Gewaltlosigkeit im Islam. Muhammad Sameer Murtaza

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Название Gewaltlosigkeit im Islam
Автор произведения Muhammad Sameer Murtaza
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783864082573



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Saʿid (geb. 1931) ist ein muslimischer Gelehrter aus Syrien, der sich ausdrücklich in die Tradition von Reformern wie Jamal Al-Din Al-Afghani (gest. 1897),3 Muhammad Abduh (gest. 1905),4 Muhammad Iqbal (gest. 1938),5 Malek Bennabi (gest. 1973) und Muhammad Asad (gest. 1992) stellt.6 Während andere muslimische Gelehrte und Denker weiterhin unbefangen über die juristische Frage publizieren, wann der ğihād als gerechte Selbstverteidigung legitim ist, wie ein solcher Kampf ausgefochten werden darf und was seine Grenzen sind, schlägt der an der Al-Azhar-Universität ausgebildete Gelehrte eine Gegenrichtung ein, wenn er in dieser schwierigen Zeit vom „Tod jeglichen Krieges“7 schreibt und damit seine intellektuellen Energien in den Dienst eines islamischen Friedenspotenzials stellt.

      Saʿid hatte während seiner Studienzeit Ende der 1940er-Jahre miterlebt, wie die ägyptische Muslimbruderschaft immer militanter wurde.

      Nach seiner Rückkehr nach Syrien arbeitete Saʿid als Lehrer in Damaskus. Nach mehrmaligen Verhaftungen wegen seines gewaltlosen Engagements wurde er schließlich aus dem Staatsdienst entlassen. Ab 1973 siedelte der Gelehrte daher in sein Heimatdorf auf dem Golan zurück. Für den Versuch Anfang der 2000er-Jahre, seine Lehre in die Praxis umzusetzen und in Syrien eine Bürgerrechtsbewegung zu gründen, wurden seine Mitstreiter mit bis zu fünf Jahren Haft verurteilt. In den Bewegungen des Arabischen Frühlings bekam Saʿid in Syrien für seine Thesen dann wieder mehr Aufmerksamkeit. Auf Protestbannern konnte man immer wieder Zitate aus seinen Büchern lesen, und er selbst ermahnte die Demonstranten, sich nicht vom Assad-Regime zu gewalttätigen Handlungen provozieren zu lassen. Doch die Revolution schlug um in einen bewaffneten und blutigen Konflikt als der syrische Präsident mit Gewalt gegen die friedlich Protestierenden vorging.

      Unter diesen Bedingungen sah sich der heute 88-jährige Jawdat Saʿid gezwungen, in die Türkei zu fliehen.

      Das gewaltlose Ethos im Islam

      Und verkünde ihnen der Wahrheit gemäß die Geschichte der beiden Söhne Adams, als sie ein Opfer darbrachten.

      Angenommen wurde es von dem einen von ihnen, aber nicht von dem anderen. Er sprach: „Wahrlich, ich schlage dich tot!“

      (Der andere) sprach: „Siehe, Gott nimmt nur von den Gottesfürchtigen an. Wahrlich, erhebst du auch deine Hand gegen mich, um mich totzuschlagen, so erhebe ich doch nicht meine Hand gegen dich, um dich zu erschlagen. Siehe, ich fürchte Gott, den Herrn der Welten. Siehe, ich will, dass du dir meine und deine Sünde auflädst und ein Bewohner des Feuers wirst; denn dies ist der Lohn der Missetäter.“

      Da trieb es ihn, seinen Bruder zu erschlagen, und so erschlug er ihn und wurde einer der Verlorenen.

      Und Gott sandte einen Raben, dass er auf dem Boden scharrte, um ihm zu zeigen, wie er die Missetat an seinem Bruder verbergen könnte.

      Er sprach: „O weh mir! Bin ich zu kraftlos, wie dieser Rabe zu sein und die Missetat an meinem Bruder zu verbergen?“ Und so wurde er reumütig.

      Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Israels angeordnet, dass wer einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen oder Unheil im Lande angerichtet hat, wie einer sein soll, der die ganze Menschheit ermordet hat. Und wer ein Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten.

      Und zu ihnen kamen Unsere Gesandten mit deutlichen Beweisen; aber selbst dann waren viele von ihnen (weiterhin) ausschweifend auf Erden. (5:27–32)

      Damit stehen zwei Handlungen am Anfang der Menschheitsgeschichte: einmal der gewaltlose Widerstand und einmal der Mord.

      Wahrlich, erhebst du auch deine Hand gegen mich, um mich totzuschlagen, so erhebe ich doch nicht meine Hand gegen dich, um dich zu erschlagen.

      In der Noah-Erzählung heißt es:

      Und trage ihnen die Geschichte Noahs vor, als er zu seinem Volke sprach: „O mein Volk! Wenn euch mein Aufenthalt und mein Ermahnen mit Gottes Botschaft auch lästig ist, so vertraue ich doch auf Gott. Ihr und euere Götter einigt euch unbeirrt über euer Vorgehen. Entscheidet über mich und gebt mir keine Frist.“ (10:71)

      Während in der Moses-Erzählung steht:

      Wir entsandten schon Moses mit Unseren Zeichen und mit eindeutiger Vollmacht zu Pharao und Haman und Korah, doch sie sagten: „Ein Zauberer! Ein Lügner!“ Und als er mit der Wahrheit von Uns zu ihnen kam, sagten sie: „Tötet die Söhne derer, die seinen Glauben teilen, laßt aber ihre Frauen leben.“ Aber die Anschläge der Glaubensverweigerer schlugen fehl. Da sprach Pharao: „Laßt mich Moses töten – soll er doch seinen Herrn rufen! Denn ich fürchte, er ändert eueren Glauben oder läßt im Lande Unheil entstehen.“

      Moses aber sprach: „Ich nehme meine Zuflucht zu meinem Herrn vor einem jeden Hochmütigen, der an den Tag der Rechenschaft nicht glaubt.“ (40:23–27)

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