Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition). Ed Sanders

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Название Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition)
Автор произведения Ed Sanders
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783862870998



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lautete der nächste gehauchte Befehl. Ein paar Minuten lang waren sie jetzt ganz still, bis die Musik plötzlich anschwoll und Claudia, mit ausgestreckten Beinen auf seinem Rücken, anfing, wie wild zu stoßen und Paolo Schwierigkeiten hatte, nicht aus ihr heraus zu flutschen. Dann raste ihm das Herz, er konnte seine Augen nicht länger offenhalten, er sank auf die Knie und zurück in ihre ursprüngliche Position, während Claudia immer noch auf der Spitze balancierte.

      Sie fühlte, dass er jetzt gleich kommen würde, glitt von ihm herunter, beugte sich herab und umschloss mit ihrer sanften kühlen Handfläche seine Eier. Mit der anderen Hand forderte sie ihn gleichzeitig auf, wieder aufzustehen.

      Als sie jetzt weitertanzten, schenkte sie seinem Schwanz nur gerade soviel Aufmerksamkeit, dass er nicht schlappmachte.

      Und dann folgte etwas, was es in der Geschichte des amerikanischen Tanzes vermutlich noch nie gegeben hatte: Sie sprang und stützte sich dabei wie bei einem Sprungpferd von seinen Schultern ab, klappte ihren Körper zusammen und spreizte die Beine. Paolo kriegte irgendwie mit, dass er sich jetzt auf was gefasst machen musste, tänzelte ein paar kleine Schritte zurück und stützte sich mit einem Fuß nach hinten ab. Aber mit einer Bewegung, die ihre unglaubliche Kraft und Beherrschung verriet, ließ sich Claudia nun an ihm herunter, langsam, ganz langsam, ohne den Ablauf ihrer Bewegung auch nur im geringsten zu unterbrechen, presste ihren Körper gegen seinen, und der verängstigte Schwanz, der vermutlich schon damit gerechnet hatte, zu Brei zerquetscht zu werden, glitt wieder zurück ins Warme. Ein paar keineswegs tänzerische Schauer schüttelten Paolo, und er hatte das Gefühl, als würde er jeden Moment ohnmächtig zusammenbrechen, als er sich unter sie rollte und dann wieder auf sie drauf und alles um sich herum vergaß.

      Aber das Celestial Freakbeam Orchestra-Band war noch nicht mal halb durchgelaufen. Nach ein paar Sekunden stand Claudia auf und tanzte weiter. Es war wunderschön. Sein Samen, oder Aphros, oder Schaum tropfte an ihren Beinen herunter und fiel in dickflüssigen, schönen Klumpen auf den Boden. Bald schimmerten ihre Beine vom Schleim. Und sie brachte Paolo wieder auf Touren.

      Sie hob ihn auf und schob ihn gegen die rückwärtige Wand der Bühne, aus dem ovalen Licht heraus ins Dunkle. Hier glitt ihre rote Zunge blitzschnell über die Spitze seines Schwanzes, der augenblicklich wieder hart wurde und nach oben schnellte. Dann ließ sie ihn die kühle erregende Mauer hinunterrutschen. Und so ging es immer weiter.

      In den nächsten paar Nächten probierten sie unzählige Variationen des Tanz-Sex aus, einschließlich eines Pas-de-deux-Oralverkehrs auf Rollschuhen und verschiedener Huldigungen auf dem rosa Altar, während der Gegenstand dieser Verehrung in entsprechend modifizierter vierter Position stand, nicht zu vergessen ein paar Engagements auf der Garderobencouch.

Blume

      Als die ersten paar Tage vorbei waren und sie sich — wie auch die Leidenschaft Eros’ — allmählich wieder beruhigten, fingen sie an, ernsthaft mit dem Celestial Freakbeam-Band zu arbeiten. In ihr wuchs eine Idee. Es konnte passieren, dass sie stundenlang über ihrem Notizbuch saß und hastig hinein schrieb. Wenn es klappen sollte, musste sie ihn zum Singen überreden. Er hatte eine ziemlich heisere Stimme, fand sie, aber dafür besaß er das allerwichtigste Talent, das ein Sänger überhaupt haben kann, das aber auf der Bühne (und auch im Schallplattenstudio) wirklich sehr, sehr selten ist: Er konnte einen beliebigen Ton treffen und er konnte ihn halten! Nachdem sie das herausgefunden hatte, ging es eigentlich nur noch darum, seine Stimme in eine wohlklingende Kontraktion/Konstriktion/Konstruktion des Kehlkopfes zu verwandeln.

      Es schien tatsächlich Liebe zu sein, oder wie immer man so was sonst nennen will — sie selbst hatte dieses Wort schon lange aus ihrem intimen Wortschatz gestrichen. Sie ertappte sich dabei, wie sie ständig an ihn dachte, was ein verwirrendes Durcheinander von Schüchternheit, Zärtlichkeit und Leidenschaft in ihr entfachte. Sie war zerstreut und nahm es wegen ihrer offensichtlichen Müdigkeit auch mit den Proben für Newsreel ’84 nicht mehr so genau. Sie tanzten jede Nacht bis zum frühen Morgen. Die Truppe war ihr dankbar und die Folge davon war, dass sie entspannter spielten und die ganze Vorstellung lockerer und leichter wirkte als vorher.

