Название | Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition) |
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Автор произведения | Ed Sanders |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870998 |
»Mann, ich weiß nicht, sie sehen so befruchtet aus«, warnte Barrett.
»Scheiß drauf, Mann«, grunzte Dom zur Antwort. »Wir brauchen Protein. Wenn uns schlecht wird, können wir uns im Bellevue immer noch den Magen auspumpen lassen. Hast du ’n Zehner, um den Krankenwagen anzurufen?«
Barrett nickte.
Der Geierei-Matzenbrei sah auf dem Teller aus wie eine flache Scheibe aus gelbem Knetgummi, aber, Teufel noch mal, er schmeckte einfach irrsinnig — in der ganzen Beat-Ära der einzig bekannte Fall von Geierei-Matzenbrei. Und ebenso dürfte es wohl das einzige Beispiel aus jener Zeit gewesen sein, wie Geierei-Protein die Glut der Leidenschaft schüren kann. Denn June und J.S.D. fingen an, sich gegenseitig kleine Pfeile von Auge zu Auge zu schicken, die sich trafen und über ihren Körperbrei verhandelten. Kaum war die Mahlzeit zu Ende, packte J.S.D. June bei der Hand und führte sie zur Feuerleiter. Dann warf er noch einen Blick hinüber zu Dom, als ob er sagen wollte, kühl ja dein Mütchen, Southern Boy — und wandte dann seine Aufmerksamkeit mit einer langsam-feierlichen Wendung des Kopfes wieder June zu, wobei ein breites Grinsen über sein Gesicht flog. Sie kicherten, bückten sich, um sich durchs Fenster zu zwängen, und kletterten die eisernen Sprossen hinauf.
Auf dem Dach hatten Dom und June sich eine kleine Oase gebaut, die von der Feuerleiter aus mit einer zweiten Leiter zu erreichen war. Hinter dem Wassertank, außer Sichtweite, lag eine Matratze im Schatten von ein paar riesigen Sonnenschirmen, die sie sich von irgendwelchen Hot-Dog-Karren ausgeliehen hatten. June und J.S.D. kamen diesen Sommer fast jeden Tag zum Ficken hier hoch — vor Doms Augen hielten sie sich ja noch zurück, aber es bestand eine unausgesprochene Übereinkunft, dass Dom außer Sichtweite blieb, solange die beiden auf dem Dach waren.
Barrett bemerkte, wie Dom sich kurz auf die Lippen biss, aber er drehte den Kopf weg, bevor John ganz sicher war. Dom schlappte mit seiner Sandale über den Fußboden und brummte: »Ich weiß auch nicht! Ich werd mich wohl nie dran gewöhnen!«
»Was meinst du?« fragte John. »dass die zwei da oben ’ne Nummer schieben?«
»Nee, Mann, die Nigger mein ich!«
Barrett wollte lieber das Thema wechseln. Und außerdem brauchte er Einzelheiten. »Meinst du, ich kann, äh, raufgehn und zugucken?«
Dom sah ihn entgeistert an, meinte dann aber: »Klaaar, geh nur rauf.«
John Barrett erreichte das Ende der Leiter und blieb stehen. Sein Kopf beziehungsweise seine Augen lugten gerade über den Rand des Daches und er spürte, wie eine äußerst angenehme Brise über den Rücken seines Reitjacketts strich. Er warf einen Blick auf den vergammelten Hinterhof sechs Stockwerke tiefer. Schauder. Dann wandte er sich der action zu.
June und J.S.D. waren gerade eng umschlungen bei der Matratze angekommen. Jetzt glitten Junes lange Finger unter J.S.D.’s Gürtel, in seine braunen Jeans, über seinen dunklen Arsch — da! Ein kleiner Schmerz für J.S.D., als ihre kratzenden Finger sich zielstrebig ihren Weg bahnten.
»Aua! Pass auf!« lachte er.
John Barrett musste ebenfalls lachen, als er sah, wie J.S.D. aus seiner Levis stieg, sie sorgfältig faltete und dann ordentlich über eine Fernsehantenne hängte. June konnte es kaum abwarten. Sie kniete vor ihm, als wollte sie die Afro-Herme anbeten, streichelte ihm mit beiden Händen sanft über die Seiten und nahm plötzlich soviel sie konnte in den Mund. Von Barretts günstiger Position sah es für ein paar Sekunden so aus, als ob June auf einer Party einem Witz zuhörte und dabei begeistert mit dem Kopf nickte.
