Gewaltlosigkeit im Islam. Muhammad Sameer Murtaza

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Название Gewaltlosigkeit im Islam
Автор произведения Muhammad Sameer Murtaza
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783864082573



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Islamische Zentrum und 2001 das Zentrum für Frieden und Spiritualität, die beide einer islamischen Friedenstheologie und Aufklärungsarbeit verpflichtet sind. Als Autor von weit über 200 Büchern und Herausgeber der Zeitschrift ar-risāla (Die Botschaft) seit 1976 wurde er für sein Bemühen für Frieden zwischen den Religionen und gesellschaftliche Harmonie im Jahre 2000 mit dem Padma Bhushan, dem dritthöchsten indischen Zivilorden, und 2010 mit dem Rajiv-Gandhi-National-Sadbhavana-Preis, einer zivilgesellschaftlichen Auszeichnung, geehrt. Die Georgetown Universität in Washington zählte ihn im Jahr 2009 zu den 500 einflussreichsten Muslimen weltweit und bezeichnete ihn als den spirituellen Botschafter der Welt.48

      Der indische Gelehrte ist sich bewusst, dass Gewalttätigkeit im Namen des Islam ein vielschichtiges Problem ist. Man darf es nicht ausschließlich theologisieren. Zugleich existiert ein entsprechendes Lehrgebäude, das im 20. Jahrhundert im Zuge der Dekolonisation größtenteils von Laien aufgebaut wurde. Die Utopie eines weltweiten theokratischen Staates, der alle Menschen gleich und gerecht behandelt, barg in sich stets ein Element des Ressentiments: Die einst Ohnmächtigen kehren zurück, um ihrerseits Rache an ihren ehemaligen Unterdrückern, den Kolonialmächten, zu nehmen, indem sie ihrerseits einen imperialistischen Staat errichten. Dies war also keinesfalls eine konstruktive Botschaft für das Morgen, sondern ein Sicheinfügen in die Spirale der Gewalt.

      Die Glorifizierung von Gewalt

      Und bekämpft auf Gottes Pfad, wer euch bekämpft, doch übertretet nicht. Siehe, Gott liebt nicht die Übertreter. (2:190)

      Erlaubnis [zur Verteidigung] ist denen gegeben, die bekämpft werden – weil ihnen Unrecht angetan wurde –, und Gott hat gewiß die Macht, ihnen beizustehen; jenen, die schuldlos aus ihren Wohnungen vertrieben wurden, nur weil sie sagten: „Unser Herr ist Gott!“ Und hätte Gott nicht die einen Menschen durch die anderen abgewehrt, wären (viele) Klöster, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen Gottes Name häufig gedacht wird, bestimmt zerstört worden. Und wer Ihm helfen will, dem hilft gewiß auch Gott; denn Gott ist stark und mächtig. (22:39–40)

      Der Griff nach den Waffen zur Selbstverteidigung war allerdings das letzte Mittel, nicht das erste Mittel, um sich vor einem Aggressor zu schützen. Alle Verse im Qurʾān, bei denen es um Kampf geht, sind im Rahmen der Selbstverteidigung und eines bereits in Gang befindlichen Krieges zu lesen. Eine Interpretation hierüber hinaus dürfen sie nicht erhalten, da ansonsten die ursprüngliche Bedeutung dieser Verse verfälscht wird.