Название | Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition) |
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Автор произведения | Ed Sanders |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870998 |
Das Komischste an der ganzen Aktion war ein würfelförmiges Stückchen Kartoffel, das aus irgendeinem Grund aus dem Haupttrupp ausgebrochen war und jetzt ungefähr fünfzehn Zentimeter vor ihm hersauste — wie ein mit Mayonnaise beschmiertes Stück Würfelzucker von Marcel Duchamp.
Cione merkte nichts. »Von ihrem Gejohle bläulich verfärbt ...«, das Kartoffelstückchen raste jetzt auf ihn zu, »... aber totenblass von ihren Lastern ...« und hielt Kurs auf die Nase des Barden — »... und faul wie Dreck!«
Wenn man sich diese Szene in einer Zeitlupenaufzeichnung ansehen könnte, würde man verfolgen können, wie eine kleine Ecke des Kartoffelstückchens tatsächlich in Ciones linkem Nasenloch landete, während der Rest weggerissen wurde, über die Backe glitschte, gegen das Augenlid prallte und schließlich in hohem Bogen über den Tisch flog. Dieser Vorgang spielte sich in Bruchteilen von Sekunden ab. Immer noch war der Haupttrupp des Salats der Vorhut unmittelbar auf den Fersen. Möglicherweise hatte Ptah seine Hand im Spiel, jedenfalls klatschte der Brei voll in Emils Gesicht, dann folgte noch der verknautschte Plastikteller — und schon pappte unserem Barden eine saubere Schicht von Zwiebel stinkendem feuchtem Schmand in der Visage!
Haha! Ha! Ha! Das Publikum lachte hämisch und vergaß für einen Augenblick die heiligen Zwecke dieser Versammlung. Sogar Ciones Doktoranden, die sich die ganze Zeit über eifrig Notizen gemacht hatten, krümmten sich vor Lachen. Schließlich war ihr Mentor mit seinen verklebten Augen im wahrsten Sinn des Wortes nicht in der Lage, ihre Schadenfreude zu bemerken.
Im selben Moment schlug der Moderator mit seinem Hammer auf den Tisch und kündigte die Pause an.
XI
Nach seinem Wurf rannte Al von der Bühne. Am Vorhang schlitterte er auf einem zermatschten Stück glitschiger Kartoffel aus, schlug hin und knallte mit dem Kopf voll auf die Erde. Während er noch auf dem Rücken lag und sich den Schädel rieb, entdeckte er plötzlich Ciones Brieftasche, die unter dem Tisch auf die Bühne gefallen war. Mit einem Satz schoss er hinüber und schnappte sie sich, dann rannte er zum rückwärtigen Teil des Saales und checkte im Laufen ihren Inhalt. Als erstes steckte er die fünfunddreißig Dollar zu seinen eigenen fünf. Als er einen Liebesbrief fand, der offenbar von einer von Ciones Studentinnen stammte, sprintete er zum nächsten Klo, um ihn in Ruhe zu studieren. Der Brief war ziemlich lang und schwärmte in gereimten Jamben von Bäumen und fallenden Blättern und machte geheimnisvolle Anspielungen auf ein Rendezvous »im Turm« — das heißt im Holiday Inn auf der Route 22. Al schlenderte hinüber zu Crabhornes Bücherstand und versuchte schändlicherweise, das Ding zu verkaufen.
