als Traum, gleichwohl als visionärer Traum, camoufliert wird.
Johann Georg SchlosserSchlosser, Johann Georg Anti-PopeAnti-Pope (1776)
Am 25. März 1789 nachmittags schreibt Charlotte von LengefeldLengefeld, Charlotte von an Friedrich SchillerSchiller, Friedrich:
„Ich möchte daß es eine gute Uebersezung von PopensPope, Alexander Versuch über den Menschen gäbe, es ist erstaunend viel Schönes darin, und so gut gesagt, ich denke es würde Ihnen gefallen, ich las lezt wieder einige stellen die ich möchte gut übersezen können um sie Ihnen mit zu theilen.“ (Schiller: NA, Bd. 33/1, S. 324)
Schiller antwortet darauf bereits einen Tag später am 26. März 1789:
„Von Popens Versuch existiren einige Uebersetzungen, wovon die eine glaube ich von Schloßers Hand ist. Schloßer hat auch einen Antipope gemacht, worinn er den Versuch vom Menschen poetisch widerlegt. Die andre Uebersetzung ist kalt und flach“ (Schiller: NA, Bd. 25, S. 233).
Es ist durchaus bemerkenswert, dass sich Schiller an ein Buch von SchlosserSchlosser, Johann Georg erinnert, das bereits im Jahr 1776 erschienen war und das mutmaßlich, denn gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse liegen über die Frage der RezeptionRezeption dieser Schrift nicht vor, keine Massenlektüre darstellte. „Es ist kein Wunder, wenn sich keine Rezension über diesen Anti-Pope findet. Er scheint überhaupt kaum gewirkt zu haben“1, resümiert Erich LoewenthalLoewenthal, Erich. Auch von Schlossers Schweizer Freunden IselinIselin, Isaak, KaufmannKaufmann, Christoph und LavaterLavater, Johann Caspar sind keine Reaktionen überliefert.2 Ein Faksimile des Titelblatts ist im Ausstellungskatalog von 1989 Johann Georg Schlosser abgebildet. Allerdings wird dort ein Exemplar mit Druckort