Название | Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition) |
---|---|
Автор произведения | Ed Sanders |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870998 |
Das Geschäft lief nicht schlecht. Es schien fast so, als wollte sich das Symposium mit all seinem Beerdigungsgeschwafel Lügen strafen, denn paradoxerweise fand es grade zu Beginn einer Periode statt, in der die Nachfrage nach der Beat-Literatur, wenigstens seitens der Bibliotheken, enorm anstieg. Urplötzlich stand den Budgets der College-Bibliotheken massenhaft überschüssige Kohle zur Verfügung, um Beat-Relikte und Manuskripte zu erwerben. Am Abend des Symposiums zum Tod der Beat-Generation verhökerte Crabhorne beispielsweise einen kompletten Satz des Magazins Beatitude für fünfundzwanzig Kröten an einen Bevollmächtigten der Ohio-State-Universitätsbibliothek. Und der Kurator der Harris Collection an der Brown University Library — zwinker Howard Hunt zwinker zwinker — ließ am selben Abend ein kleines Vermögen für die frühe Ginsberg-Korrespondenz springen. Eine signierte Erstausgabe von On the Road (»Für Martin Buber«) mit unbeschädigtem Schutzumschlag brachte 17,50 Dollar. Und die ganze Zeit über wimmelte es nur so von Parnassus-Jüngern; mehrere Poeten kamen am Stand vorbei und signierten ihre Bücher gleich stapelweise.
VIII
Inzwischen war auch Emil Cione mit einer devoten und im übrigen recht zynischen Gefolgschaft von Studenten eingetroffen.
IX
Finanziert wurde das Symposium übrigens vom Foment Magazine, das wegen seiner Förderung exzellenter Literatur und liberalen, fast schon sozialistischen Gedankenguts seit siebenunddreißig Jahren an der Spitze aller Literaturzeitschriften überhaupt stand. Foment war in der Tat so radikal, dass es von der Literaturabteilung der CIA regelmäßig übergangen wurde, wenn es um die Gewährung von Zuschüssen oder verkappten Stipendien ging. Nach dem Krieg gab es ein paar Jahre, in denen kaum einer gewagt hätte, das Café Figaro ohne die letzte Ausgabe vom Foment zu betreten. Überall begegnete man Typen mit zusammengerollten Exemplaren, die sie gerade weit genug unter dem Jackett herauslugen ließen, dass man das Cover erkennen konnte.
Für diejenigen, die den Pulsschlag der Kultur aus nächster Nähe beobachteten, war es unmöglich, die Beats zu ignorieren. Die Informationen, die sich in den Köpfen des Verlegerteams vom Foment angesammelt hatten, unterschieden sich jedoch kaum von dem enormen Pressewirbel, den Howl oder On the Road entfacht hatten — und möglicherweise auch das Häuflein von Poeten, das sich in den Mittfünfzigern in San Francisco zusammengefunden hatte. Der Wahnsinnskick an der Sache, Entstehung, Geist und die fieberhafte Erregung des Phänomens waren dem Horizont der Fomenter glatt entgangen. Selbst die, die mit der Bewegung eigentlich sympathisierten, hielten sich zurück; man hatte fast den Eindruck, als schämten sie sich, einen elitären Kreis »neobuddhistischer Spinner, die an Erleuchtung leiden«, mit dem Lorbeerkranz ihrer Anerkennung zu schmücken. Und so kam es, dass man die Literatur der BG mit einer Art weiser Weltkenntnis und zitatenverschmierter Stichelei kritisierte — einer äußerst vorsichtigen Mischung allerdings, mit massenhaft eingebauten Hintertürchen. Denn diese Rezensenten hatten weder Bock, jetzt als Spießer dazustehen, noch später von der Nachwelt als ein Haufen ausgemachter Trottel abgetan zu werden. Schließlich fanden sich ja in der Literaturgeschichte Beispiele genug — man denke nur an die scharfzüngigen Kritiker Keats’.
Oder anders gesagt, das Interesse der aufsässigen Jugend musste sehr sorgfältig gelenkt werden, richtig? Und wenn man seine Autorität nicht ganz verlieren wollte, durfte man sich keinesfalls dazu hinreißen lassen, mitten in einer Tristan-Tzara-Dichterlesung Flugblätter und faule Tomaten auf die Bühne zu feuern, stimmt’s? Schließlich war jedermann klar, wie das Schicksal solcher Literaturverächter häufig genug aussah: Spätere Jahre, gar Jahrhunderte legten sich ganze Zettelkästen über sie an und plötzlich gab es jede Menge spitzer Federn, die geradezu darauf brannten, die Verächter zu erledigen. Eingedenk dessen hielten es die Herausgeber des Magazins für angemessen, zu Ehren ihrer kürzlich verblichenen BG-Kameraden eine fromme Totenwache, wie es so schön heißt, zu arrangieren.
