Название | Wundersame Haustiere und wie man sie überlebt |
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Автор произведения | Stefan Cernohuby |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948695255 |
„Du meinst, das Ding vermehrt sich durch den sexuellen Kontakt mit Menschen und dann frisst es sie auf?“
„Genau! So denke ich mir das.“
„Weißt Du, wovor ich mich im Moment am meisten fürchte, Manolito?“
„Dass dem Biest lange Beine wachsen, es uns jagt und frisst?“
„Nein. Am meisten habe ich Angst davor, dass der Boss hier auftaucht. Er wird denken, Cassidy sei mit Jane abgehauen und dann wird er sich an uns rächen.“
Beim letzten Wort fuhr er mit dem Daumen über seine Kehle.
„Wir sind geliefert“, jammerte Sundance. „Was auch immer passiert ist, wir sind im Arsch, wenn wir nicht schleunigst die Fliege machen! Und zwar subito, bevor uns das Monster oder der Boss erwischt.“
Manolito nickte nur und die beiden begannen, alles an Lebensmitteln und Brauchbarem aus dem Bungalow zusammenzuraffen. Dann warfen sie alles samt ihrer Habseligkeiten in das Cabrio und flohen mit Janes Wagen.
„Du weißt schon, dass wir gerade einen Oldtimer geklaut haben?“, fragte Manolito.
„Klar weiß ich das! Na und? Das sind doch Peanuts. Wenn Du die Wahl hast, von einem Alien gefressen oder von einem amoklaufenden Boss erschossen zu werden, ist die Entscheidung einfach: Nimm das Auto und hau ab!“, antwortete Sundance und drückte das Gaspedal durch.
Ich erwachte. Mit geschlossenen Augen überprüfte ich meinen Körper, checkte die Beweglichkeit aller Gelenke vom Kiefer bis zu den Zehen. Alles schien in Ordnung zu sein. Mehr als in Ordnung, ich fühlte mich gut. Es war, als erwachte ich aus einem erholsamen Schlaf. Ich setzte mich auf, dann erst öffnete ich die Augen, – um sie gleich wieder zu schließen. Nach einigen tiefen Atemzügen wagte ich einen zweiten Blick und betrachtete die Landschaft. Ich war auf keinen Fall in Santa Barbara. Und auch nicht irgendwo anders in Kalifornien. Eigentlich durfte es solch eine Gegend gar nicht geben. Ich sah Bäume mit blauen Strahlen, ich sah in allen Farben schillernde Pfade, die kreuz und quer durch die Landschaft führten und ich sah in der Ferne einen Berg mit einer roten Aura.
„Auch schon aufgewacht?“, ertönte eine Stimme hinter mir.
Ich erschrak. Erst nach einigem Zögern drehte ich mich vorsichtig um – hinter mir stand Jane.
„Schön, dass ich nicht mehr alleine hier bin. Du hast sicher auch keine Ahnung, wo wir sind?“
„Nein, definitiv nicht.“
„Woher kommt eigentlich dieses Wohlfühl-Kuscheltier?“, wollte Jane wissen.
„Von ZOOSP – Zoo Sensational Pets in Santa Barbara, nicht weit von der Küste“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Ja, und die Milch kommt aus dem Tetra Pak und das Steak vom Metzger! Ich will wissen aus welcher Gegend, welchem Land, welchem was-auch-immer dieses Tier kommt!“
Ich weiß nicht, ob ich rot geworden bin, aber meine unüberlegte Antwort war mir im Nachhinein ziemlich peinlich. Laut sagte ich: „Sorry, das hatte ich vergessen. Sundance erzählte, dass es entweder aus einem Labor in China oder vom Uluru in Australien stammt. In den Einfuhrpapieren stand die Bezeichnung ‚Papatahi‘.“
„Na geht doch! Man muss Dich nur nerven.“ Jane lachte.
Ich mochte dieses Lachen.
„Für ein verunglücktes Gen-Experiment halte ich das Tier nicht. Dazu ist seine Ausstrahlung viel zu positiv“, sagte sie. „Und nachdem ich beim exzessiven Streicheln und Kraulen eine Bauchtasche gespürt habe, bin ich mir absolut sicher, dass es aus Australien stammt.“
„Okay, klingt logisch und überzeugend. Aber wo sind wir? Nach Australien sieht die Gegend hier nicht aus.“
Ich deutete mit einer ausladenden Geste auf die bizarre Landschaft, die uns umgab.
