Bier vor Ort. Volker R. Quante

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Название Bier vor Ort
Автор произведения Volker R. Quante
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783944369631



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wie der schwere Bock langsam zu wirken beginnt. Die Lider werden schwer, der Chronist schläfrig, die Stimmen der anderen Gäste verschwimmen. »He, penn mir jetzt bloß nicht am helllichten Tag bei Tisch ein!«, reißt mich die Stimme meines holden Eheweibs aus süßen Träumen. Ach, für einen Moment hatte alles gestimmt.

      Auch der Kitsch.

      Selbst der.

      Der Berghof Babel wurde 2010 eröffnet. Von der Wurst und dem Speck über den Käse bis zum Bier kommt alles aus eigener Produktion. Die gewaltigen Torten, die es zur Kaffeezeit gibt, sind ebenfalls selbstgemacht. In einem großen Kupferkessel wird über offenem Feuer das Kesselfleisch warm gehalten oder ein Raclette angerichtet. Im angegliederten Hotel kann man nicht nur übernachten, sondern es sich auch im Sauna- und Wellness-Bereich gut gehen lassen. Die Kinder finden einen kleinen Spielplatz und viele Wiesen zum Toben vor, und wem das immer noch nicht reicht, der kann Reitausflüge buchen, sich massieren lassen oder was auch immer.

      Mir allerdings haben das gute, deftige Essen und das leckere Bier völlig genügt.

      Die Gaststube mit der Brauerei ist von Dienstag bis Sonnabend von 11:30 bis 18:00 Uhr geöffnet, am Sonntag und Feiertag erst ab 14:00 Uhr und am Montag ist Ruhetag. Das oben erwähnte Kesselfleisch gibt’s donnerstags, schaugekäst wird freitags – beides jeweils ab 19:30 Uhr. Durch die Lage außerhalb des Orts ist es schwierig, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Das Auto ist immer eine Option, Parkplätze gibt es genug, und die Harri Hurtigs dieser Welt können im Frühjahr natürlich wunderbar mit dem Fahrrad über die Wiesen des Voralpenlandes rollen und sich den nötigen Durst auf das Wald Bräu erstrampeln.

       Berghof Babel

      Nesselwanger Straße 44

      87 616 Wald im Ostallgäu

      Bayern

      Deutschland

      +49 8302 200

      BernardiBräu, Rettenberg

      Als sich das kleine Bergsträßchen durch Wiesen und Wälder langsam höher windet, vorbei an einem kleinen Bachlauf mit idyllischen Wasserfällen, durch Weiden mit braunen Kühen, bekomme ich das Gefühl, als müsse hinter der nächsten Kurve unbedingt die Hütte vom Alm-Öhi auftauchen und Heidi und Peter mit ihren Ziegen über die vom Löwenzahn gelb leuchtende Wiese gelaufen kommen.

      Aber wir sind nicht in der Schweiz, sondern in den Allgäuer Alpen, direkt hinter dem Örtchen Kranzegg im Allgäu. Und vor uns liegt auch nicht die Hütte vom Alm-Öhi, sondern die ehemalige Station vom Skilift, in der sich seit 2014 eine kleine Brauerei befindet, und zwar die nach eigenen Angaben höchstgelegene Privatbrauerei Deutschlands, das BernardiBräu.

      So richtig offiziell ist sie heute, am 4. Mai 2015, noch gar nicht eröffnet, obwohl schon gebraut wird und natürlich der Bierverkauf schon angelaufen ist. Aber die große Eröffnungsfeier ist erst für den Himmelfahrtstag geplant – mit Hoffest, Gaudi und Livemusik. Was mich natürlich trotzdem nicht davon abhält, mich mit Bernhard Göhl, dem Inhaber und Braumeister zu verabreden.

      »Ich bin zwar Diplom-Braumeister und habe nach meiner Ausbildung in München anschließend in Weihenstephan studiert, aber hauptberuflich arbeite ich zur Zeit in der Abfülltechnik. Und da ich das Brauen vermisse, habe ich hier nebenher die kleine Brauerei aufgebaut«, erzählt Bernhard, während wir die Treppe zum Sudhaus hochgehen. »Angefangen hat es mit einem kleinen 80-l-Sudwerk, mittlerweile habe ich eine 5-hl-Anlage, die ich mir in großen Teilen selbst aufgebaut habe.«

      Sehr solide schaut die Technik aus. Zwei kupferne Geräte der Firma MBT bilden das Rückgrat, alles andere rundherum hat Berni selbst konstruiert. »Eine wunderschöne Patina, oder?«, fragt er mich und streicht über die Sudpfanne. Und in der Tat, das in allen Farben schimmernde und irisierende Kupfer wirkt viel schöner und lebendiger als manche steril und seelenlos auf Hochglanz polierte Schauanlage. Es ist blitzsauber, das sieht man, aber die Spuren der Arbeit sind doch zu erkennen. Hier ist ein wenig saure, dort eher basische Flüssigkeit übergelaufen und hat ihre Spuren auf dem Kupfer hinterlassen. Nach sorgfältigem Putzen bleibt die ganz leicht eingeätzte Spur sichtbar und verleiht dem Sudwerk Leben.