Dabei fiel ein öliges Stück Olive von seinem Jackettärmel auf das Manuskript von Garment of Ra und verminderte dessen Wert um mindestens fünfundzwanzig Dollar. »Well«, antwortete Mr. Crabhorne nachdrücklich, »wir sind wirklich nicht interessiert — aber Sie können den Brief gern hierlassen, wenn Sie wollen. Wir heben ihn für Mr. Cione auf.«
XII
Cione tobte und spuckte klumpenweise Kartoffelsalat aus. »Ruft die Polizei! Wache! Wache!« Er schleuderte eine Handvoll zurück, verfehlte aber sein Ziel und traf stattdessen einen seiner Schüler, der eifrig kritzelnd über sein Heft gebeugt war. »Dummkopf!«, brüllte er. »Was hockst du da rum? Tu lieber was!«
Dann entdeckte er Ron, der den Gang heraufstolzierte und sich von seinen triumphierenden Freunden anerkennend in die Rippen boxen ließ. Mit einem Satz sprang Cione von der Bühne und stürzte sich auf den jungen, kakerlakenfressenden Übersetzer persischer Poesie. Cione ließ ein winziges elfenbeinbesetztes Taschenmesser aufschnappen, packte Ron am Handgelenk, riss ihn herunter und stach wie ein Tobsüchtiger auf Rons Hand ein, die er zwischen seinen Knien eingeklemmt hatte. Schlimmeres als ein paar Hautabschürfungen konnte er mit dem Ding glücklicherweise nicht anrichten. Aber ihr hättet mal sein verzerrtes Gesicht sehen sollen, als er sich so nah es ging an Rons Ohr beugte und flüsterte: »Tod deiner Dichtung, Tod deiner Dichtung, Tod deiner Dichtung ...«
XIII
Die Pause war wundervoll. Samuel Beckett hätte darüber einen fünfundsechzig Seiten langen Satz geschrieben, mit genauester Beschreibung aller Augenpaare und ihrer Bewegungen von Gesicht zu Gesicht. Augenpaar AP₁ schaute in Augenpaar AP₂, das gerade mit AP₃ beschäftigt war. AP₃ starrte in AP₁, das langsam die Reihe AP₂ — AP₃ — AP₄ — AP₅ ... APn abschweifte, und AP₆ verfolgte lüstern AP₅ (Emil Cione), während AP₇ und so weiter …
XIV
Sie schleppte ungefähr fünfzehn Bücher unterm Arm, einschließlich aller fünf Auflagen von Ciones The Mountain of Reason, die bisher erschienen waren. Schmachtend blieb sie neben dem Jackett des Barden stehen, auf dem die blassen Ölflecken allmählich eintrockneten, und klickte ihren Kuli in Position. Cione winkte ungeduldig ab: »Ich signiere nie mit Kulis«, — und hakte mit einem geübten Ruck seines Handgelenks seinen monströsen Montblanc auf. Dann hielt er inne, klappte erst das kleine Elfenbeinmesserchen mit der rosig verfärbten Klinge zu und schrieb schließlich seinen Namen und das Datum der Veranstaltung in jedes seiner vielen Bücher.
XV
Das Paar stand neben dem Bücherstand. Der Mann sagte gerade: »Ist mir ganz egal, was du dazu meinst. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Und diese Burschen hier hatten keinen Respekt!«
Sie hörte ihm gar nicht mehr zu. Plötzlich fand sie die Stelle: »Aha, ich hab‘s doch gewusst! Ich war mir ganz sicher, dass es mit dem Kartoffelsalat was auf sich hatte!«
Sie hielt eine tadellose, signierte Erstausgabe von Howl & Other Poems in der Hand. Soll ich dir den Abschnitt vorlesen?«
»Klar, nur zu!«
»Die in Dadaismus-Vorlesungen am City College von New York die Lektoren mit Kartoffelsalat bewarfen und sich anschließend kahl geschoren und mit grotesken Selbstmorddrohungen auf den Granitstufen des Irrenhauses präsentierten und sofortige Lobotomie verlangten.«
»Hör zu«, antwortete er, »mir ist es schnuppe, und wenn’s in der Ilias stände. Diese jungen Schnösel hatten nun mal keine Achtung vor einem großen amerikanischen Dichter!«
Die Party fand in einem der New Yorker Fünfzehn-Zimmer-Apartments mit diesen auf Hochglanz polierten Parkettfußböden statt. Alle Teppiche waren aufgerollt und über Nacht im Kinderzimmer deponiert worden. An den Wänden hingen fünfundzwanzig kostbare Gemälde, die dem Betrachter Visionen von Landschaften mit geschmolzenem Schnee vorgaukelten, nur mit reiner Leinwand und ein paar Pinselstrichen.
An der Eingangstüre, wo der Butler vergeblich versucht hatte, ihre Namen auf der Besucherliste wiederzufinden, hatten die beiden Partisanen nur schnell was genuschelt und sich an ihm vorbeigedrängt. Dann ging die Arbeit los. Um seine Absinth-Trinker-Ambitionen zu verwirklichen, schleppte Ron zwei Herausgeber der Time (älteren Kalibers), und einen prominenten Zeitungskritiker auf die Toilette und schloss sich dort mitsamt einer Ladung Hasch ein — was draußen zu einer Ansammlung von Leuten mit schwacher Blase führte.
Al schlüpfte inzwischen ins Schlafzimmer und rief seine Frau in der Bronx an. Nachdem sie endlich aus ihm rausgequetscht hatte, wo er war, fragte sie: »Wie kommt es eigentlich, dass du mich nie mitnimmst zu deinen Parties?«
»Meine Karriere, Baby, das mach ich doch nur für meine Karriere! Ich könnte wirklich nicht behaupten, dass ich auf diese Sorte Feten stehe ...«. Mechanisch glitt seine Hand von Manteltasche zu Manteltasche, den ganzen Stapel durch, der auf dem Bett lag.
»Na schön. Aber bring wenigstens