„Real ist anders“, stimmte Jane mir zu. „Das ist wie auf einem LSD-Trip. Oder als ob man einen halluzinogenen Pilz gegessen hat.“
Ich wagte nicht zu fragen, woher sie wusste, wie LSD- oder Pilzvisionen aussahen.
Als langjähriger Phantastik- und Science-Fiction-Leser schlug ich eine drogenunabhängige Version vor: „Entweder sind wir auf einem anderen Planeten oder in einer Parallelwelt.“
Jane nickte. „Du hast doch mehr Grips, als ich von einem Bungalow-Aufpasser erwartet habe“, sagte sie anerkennend.
„Aber …“, setzte ich an, aber sie unterbrach mich sofort.
„Das war nicht böse gemeint. Ein Scherz. Sicher hast Du mehr in der Birne und jeder hat mal eine schlechte Phase im Leben und muss miese Jobs bei miesen Typen wie Billy machen. Für mich ist meine Anwesenheit bei ihm auch nur temporär.“
„Jetzt bist du ihm ja quasi durch einen Notausgang entkommen.“ Wir lachten beide. Dann schlug ich vor, einem der bunten Pfade zu folgen.
Nach einer Weile sahen wir in einiger Entfernung eine aufrechte Gestalt. Mutig gingen wir weiter auf sie zu. Sie hob den Kopf in unsere Richtung, blieb aber ansonsten unbeweglich stehen. Als wir nahe genug waren, um Details zu erkennen, rief Jane: „Das ist ein Känguru!“
Bald erreichten wir das Tier.
„Ihr seht mich also als Känguru? Interessant!“
Ich sah Jane fragend an, sie schüttelte den Kopf, ich zuckte mit den Achseln und wir wandten uns wieder dem sprechenden Tier zu.
„Es ist so“, erklärte es, „Die meisten sehen mich als Regenbogenschlange. Andere als Waran und wieder andere, so wie ihr, als Känguru. Das liegt aber nicht an mir, sondern an euch. Hat irgendetwas mit dem archaischen Gehirn zu tun, sind wohl frühe Prägungen durch eure Ahnen.“
Bei Regenbogenschlange regte sich etwas in meinen Erinnerungen und ich fragte mutig das Tier: „Du meinst, wir sind in der Traumzeit der Aborigines?“
„Mit Meinung hat das nichts zu tun. Das ist Realität, aber nicht in dem Sinn, wie ihr Realität definiert. Und Traumzeit ist auch nicht das, was sich die Weißen darunter vorstellen. Mit dem Träumen hat das nichts zu tun, sondern mit allem, was existiert hat, existiert und existieren wird. Hier ist die Quelle für alles, was entsteht und das Archiv für alles, was vergeht.“
Das Känguru schien eingeschnappt zu sein. Aber das war wohl zu menschlich von mir interpretiert. Das Wesen fuhr fort: „Ihr seid auf einer Songline, auf einem Traumpfad zu mir gelangt. Allein die Tatsache, dass ihr hier seid, beweist, dass es wichtig ist. Für das Gefüge, für die Ahnenwesen, für die Künftigen. Und natürlich für euch.“
„Das klingt aber sehr groß für zwei kleine Menschlein wie uns beide“, wandte Jane leise ein.
„Keiner ist klein und keiner ist groß! Jede und jeder ist wichtig. Die Traumzeit ist der Entstehungsort von allem und alles kehrt hierher zurück, um die Energie für Neues zu werden. Jeder eurer Atemzüge ist hier aufgezeichnet. Und alles, was noch kommen wird, hat hier seinen Ursprung. Seht diese Landschaft! Sie träumt. Sie ist die Verkörperung der mystischen Wirklichkeit“, erwiderte das Känguru, das die meisten als Regenbogenschlange sehen.
„Aber wir entstammen einer ganz anderen Kultur. Das ist alles so fremd“, versuchte ich mich zu rechtfertigen.
„Die Traumzeit ist mit allem und jedem verbunden. Es gibt in ihr kein fremd. Was sich auf der Erde bewegt, was kreucht und fleucht, alles hat eine Verbindung hierher. Auch ihr beide. Ihr habt zwei Möglichkeiten: Die eine, ihr bleibt hier und findet heraus, warum ihr hier seid. Ihr hättet die Chance, das Prinzip zu erkennen und zu verstehen. Oder ihr geht zurück in das, was ihr Realität nennt. Ich habe die Macht, euch das Tor zu öffnen. Die Entscheidung