      Im Nachbarraum stehen die Gärbehälter. Offene Gärung, das ist Ehrensache. Und daneben wiederum in zwei Reihen die kleinen ZKGs, in denen das Bier der BernardiBräu bis zur Abfüllreife lagert. Blitzsauber und zweckmäßig.

      Im Stockwerk darunter die Abfüllanlage. Ein kleine Gruber-Anlage, auf der Berni seine Spezialbiere und die ungewöhnlichen Flaschengrößen abfüllt; das Brot-und-Butter-Bier, also das Gigglstuinar Märzen, regelmäßig in größeren Mengen gebraut, wird bei einer befreundeten Brauerei abgefüllt.

      Und nebenan, in einer großen Scheune, wird das abgefüllte Bier gelagert und verkauft. »Neben dem Märzen, das hier überall steht, braue ich ein dunkles Bockbier, das ich in Ein-Liter-Flaschen abfülle, schau her! Dann gibt es immer mal wieder ein besonderes Bier, zum Beispiel das Alms, ein Weizenbock mit rund 7 % Alkohol. Das gibt’s in kleinen Flaschen, zum bewussten Genießen. Und hier liegen schon die Etiketten für das Gigglstuinar Weizen – das wird das zweite Standbein der Brauerei!«

      Bernhard erzählt von seinen Plänen und man merkt, dass sich hier jemand seinen ganz persönlichen Traum erfüllt. Im Brauen geht er auf – da macht es überhaupt nichts, dass das Ganze (noch?) als Nebenerwerb läuft und die Abende und Wochenenden drangegeben werden müssen. Neben all dem findet Bernhard auch noch Zeit, gelegentlich auf Volksfesten ein Schaubrauen zu veranstalten, mit einer kleinen, aber sehr hübschen Anlage. In Tracht steht er dann da und rührt im kupfernen Maischebottich; daneben der hölzerne Läuterbottich, das Ganze auf einem Ziegelstein-Sockel und, Zugeständnis an die Mobilität, auf Rollen.

      Das Brauereidorf Rettenberg, das seit vielen Jahrzehnten damit wirbt, zwei erfolgreiche Allgäuer Brauereien zu beherbergen, hat eine dritte Brauerei dazubekommen. Viel kleiner als die anderen beiden, aber mit viel Herzblut. Und idyllisch gelegen. Oberhalb des Ortes, umgeben von Wiesen und Wäldern, inmitten der Natur. Wenn jetzt der Wettergott für den Himmelfahrtstag noch mitspielt, dann steht einer zünftigen offiziellen Eröffnung und einem großen Erfolg in der Region nichts mehr im Weg!

       Das BernardiBräu ist mittwochs und freitags von 16:00 bis 19:00 Uhr und sonnabends von 09:00 bis 12:00 Uhr für den Rampenverkauf geöffnet. Möchte man zu anderen Zeiten Bier kaufen, sollte man unbedingt vorher anrufen; da es sich noch um einen Nebenerwerbsbetrieb handelt, ist nicht immer garantiert, dass jemand da ist. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Brauerei nicht wirklich gut zu erreichen – selbst wenn man bis Kranzegg mit dem Bus fährt, hat man noch eine ordentliche Wanderung das Bergsträßchen hinauf vor sich. Und auch mit dem Rad sollte man stramme Wadeln vorweisen können. Es gibt halt Situationen, in denen das Auto fast alternativlos ist.

       BernardiBräu

      Kammeregger Weg 7

      87 549 Rettenberg OT Kranzegg

      Bayern

      Deutschland

      +49 8327 9326 180

      Brauerei im Eiswerk, München

      Fast lautlos setzt sich das riesige Schwungrad in Bewegung. Als wollte sie noch einmal tief Atem holen, schnauft die alte Kältemaschine aus dem Jahr 1881 ein wenig, und dann beginnen sich die Pleuelstangen zum Verdichter zu bewegen. Nach einigen Sekunden ist die Arbeitsgeschwindigkeit erreicht; gleichmäßig, in ruhigem Takt, rotiert die Antriebswelle, und außer einem leisen Zischen hört man fast kein Arbeitsgeräusch.

      Martin Zuber, der Geschäftsführer der Brauerei im Eiswerk, hatte die großen Schraubenschlüssel aus der Werkzeugkiste geholt, die Bremsen gelöst und das Wehr am Mühlbach geöffnet. Gebannt starren wir auf die oberschenkeldicken