      Paolo war ein Heißsporn, und das machte ihr ein wenig Sorgen. Vielleicht würde er sich sogar zu Eifersuchtsszenen hinreißen lassen, um seine Gefühle abzureagieren? Aber sie konnte den Gedanken eines Dreifußes einfach nicht mehr loswerden. Ihr Dreifuß: mit dem hitzigen Tanzgenie Paolo, dem anarchistischen Hegelianer und Autor Roy und dem Krösus des Off-Broadway-Theaters als Stützen — und sie selbst, Claudia, kaute die heiligen Lorbeerblätter, trank aus der Quelle Cassotis, deren Wasser in ihr Luminous Animal Theatre gelenkt wurde, nahm Platz auf dem schwankenden Sitz des Dreifußes, hoch über dem delphischen Spalt, aus dem die berauschenden Schwaden »mephitischer« Drogendämpfe aufstiegen. Diesmal lösten sie jedoch nicht die Zunge einer Seherin, sondern ihre Glieder für die einzige Tätigkeit, die ihr bestimmt war, den Gottestanz zu tanzen. Und irgendetwas in ihr sagte ihr, mit Paolo zusammen könne sie all das schaffen. Sein Kraftfeld, die Wellen seiner Aura stimmten mit ihren eigenen überein. Sie konnte seine schwellende Aura förmlich fühlen: Gottestanz, Gottestanz.

      Roy war alles andere als begeistert von ihren Plänen. Seit sie ihn in seine Bude zurückgeschickt hatte, und das war jetzt schon über eine Woche her, war er nicht eine Sekunde mit Claudia allein gewesen. Wenn ihn die Eifersucht quälte, redete er sich ein, dass es ihm einzig und allein auf die ars gratia cursus honorum (sui) ankam, mit anderen Worten, in der Jagd nach dem weißen Hirsch des Ruhmes den ersten Platz einzunehmen.

      Allerdings irritierte es ihn ganz gewaltig, als er in ihrem Notizbuch mehrere vollbeschriebene Seiten entdeckte, die offenbar mit einer neuen Produktion zu tun hatten, in der sie und ... wer? Er stutzte, als er auf die Abkürzung P. stieß. Paolo etwa? Ach was, absurd! Und das Celestial Freakbeam Orchestra, ha! Eine Bande von eingebildeten Arschlöchern, wenn er überhaupt was davon verstand!

      Nach einem gründlichen Verhör bezüglich ihres neuen Projekts fauchte Roy sie an: »Ich nehme an, dass du deine Show« — das Wort Show drückte seine ganze Verachtung aus — »Sextanz mit Cybele nennen wirst?« Das war am Vormittag, nachdem Roy, blöd wie er nun mal war, völlig besoffen ins Luminous Animal getorkelt kam, es musste so um drei Uhr morgens gewesen sein, und in seinem Tran fluchend und schimpfend gegen die Tür getreten und gehämmert hatte. Er war voll wie eine Haubitze. Claudia ließ sich nicht stören, schob das Sicherheitsschloss vor die Tür und ließ das Celestial Freakbeam Orchestra weiterspielen.

      »Wag ja nicht, dich mit mir anzulegen, du viertklassiger Mr. Brecht!«

Blume

      Endlich brach der Tag an, an dem Newsreel ’84 Premiere hatte. Roy war vor lauter Angst kurz vorm Abschnappen. Der Wassertank auf seinem Klo füllte und entleerte sich mit einer solchen Häufigkeit, dass die Nachbarn sich beschwerten. Claudia dagegen war eine Premiere noch nie so gleichgültig gewesen. Sie hatte sogar verschlafen, während sie normalerweise an einem solchen Tag aus dem Bett sprang wie ein Kind am Weihnachtsmorgen. Sie hatte noch allerhand zu erledigen: Mindestens fünfzig Telefongespräche warteten auf sie, dann musste sie die letzten hysterischen Anfälle von Genius und Kunst überstehen, und die Generalprobe stand auch noch auf dem Programm. Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich Stöße von vollgekritzelten Merkzetteln.

      Dann brach die Espressomaschine im Foyer zusammen. Die Pasteten wurden nicht rechtzeitig geliefert. Paolo hatte vergessen, die Toiletten zu schrubben. Irgendwer hatte ihr einen Kaugummi in den Telefonhörer geklebt. Mehrere Scheinwerfer am Eingang mussten ausgewechselt werden. Die Kartenschnorrer entwickelten sich zu einer Landplage. Wildfremde Typen, die irgendwann mit irgendwem zusammen auf der Highschool waren, die auch nur im entferntesten was mit der Produktion zu tun hatten, riefen sie an und verlangten Freikarten.

      Es gehörte zu Claudias Prinzipien, dass vor einer Premiere das ganze Haus einer gründlichen Säuberungsaktion unterzogen wurde. Ein Grundsatz, an den sie sich aus unerfindlichen Gründen gewöhnt hatte, vielleicht entsprach es ihrer mystischen Natur, eine prärituelle Purifikation sozusagen.