Название | Sonntagsgedanken, Lesejahr C - eBook |
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Автор произведения | Elmar Gruber |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783769880175 |
In dieser Spannung entsteht sowohl
das Bedürfnis nach Vergeltung und Strafe
als auch jede Art von „krimineller Energie“.
Beides sind wie die zwei Seiten einer Münze.
Strafe entsteht also in der Schuld.
Nur Menschen können schuldig sein;
also „müssen“ nur Menschen strafen, aber nicht Gott.
Im Grunde bestrafen sich die Menschen immer selbst:
entweder gegenseitig oder einseitig: jeder sich selbst.
Beides kannst du nicht voneinander trennen,
oft nicht einmal unterscheiden.
Gott straft nicht – ganz im Gegenteil:
Er wollte uns aus unserer
aus der Schuld stammenden Strafpraxis erlösen
durch die Ausgießung seines Erbarmens.
So lange aber unser Erlösungsprozeß noch läuft,
brauchen wir Justiz und Strafvollzug,
um hier auf Erden zu überleben.
Hier ist Strafe das kleinere Übel;
das größere wäre Ausrottung und Selbstvernichtung.
Ich kann rein subjektiv etwas als „Strafe Gottes“ verstehen, wenn ich z.B. als Betrunkener einen Unfall verursache. Objektiv ist der Unfall die Folge vom Alkoholgenuß, die Gott nicht verhindert, aber auch nicht verhindern „muß“, weil er letztlich alles, auch meine Schuld, im Griff hat.
Auch für die Leidfrage gilt:
Gott greift nie direkt ein,
weil er letztlich alles im Griff hat
und in allem – auch im Leid – mächtig ist.
Das abschließende Gleichnis
vom unfruchtbaren Feigenbaum
zeigt die „Geduld“ Gottes.
Herr, erlöse mich von Schuld und Sünde, damit ich nicht mich selbst und andere bestrafen muß·
Vierter Fastensonntag (Lk 15,1-3.11-32)
„Dein Bruder war tot und lebt wieder“
Trau dich leben – trau dem Leben
Jeder muß sein Leben leben,
du das deine und ich das meine.
Die Freiheit, selbst zu leben,
darf ich niemand nehmen
und ich darf sie mir
von niemand nehmen lassen.
Ich muß mein Leben wagen, denn ich nehme das Risiko auf mich, daß ich vieles leidvoll lernen muß und vieles falsch mache. Durch Fehler lernt man; wer keine Fehler macht oder keine Fehler zugeben kann, lernt nichts dazu; er lernt das Leben nicht, das heißt das Selbstleben.
Der „Richtigmacher“ bleibt immer abhängig von anderen,
von dem, was die Leute sagen,
von einem Guru
oder von irgendwelchen Ideologien.
Es gibt jedoch eine Abhängigkeit,
die selbständig macht:
das totale, persönliche, direkte Vertrauen auf Gott,
auf das Leben selbst.
Es gibt viele Lebenshilfen,
z.B. die Gebote,
gute Ratschläge lebenserfahrener Menschen,
Vorbilder und Beispiele.
Aber mit all diesen Hilfen
bin ich im Wagnis meines Lebens letztlich allein mit mir selbst
und mit meinem Gott –
auch wenn ich ihn noch nicht erkannt habe.
Vorbilder, Idole und Leitfiguren sind notwendig;
denn jeder Mensch lernt
durch Identifikation und Nachahmung.
Sie werden mir aber zum Verhängnis,
wenn ich mich nicht irgendwann trenne,
sondern sie kopieren möchte.
Die heutige Geschichte zeigt uns zwei Menschentypen.
Der Jüngere geht fort;
er will sein Glück selbst machen,
auf eigene Faust mit seinem Geld leben.
Der Vater läßt ihn gehen und hindert ihn nicht.
Er begleitet ihn innerlich
mit seiner nie versiegenden Liebe und Barmherzigkeit.
Erst der gescheiterte Sohn
erfährt die grenzenlose Barmherzigkeit des Vaters.
Man muß sein Sündersein erleben („zu-geben“),
um Vergebung zu erfahren.
Der Ältere bleibt daheim.
Er macht alles von vomeherein „richtig“
und scheitert genau
an dem einzig entscheidenden Punkt
unseres Menschseins:
an der Barmherzigkeit.
Er kann sie nicht zulassen,
weil er sie nicht hat;
und weil er sie nicht zulassen kann,
hat er sie nicht.
Herr, laß mich im Vertrauen auf deine unverlierbare Liebe alle Lebensangst und Verantwortungspflicht überwinden.
Fünfter Fastensonntag (Joh 8,1-11)
„Wer von euch ohne Sünde ist,
werfe den ersten Stein auf sie.“
„Ur- Teilung“
Die „Ur-Teilung“ der Menschen,
die wir selbst vornehmen,
ist die Einteilung der Menschen
in gute und böse.
In unserem angeborenen Vergeltungsdenken
und Rachebedürfnis bekommt so der Haß ein Ventil:
Die Guten muß man heben,
die Bösen „darf“ man hassen.
Es ist sogar gut,
wenn man die Bösen haßt.
In meinem Schuldbewußtsein,
das noch nicht zur Vergebung gelangt ist,
oder in meinem Bedürfnis,
makellos vor den anderen
und damit vor mir selbst dazustehen,
ist es eine Entlastung,
wenn ich Sünder finde,
oder Menschen,
die noch viel schlechter sind als ich, –
Menschen, die ich „mit Recht“
verurteilen und bestrafen kann.
„Rache tut gut!“
In unserer sündigen Welt
solidarisieren Rache und Haß
oft mehr als die Liebe.