Название | Bier vor Ort |
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Автор произведения | Volker R. Quante |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944369631 |
90 Jahre lang war dieses Eiswerk in Betrieb und ermöglichte es der Paulaner-Brauerei, auch im Sommer Bier zu brauen und so das Fundament für den wirtschaftlichen Erfolg zu legen. Seit 1971 steht dieses wunderbare Industriedenkmal nun still, und nur ab und zu, wenn ein Augenblick Zeit und Muße ist, erwacht es noch einmal zum Leben.
Die Leitungen für das Kältemittel sind längst abgeklemmt; die Zahnräder, mit denen das Wehr geöffnet wird, leiden an Ausbruch, an Zahnausfall gewissermaßen. Die Stahl-Karies hat auch hier im Laufe der Jahrzehnte gnadenlos zugeschlagen, aber im Grunde funktioniert die Mechanik noch wie damals.
Die alte Kältemaschine, das älteste Eiswerk der Welt, ist Namensgeber für die Brauerei im Eiswerk, die sich direkt in den Nachbarräumen befindet.
Martin schließt uns die Tür zur Brauerei auf und der Kontrast könnte größer nicht sein. Blitzblanker Edelstahl, penibel gereinigt und poliert. Ein Drei-Geräte-Sudwerk mit 1,2 hl Ausschlagmenge. 2011 wurde diese Brauerei in Betrieb genommen und dient als Experimentalbrauerei für Paulaner, aber auch als Brauerei für edle Spezialbiere. »60 Sude sind hier im vergangenen Jahr entstanden, und dieses Jahr werden es noch viel mehr«, erzählt Martin. Jeder einzelne Sud wird von Hand abgefüllt, verkorkt, etikettiert, und auf jedes Etikett kommt eine laufende Nummer und die eigenhändige Unterschrift von Martin Zuber oder seiner Brauerkollegin Tanja Leidgschwender.
Fantastische Biere entstehen hier. Das Josephs Spezial oder das Eiswerk 1881 als eher dezent experimentelle Biere, nahe noch an dem, was der klassische Biertrinker erwartet. Daneben aber auch das Comet Ale mit dem typischen Aroma des Comet-Hopfens, der Weizenbock Mandarin mit einem intensiven Aroma des Mandarina-Bavaria-Hopfens. Und dann gibt es die fassgereiften Spezialitäten, den Bourbon Bock3, viele, viele Wochen im Holzfass ausgebaut, in dem sich vorher, na klar, Bourbon befunden hat. Und schließlich, die Essenz vom Feinsten, der Eis[werk]bock, ausgefroren aus dem sowieso schon edlen und ultrastarken Bourbon Bock3. 23 % Alkohol, keine Kohlensäure mehr – eine ganz besondere, fast schon likörartige Spezialität.
»Kommt mit in den Keller!«, heißt es, und mit großen Augen schauen wir Martin zu, wie er für uns einen winzigen Schluck eines noch im Holzfass reifenden Doppelbocks abzieht. Rum Martinique verrät uns die Aufschrift auf dem Fass. 1901 des hellen Doppelbocks reifen hier seit einigen Wochen. Die Farbe ist schon deutlich ins Kupfer umgeschlagen, der Rum und das Eichenholz machen sich bemerkbar. Auch das Aroma kommt schon wunderbar heraus. Ein wenig kantig, rau noch, aber es ist zu ahnen, wie wunderbar weich sich das Bier entwickeln wird.
Mit glühenden Wangen – ist es jetzt vom Alkohol oder von der Begeisterung? – klettern wir die steile Treppe wieder zurück in die Villa, in der früher der Braumeister der Paulaner-Brauerei wohnte und jetzt die Verwaltungsarbeit der Brauerei im Eiswerk erledigt wird. Verkostungsseminare finden hier statt, Genussschulungen und ab und an zu festen Terminen alle paar Wochen werden zwei Stunden lang die Eiswerk-Biere im Hofverkauf angeboten. Blitzschnell sind sie ausverkauft – Qualität findet immer ihre Liebhaber. Aber wir haben Glück. Die Flasche #1184 des Bourbon Bock3 wandert in meinen Rucksack und die allerletzte Flasche (!) des Eis[werk]bocks auch.
Mit geheimnisvollem Lächeln drückt Martin mir noch eine winzige Flasche ohne Etikett in die Hand. TNT 6,0 steht mit Farbstift auf das Glas geschrieben. »Eine neue Hopfenmischung, die wir hier mal ausprobiert haben! Das Bier hat das Zeug dazu, ständig in unser Sortiment aufgenommen zu werden. Gestern, auf der Braukunst Live! haben sich die Gäste darum gerissen! Nimm mit, und probier’s. Und sag mir, wie’s Euch geschmeckt hat!« Danke, Martin, das werden wir!
