Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition). Ed Sanders

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Название Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition)
Автор произведения Ed Sanders
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783862870998



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sie mindestens fünfhundert Briefe losgeschickt, die meisten davon an J. Edgar Flabflab, und darin die »Vergehen« ihrer Freunde und Bekannten ausgeplaudert. Und bei dem ständig wachsenden Drogenkonsum unseres Jahrzehnts konnte sie den Schweinen vom Drogendezernat in den letzten Jahren wirklich ein paar saftige Stories liefern.

      Sprecher B: Emil Cione. Alle drei Jahre preisgekrönter Autor eines neuen Gedichtbandes. Er hat auch mal einen Bestsellerroman geschrieben, The Mountain of Reason, und der hat nur deshalb keinen Preis gekriegt, weil die zentrale Figur in diesem Buch einen Prozess in Gang setzte. Das ganze Ding basierte nämlich auf dem Privatleben eines Literaturkritikers, der es gewagt hatte, Ciones ersten Gedichtband anlässlich einer Besprechung im New York Herald Tribune zu verreißen. Aber diese Sache sparen wir uns lieber für eine andere Story auf. Cione betätigt sich nebenbei als Immobilienspekulant, ein Hobby, auf das er schon als junger Bursche stieß, als er in einer Vorlesung über die präsokratischen Philosophen von dem berühmten Oliven-Coup des Thales von Milet erfuhr:

      Damals hatte sich irgend so ein neunmalkluger Besserwisser an den berühmten Mathematiker und Astronomen herangemacht und ihn gefragt: »Man sagt, Ihr seid sehr klug, Thales, wie kommt es dann, dass Ihr so arm seid und eure Tage in dieser erbärmlichen Hütte verbringen müsst?« Thales ließ seine Augen über den winterlich verhangenen Himmel schweifen und erkannte, dass die Olivenernte dieses Jahr besonders reich ausfallen würde. Am nächsten Tag kaufte er alle Olivenpressen in Milet und Chios auf, und als die Ernte dann tatsächlich alle Erwartungen übertraf, verpachtete er sie zu Wahnsinnspreisen und sahnte höllisch ab. Und der junge Cione war nur allzu gern bereit, sich dieses Gleichnis auf die Stirn tätowieren zu lassen.

      »Meine Olivenpressen sind die Grundstücke und Häuser auf dem oberen Broadway. Die werden eines Tages alle mir gehören!« erzählte Cione einmal einem entsetzten Freund im Vertrauen. Übrigens sind einige der schönsten Verse, die je ein vom CIA finanziertes Magazin zierten, entstanden, während Cione sich in den Büros vom Vermessungsamt herumdrückte, in alten Flurkarten schmökerte und versuchte, die »strittigen Fälle« herauszupicken, d. h. solche, wo möglicherweise ein paar Meter Grenzlinie die tollsten Kontroversen entfachen und vielleicht sogar einen Prozess verursachen konnten.

      Cione konsumierte viel zuviel Amphetamin, um nebenher auch noch zum Säufer zu werden — das kam erst später; als er in Todesangst das Speed absetzte, weil ihm die ersten Zehennägel ausfielen. Überall prahlte er mit seiner politischen Überzeugung, die angeblich von Pindar und Simonides abstammen sollte — er verstand sich als ein Poet des Kalten Krieges unter anderen KK-Poeten. Jedenfalls hatte er seine Füße tief ins russenfeindliche Eis getaucht. Aber vielleicht sind wir jetzt ein bisschen unfair, denn andererseits hatte Cione immer ein offenes Ohr für seine Studenten und trauert heute noch den verlorenen Kameraden seiner Jugend nach.

      Dafür verabscheute er jede Art von Schmutz und Schund. Schon bei der Vorstellung des »verschwitzten Durcheinanders«, das entstand, wenn sich Proleten zu den schrillen Klängen von lausigen Saxofonen auf ihren fleckigen Matratzen wälzten, schüttelte er sich vor Ekel. Dreck war sein Albtraum. Dabei war alles, was er wirklich vom Ansehen kannte, der Mist, der bei den Hinterzimmerversammlungen der kommunistischen Zelle verzapft wurde, der Dreck unter den Fingernägeln von North-Beach-Bewohnern und vor allem die Verkommenheit der Dirt Road — so hieß damals noch das bulgarische Nuttenviertel am Times Square. Der Gedanke an ein Objekt, das man ihm in den Arsch rammte — ein Akt, der manchmal in den Versen der Beats geradezu verherrlicht wird, — verfolgte ihn bis in seine grellen Träume und brachte ihn fast in die Klapse. Tatsächlich wies auch die psychiatrische Studie, die der CIA von ihm angefertigt hatte, auf die Existenz eines immer wiederkehrenden Albtraums hin, in dem ein stoppelbärtiger Beatnik Cione seinen stinkenden, kotzegeschwängerten Atem in den Nacken bläst, während er ihn in den Arsch fickt und gleichzeitig zwingt, Podhoretz’ Artikel »Die unwissenden Bohemians« aus dem Partisan Review vorzulesen, den er mit zitternden Händen umklammert hält.