Dann schob J.S.D. sie zurück und June sank langsam hinunter auf ihr heißes, leicht ranziges, stinkiges Liebesnest und rollte gekonnt und höchst wirkungsvoll die weißen Strümpfe herunter. Ihre Bewegungen erinnerten Barrett an einen Bäcker, der den Teig für Brezeln zusammenrollt, und um ein Haar wäre er von der Metallleiter gestürzt, als er versuchte, diesen Vergleich in seinem Notizbuch festzuhalten. Dann legte June sich abwartend zurück in ihrem knappen Höschen und schon war J.S.D. über ihr, und sie hatte kaum Zeit, abzustreifen, bevor sie vorsichtig und geschickt seinen dunklen Gitarrenhals in sich reinschob. »Komm schon, komm komm, komm«, sagte sie, »komm.«
Barrett kämpfte den aufsteigenden Schaum vor seinem Mund zurück und bemerkte, wie sich in seinen Gabardine-Hosen auch etwas regte. Noch ein langer Blick, dann zwang er sich wegzugucken, oder, um genau zu sein, voller Angst nach unten zu starren, ehe er schweigend über die Feuerleiter nach unten kroch, jeden Moment darauf gefasst, in die Tiefe zu stürzen.
VIII
John fand Dom, wie er im Lotossitz auf seinem Gebetsteppich saß und sich einen runterholte und dabei auf die Wandkarte von East St. Louis starrte. War das wirklich das, was er zu sehen glaubte? Es sah ganz so aus, aber Dom ließ augenblicklich jedes Indiz für Masturbation verschwinden, als Barrett durch den Perlenvorhang geschlurft kam. »Ich muss hier raus, bevor es zu spät ist«, sagte Barrett, ohne eine Miene zu verziehen, »aber kannst du mir erst noch ’n paar Bennies vermachen?«
Sechs Stück kosteten einen Dollar, das war ein bisschen viel, aber Dom hatte sie schon in eine leere Rolaids-Schachtel gepackt, ehe er protestieren konnte. Als Dom beobachtete, wie Barrett drüben in seinen Dope-Vorräten herumstöberte, schlug er ihm vor, mal einen Speedball zu versuchen — für fünfzig Cents ein echtes Schnäppchen. Barrett war sich nicht ganz sicher, was in einem Speedball überhaupt alles drin war, aber viel zu cool, jetzt noch ein F-&-A-Spielchen abzuziehen und damit seine Unwissenheit zu verraten. Er glaubte, es sei eine Mischung aus Kokain und entweder Morphium oder Nembutal — also mal hoch, mal runter und alles auf einmal. Er wusste jetzt schon, dass er ihn wahrscheinlich nie nehmen würde und er zu Hause in irgendeiner Schachtel mit Zeitungsausschnitten rumfliegen und Staub ansetzen würde, aber vielleicht könnte er ihn in zehn Jahren mal einem geschockten Studenten unter die Nase halten, also nahm er ihn mit.
Barrett war ziemlich geschafft von dem Tag. Er ließ fünfzehn Cents für einen Bus quer durch die Stadt und zurück zum Washington Square Park springen. Während der Fahrt fiel ihm eine Frau auf, die ein kleines Kind auf dem Schoß hatte. Sie brachte ihm verschiedene Worte bei, und als es sich durch die obligate Zeremonie von »Mama« und »Papa« gekämpft hatte, deutete sie auf Barrett und sagte: »Guck mal, ein Beatnik, Tommy!«
»Na los, Spätzchen, sag mal Beatnik. Beat-nik.« Sie zerlegte das Wort in zwei Teile. Und das Kind drehte John sein sabberndes Gesicht zu, lächelte und sagte: »Jeep-jink.«
Damit war Barretts Tag endgültig ruiniert und er verzog sich während der nächsten anderthalb Stunden in die verstaubte Abgeschiedenheit seiner Lieblingsbuchhandlungen, jene an der Achten Straße und Phoenix. Zu diesem frühen Zeitpunkt seiner Karriere war er noch dazu fähig, geheimnisvolle Buchhandlungs-Erleuchtungen oder Energieübertragungen zu erleben, wenn er einfach in der Nähe von, sagen wir, einem New-Directions-Ständer im Untergeschoss des Buchladens an der Achten stand oder im Phoenix den Ezra Pound Newsletter las. Oh, ihr friedlichen Buchläden von New York.
Er las die neuesten Ausgaben von Semina und Kulchur zu Ende, linste auf die Uhr am Handgelenk eines Angestellten und sprintete zurück zum Washington Square, wo er eine Weile an einer Sequenz für seinen ersten Gedichtband arbeitete. Er setzte sich wieder in die Nähe von Alex Holleys Statue — aber weit genug weg von Uncle Thrills, der gerade am Brunnen Hof hielt, sodass er sein schrilles Geschrei nur gedämpft mitkriegte. Dann flüchtete er ins Hinterland der Worte.
DIE SIOBHAN-MCKENNA-FUMMELCLIQUE
Eine braungraue Stinkwolke schob sich zwischen den Mond und die öden Zenotaphen der Skyline von New York. Und drunten in der Lower East Side, zwischen den Mietskasernen der Slums, ging