Das Programm des Symposiums zum Tod der Beat-Generation sah folgendermaßen aus: Die erste Hälfte war den Ursprüngen und dem sozialen Hintergrund der Bewegung gewidmet. Es ging los mit (hoffentlich!) kurzen Einführungsstatements der fünf aktiven Teilnehmer, an die sich dann die erste Gesprächsrunde anschließen sollte, bei der den Rednern Gelegenheit gegeben werden sollte, gegenseitig zu ihren Ausführungen Stellung zu nehmen.
Danach folgte eine zwanzigminütige Pause; mit Abstand der Höhepunkt des ganzen Abends. Was konnte aufregender sein, als nach Herzenslust zu klatschen und zu tratschen, zum hundertsten Mal die Vergangenheit durchzukauen, mampf mampf, und nebenbei noch schamlos ein Gesicht nach dem anderen strengstens unter die Lupe zu nehmen?
Die zweite Hälfte der Veranstaltung würde sich mit liebevollem Verständnis den Wurzeln der Krankheit widmen, also dem besagten Verfall und Tod der Beat-Generation. Zum Schluss war noch eine Fragestunde vorgesehen, bei der die Diskussionsteilnehmer auf die Fragen des Publikums eingehen sollten.
Auf den Sitzen der Furie Hall hatten die Veranstalter Programmzettel verteilt und ihnen ein weißes Blatt für die Fragen beigelegt, da man verständlicherweise ein beträchtliches Maß an Bissigkeiten aus dem Publikum befürchtete. Ehe es dann endlich losging, wanderten Handlanger der Foment-Verleger durch die Gänge und sammelten die Blätter wieder ein.
Kurze Zeit später lag der dicke Stoß vor dem Moderator in der Mitte der Runde. Die Frageblätter erinnerten ihn verdächtig an den Abschaum der allmorgendlichen Foment-Leserbriefe. Er überflog ein paar Fragen und fuhr zusammen.
»Kann man bei der modernen Romaninterpretation noch von einem Sinn für das Göttliche sprechen?« lautete die erste Frage. »Wird das göttliche Bewusstsein die Supernova überleben?«
»Hat die Atombombenexplosion von Hiroshima eigentlich auch menschliche Seelen zerstört?«
»Warum wurde Norman Podhoretz nicht in die Gesprächsrunde aufgenommen?« Und, auf dem gleichen Blatt: »Warum hat Mr. Cione 1954, als er noch als Lektor für Random House tätig war, es abgelehnt, seinen Verlag zum Druck des großen amerikanischen Romans Spine of Ferrows Willow zu überreden?«
»Ach du lieber Himmel«, stöhnte der Moderator diskret, »das kann ja heiter werden!«
Unmöglich können wir die intellektuelle Totenwache zu Ehren der Beatniks hier in allen Einzelheiten schildern, schließlich wollen wir euch in dieser Story noch auf der Afterparty des Symposiums sehen. Ihr könnt euch aber für circa zweihundertfünfzig Dollar von der Library of Congress eine Transkription des Ganzen auf Mikrofilm zuschicken lassen. Dort hat die CIA-Abteilung für dichterische Aktivitäten sie nämlich deponiert — nach Inspektion und Analyse wohlgemerkt.
Wichtiger ist es, euch ein paar Kleinigkeiten über die Diskussionsteilnehmer und natürlich auch unsere beiden Partisanen von der Kartoffelfront zu verraten. Aber haltet uns bitte nicht für indiskret, wenn wir dabei auch einige eklatante Knackser in den Facetten ihrer Diamantenseelen zutage fördern.
Sprecher A: Doris L. Malik. Sogenannter Schlaukopf. Texterin, Herausgeberin, Schriftstellerin, Säuferin. Atheistin aus mangelnder Erfahrung auf dem religiösen Gebiet. Sie strengt sich immer mächtig an, in der Öffentlichkeit so gelangweilt wie nur was zu erscheinen, denn schließlich »war ja sowieso alles schon mal da«. Als sie für die Gesprächsrunde ausgewählt wurde, sagte sie spontan zu; allerdings muss dazu angemerkt werden, dass bei den Programmdirektoren offenbar irgendwelche vagen Erinnerungen an die Zeit den Ausschlag gaben, als sie noch jung und knackig war und ihre Jugend mit den Poeten und Radikalen der frühen zwanziger Jahre vertat.
Damals hatten die Cafeterias des Village die Kellergeschosse aller New Yorker Museen reichlich mit Ölschinken eingedeckt, auf denen Doris L. Malik noch heute im Stil der Flintenweiber zu bewundern ist.
Und