Название | Bier vor Ort |
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Автор произведения | Volker R. Quante |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944369631 |
Wie der Name es bereits deutlich ausdrückt: Bei der Urban Chestnut Brewing Company handelt es sich um eine alteingesessene Traditionsbrauerei in Oberbayern.
Hä?
Nein, natürlich nicht. Aber in gewisser Weise doch. Es wäre ja auch gar zu traurig, wenn hier, inmitten des Hopfenanbaugebiets Hallertau, in Steinwurfweite vom Wolnzacher Hopfenmuseum keine Brauerei stünde, die an die bayerische Brautradition anknüpfen würde. Und so ist es denn doch irgendwie so, dass die Urban Chestnut Brewing Company bayerische Brautradition fortführt.
Angefangen hat alles damit, dass Anfang der neunziger Jahre das Alter Bräu verkauft und in Folge als Braustätte geschlossen worden war. Damit hatte Wolnzach, das Zentrum des Hopfenanbaus, keine Brauerei mehr. Die alteingesessenen Wolnzacher kochten vor Zorn und es entstand eine Bürgerinitiative im wahrsten Sinne des Wortes: Ein paar Bürger ergriffen die Initiative, der Bürgermeister unterstützte das Vorhaben und es entstand die Bürgerbräu Wolnzach, eine Aktienbrauerei, deren Anteilsscheine quer durch die Wolnzacher Bevölkerung verteilt waren. Und so war quasi jeder Wolnzacher fortan Brauerei-Eigner.
1999 erfolgte die formale Gründung, das erste Bier entstand 2000.
Aber ach, regionale Begeisterung und bürgerliches Engagement sind oftmals nicht ausreichend für den wirtschaftlichen Erfolg, und so musste die Wolnzacher Bürgerbräu Ende 2014 Insolvenz anmelden.
Und jetzt kommt Amerika ins Spiel: Florian Kuplent, ein Deutscher oder vielmehr Bayer, der mit einer Amerikanerin verheiratet ist, hatte 2011 in den USA die Urban Chestnut Brewing Company in St. Louis in Missouri eröffnet und diese Mikrobrauerei mit viel Erfolg betrieben. Offensichtlich schien er schon damit geliebäugelt zu haben, seine erfolgreichen Craftbiere auch auf den deutschen Markt zu bringen, sie gegebenenfalls sogar hier vor Ort zu brauen, denn als offenbar wurde, dass die Wolnzacher Bürgerbräu insolvent war und ein Käufer gesucht wurde, ging alles blitzschnell.
Ende 2014 war die Insolvenz und im Januar 2015 war die Bürgerbräu bereits durch Kuplent übernommen und in Urban Chestnut Brewing Company Deutschland umbenannt worden. Und seit Frühjahr 2015 gibt es das Urban Chestnut Beer made in Bavaria, Germany.
Der Schwerpunkt liegt auf tendenziell eher traditionellen Bieren, soll heißen, auf Bieren, die den mit Craftbier noch nicht so richtig vertrauten Biertrinker nicht beim ersten Schluck schon auf Dauer verschrecken. Aber daneben gibt es eben auch schon etwas exotischer gehopftes Bier. Die Hallertauer Hopfenperle und das Hallertauer Zwickel kommen klassisch daher, während das Hallertauer Zuagroast eine Pale-Ale-Interpretation ist, mit spannenden, fruchtigen Hopfenaromen und niedriger Spundung, um eben diese Aromen besonders gut zur Geltung bringen zu können.
Ob das Konzept langfristig trägt? Es ist zu hoffen, denn erstens braucht Deutschland, insbesondere Bayern auch ein paar neue, innovative Biere und da ist jeder neue Ansatz zu begrüßen, und zweitens – und damit hatte bereits die Bürgerinitiative vor mehr als 20 Jahren recht –, wo kämen wir denn da hin, wenn im Zentrum des Deutschen Hopfenanbaus, in Wolnzach, keine Brauerei stünde?
Der Bürgerbräuwirt und die Urban Chestnut Brewing Company arbeiten nun Seit’ an Seit’ am Erfolg. Geht man vom Parkplatz in Richtung Wirtschaft, so läuft man an den Fenstern vorbei, hinter denen sich das kleine Sudhaus befindet. In unwirklich gleißendem Grün sind die Gär- und Lagertanks illuminiert, klassisch mit weißem Licht das kupferne Sudwerk angestrahlt. Man flaniert an den Fenstern vorbei und setzt sich dann in den Biergarten oder die Wirtschaft. Wunderbar. Bayerische Brautradition, wie sie sein soll. Unter deutschamerikanischer Flagge!