Billig sind sie nicht, die Biere, aber ihren Preis allemal wert. Vorsichtig schnalle ich mir den Rucksack wieder auf den Rücken, wende mich noch mal um. Lange werden die Villa und das Eiswerk so nicht mehr stehen bleiben. Die Gebäude stehen zwar unter Denkmalschutz und bleiben erhalten, aber durch den Umzug der Paulaner-Brauerei, auf deren Gelände sie stehen, wird das ganze Areal neu genutzt werden.
Wie die Brauerei im Eiswerk dann in ein paar Jahren aussehen wird? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen: Die alte Mechanik der Kältemaschine aus dem Jahr 1881 wird weiterhin funktionieren, und wenn der Chef dann mit dem großen Schraubenschlüssel kommt und die Bremsen löst, wird wieder ein leises Schnaufen durch den großen Saal gehen, bevor sich das Schwungrad ganz, ganz langsam wieder in Bewegung setzt und den Betrachter auf eine Zeitreise in längst vergangene Jahrhunderte mitnimmt.
Die Brauerei im Eiswerk ist alle zwei Wochen mittwochs von 17:00 bis 19:00 Uhr für den Ab-Hof-Verkauf geöffnet. Zweckmäßigerweise reserviert man sein Bier vorher über die Website der Brauerei, um nicht Gefahr zu laufen, mit leeren Händen davongehen zu müssen. Neben dem Ab-Hof-Verkauf werden Bierdegustationen und Bierbraukurse veranstaltet, Termine ebenfalls auf der Website. Mit der Trambahnlinie 18 fährt man bis fast direkt vor die Tür – Haltestelle Mariahilfplatz.
Brauerei im Eiswerk
Ohlmüllerstraße 44
81 541 München
Bayern
Deutschland
+49 89 3929 2350
Giesinger Biermanufaktur, München
Die Giesinger Biermanufaktur – oder einfach das Giesinger Bräu – gilt in München als Kult. Aber warum, das will sich mir bei meinem Besuch nicht nur nicht erschließen, sondern ich bin insgesamt sogar ein wenig enttäuscht. Vielleicht ist meine Erwartungshaltung ob der Lobeshymnen im Internet zu hoch? Oder vielleicht wissen die Verfasser dieser Lobgesänge es nicht besser und kennen keine von den richtig guten Gasthausbrauereien? Ich weiß es nicht.
Fakt ist jedenfalls, dass ...
Halt, nein! Fakt natürlich nicht. Ganz im Gegenteil, was jetzt kommt ist rein subjektives Empfinden und meine persönliche Meinung, sowie die meines holden Eheweibs. So wie in allen Berichten in diesem Buch.
Wir betreten das Giesinger Bräu am späten Sonntagvormittag, bei bestem Wetter. Die Sonne strahlt durch die Fenster und lässt das gepflegte und blitzsaubere Edelstahlsudwerk glänzen. Ganz schön groß, für ganz schön viel Bier. Das Herz lacht.
Schnell die Treppe rauf, ins Bräustüberl. Die Hoffnung, sich hier gemütlich hinsetzen und etwas essen zu können, erstirbt jedoch recht schnell, denn alle, wirklich alle Tische sind reserviert. Klar, am Sonntagmittag, da wird ausgegangen, lecker gegessen und getrunken. Völlig in Ordnung, hätten wir selber wissen können.
So suchen wir uns halt einen Platz an der Theke.
Aber obwohl wir da nun wirklich im Blickfeld des Personals sitzen, ist der Service quälend langsam und wenig herzlich. Irgendwie fühlen wir uns, als würden wir bei den Vorbereitungen für all die vielen Reservierungen stören. Schade.
Der Uhrzeit entsprechend entscheiden wir uns für Weißwürste und Brezeln (die ausgezeichnet schmecken), und dazu probieren wir in zwei Flights zu je 3 x 100 ml alle sechs angebotenen Biere. Prima, dass man so eine Bierprobe bestellen kann; weniger prima, dass eines der sechs Biere in der Probiergröße einen recht knackigen Aufpreis kostet.
Die ersten vier Biere, die Untergiesinger Erhellung, das Giesinger Weizen, Giesinger Märzen und Giesinger Dunkel, erweisen sich als solide Biere, aber, nun ja, wie soll ich sagen, wirken auf uns schon ein wenig langweilig, eher uninteressant. Jedenfalls sind sie nichts so Besonderes, als dass sie den Kult und das Gewese, das in München um das Giesinger Bräu gemacht wird, würden rechtfertigen können. Immerhin: Das Giesinger Pils (als Saisonbier) und das Sternhagel (ebenfalls als Saisonbier) schmecken uns beide ausgezeichnet.
Während wir so an der Theke sitzen und die Mittagszeit langsam