      Sprecher C: Corgere »Cheevy« Samuelson. Säufer. Vor der Ehefrau verborgen, stapeln sich fünfzehnhundert leere Seagram’s-7-Flachmänner in ihrem nicht benutzten Heizungskeller. Früher war Cheevy mal Amerikas größter Experte für den proletarischen Arbeiterroman gewesen, aber das war zu einer Zeit, als Amerika sich um solche Sachen noch kümmerte. Seine Karriere hatte mit einer so rasanten Explosion begonnen, dass sich die Agenten des New Yorker Verfassungsschutzes als Dichter tarnten und ihm in den Nächten der Großen Depression von einer Kneipe im Greenwich Village zur anderen folgten. Mittlerweile aber hatte Cheevy sich gründlich verändert. Inzwischen pisste er sich beinahe in die Hosen vor lauter Angst, dass man ihn für einen Sympathisanten halten könnte. Wo sollte er denn schließlich seine siebenundzwanzigtausend Bücher unterbringen, falls er eines Tages ganz plötzlich auf Tauchstation gehen müsste?

      Insgeheim bewahrte er sich eine große Bewunderung für Stalin und die chinesische Kulturrevolution. Aber seine Empfindsamkeit hatte er inzwischen wenigstens soweit sublimiert, dass er nicht länger Gedichte über Hobo-Camps im Mittelwesten verfasste, derweil er selbst in der Bibliothek der Yale-Universität hockte. Später, während er noch geduldig auf die magentarote Astralprojektion über dem Weißen Haus wartete, wurde er über Nacht zum reichen Mann — seine Familie hatte ihm die Buchladenkette, die sie in verschiedenen Collegestädten aufgezogen hatte, vererbt.

      Aber wir dürfen auch nicht allzu hart mit Mr. Samuelson umspringen, denn gerade heute Abend standen ihm die Tränen in den Augen, so unglücklich und verzweifelt war er — just an diesem Tag hatte nämlich Viking Press ein Buch mit Essays von ihm abgelehnt, eine Nachricht, die noch nicht bis zum Tisch der Diskussionsteilnehmer vorgedrungen war.

      Sprecher D: Warner Cleftine, Chefherausgeber des Foment-Magazins und Moderator des Symposiums. Sein weißes Haar fiel ihm in einer hübschen weichen Conway-Twitty-Tolle auf die leicht gewölbte Stirn. Ein Muster an Ernsthaftigkeit. Die kleinste Ungerechtigkeit machte ihn rasend. Und keiner konnte ihm das Wasser reichen, als es ein paar Jahre später während des Krieges darum ging, Geldmittel zu beschaffen, mit denen man die Musterungsbehörde schmieren konnte. Er war ein Meister der Strategie. Seine Freunde holte er aus dem Wehrdienst wieder heraus, indem er andere Freunde und ehemalige Kommilitonen im Ausschuss anrief. Aber das ging auch nur so lange gut, bis ’Nam schließlich sogar Freund gegen Freund aufbrachte.

      Für befreundete Schriftsteller konnte Warner bei mysteriösen und nie genannten Quellen volle siebenhundertdreißig Tage finanzielle Sicherheit und soziales Ansehen lockermachen. Im ersten Jahr kriegten sie die unglaubliche Summe von zwölfhundert Dollar aus dem Guggenheim-Fonds und im Zweiten ein Rockefeller-Stipendium. Die Ahhhs und Ohhhs seiner Freunde überschlugen sich nur so.

      Außerdem war er Spezialist, wenn es um Einladungen zu irgendwelchen staatlich geförderten Konferenzen ging. Unter seinem Bett hatte er immer einen fertig gepackten Koffer liegen.

      Sprecher E: John Farraday. Das Äußerste an einem Beatdichter, den man überhaupt dazu bewegen konnte, an dieser Gesprächsrunde teilzunehmen. Im Grunde war Farraday eher ein hartgesottener Hipster als ein Beatnik. Er schwamm im Strom der Energie mit, die von der Bewegung ausging, aber er war kein echter Gläubiger. So was Ähnliches wie diese Macker, die bis 1970 warteten, ehe sie gegen den Vietnamkrieg protestierten.

      Farraday fühlte sich mächtig schuldig, weil er es einfach nicht fertigbrachte, spontan zu schreiben. Für jeden Absatz brauchte er tagelang, und das lag nicht etwa am kreativen Kampf eines Josef Conrad, sondern an dem endlosen »Warum? Warum? Warum?«, das er — mit dem Kopf auf der Olivetti ­ vor sich hinmurmelte.

      Es war schon merkwürdig, dass Farraday sich bereit erklärt hatte, bei der Diskussion mitzumachen. Manche schrieben das dem Druck seines Agenten zu. Andere glaubten, dass er betrunken war, als man ihn fragte. Dann hatte er es vermutlich vergessen und erst der schreckenerregende Dankesbrief vom Foment half ihm wieder auf die Sprünge. Er hatte übrigens eine selbstquälerische Neigung, andere zu beleidigen, und das war möglicherweise auch ein Grund für sein Erscheinen — sozusagen als Pfeffer für einen ohnehin langweiligen Abend.

      Sein Geheimnis: Er ist aktives Mitglied im 26. Grad bei einer Sekte von Kali-Anbetern. Dabei liebt er seine