Der Bürgerbräuwirt, in dem man die Biere der Urban Chestnut Brewing Company trinken, aber auch kaufen und mit heimnehmen kann, hat täglich ab 17:00 Uhr, freitags und sonntags bereits ab 10:00 Uhr geöffnet. Mittwochs ist Ruhetag. Zu erreichen sind Wirt und Brauerei in wenigen Minuten von der Autobahn, und direkt nebenan gibt es einen gebührenfreien Parkplatz. Bei gutem Wetter ist der Biergarten geöffnet und für die Kinder gibt es viel Unterhaltung auf dem Gelände dahinter.
Urban Chestnut Brewing Company
Am Brunnen 2
85 283 Wolnzach
Bayern
Deutschland
+49 8442 964 088
BERLIN
Bierbar Herman, Berlin
Belgische Biercafés sind üblicherweise rustikal, urig, mit viel Holz, warmem Lampenschein, eng, gemütlich, und sie punkten mit einer gewaltigen Bierauswahl, die teilweise weit über 100 verschiedene Biersorten betragen kann. Zu jedem dieser Biere wird das passende Glas gereicht und die Getränkekarte hat den Umfang des Telefonbuchs einer mittleren Kleinstadt.
Die Bierauswahl ist aber nicht nur quantitativ gewaltig, sondern auch qualitativ – die einzelnen Biere sind individuell, unterscheiden sich stark voneinander und auch eine Verkostung von zehn oder mehr Bieren bleibt ungeheuer abwechslungsreich bis zum letzten Schluck.
Kann ein vergleichbares Konzept in Berlin funktionieren? Und vor allem, kann es das, wenn es auf die urige Gemütlichkeit eines klassischen belgischen Biercafés zugunsten einer trendigen Minimalatmosphäre verzichtet?
Offensichtlich ja, die Bierbar Herman beweist es seit Anfang 2013.
Von außen sieht man zunächst nur das große Fenster – keine Leuchtreklame, keine auffällige Bemalung, lediglich ein Standschild, schlicht und schwarz, mit der Beschriftung »Belgische Biere«. Gleich hinter der Eingangstür auf der linken Seite ein beeindruckendes, mit akzentuiertem Licht gut in Szene gesetztes Bierregal. Wohl zweieinhalb, vielleicht drei Meter hoch mit einer gewaltigen Anzahl unterschiedlicher Bierflaschen. Davor die Theke mit einer Handvoll Zapfhähnen und ein paar Barhockern. Weiter hinten, im sehr schmalen, dafür aber sehr tiefen Lokal, Dunkelheit, nur ganz heruntergedimmte Lampen und Teelichter, einige Holztische und -stühle.
Aber keine Gemütlichkeit. Die hohen Wände sind schlicht grau gestrichen, es gibt keine Brauutensilien als Deko an der Wand, keine großen Sammlungen von Biergläsern, Emailleschildern oder Fässern. Nur schlichte, graue Wände und einfachstes Holzmobiliar. Spartanisch. Zu essen gibt es außer Erdnüssen auch nichts.
Es gibt belgisches Bier.
Punkt.
Die Gäste werden also dazu genötigt, sich ausschließlich auf ihr Bier und auf gute Gespräche (über das Bier .) zu konzentrieren. Zum Herman kommt niemand wegen der Gemütlichkeit, wegen Schicki-Micki-Drinks oder wegen Tanz und Musik. Man kommt, um belgisches Bier zu genießen.
Das Konzept scheint aufzugehen. Während unseres Besuchs ist das Lokal gut gefüllt, die Tische stehen voller Gläser, die beiden Barmänner haben gut zu tun, um die Versorgung sicherzustellen. Prima!
Die Bierkarte umfasst in der Tat über 100 Positionen, nach Bierstilen gruppiert und mit kurzen (!) Erläuterungen. Aber es lohnt sich, den Kellner zu fragen, was sonst noch im Angebot ist – es kommen immer wieder neue Sorten herein, andere verschwinden, für Abwechslung ist gesorgt. Zu jedem Bier werden gerne ein paar Erläuterungen gegeben, das passende Glas dazu ist selbstverständlich. Ab und an werden im Rahmen von sogenannten Tap Sessions auch Biere nach belgischem Stil ausgeschenkt, die aber in Berlin gebraut worden sind – die Szene der noch jungen, wilden Berliner Craft-Brewer präsentiert sich gerne auch mit diesen Biersorten mit stolz ge schwellter Brust. Und gerüchtehalber wird einmal pro Woche auch eine Flasche Westvleteren XII per Los einem glücklichen Gast zugeteilt. Aus der Rarität wird eine nette Attraktion.
Die Bierbar Herman hat Eigentümer Bart Neirynck nach seinem ehemaligen und lange verstorbenen Deutschlehrer benannt; dessen Foto ziert auch die Getränkekarte und den Internet-Auftritt der Bar. Als Schwarz-Weiß-Aufnahme fügt sich das Bild in den schlichten, dezenten Stil der Bar ein und lenkt nicht vom Biergenuss ab.