Lebenswelten und Verfolgungsschicksale homosexueller Männer in Baden und Württemberg im 20. Jahrhundert. Julia Noah Munier

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Auskunft über die persönlichen Verhältnisse der Gefangenen geben, dass vermittels dieser die Tatumstände, die herangezogenen rechtlichen Bestimmungen und das Strafmaß deutlich werden.48 Darüber hinaus enthalten sie Informationen über Alter, Namen, Herkunft und die Nationalität der Verurteilten. Buddrus betont:

      Sind aber beispielsweise Quellen miteinzubeziehen, die u. a. darüber Auskunft geben, dass erwachsene Männer über 21 Jahren sexualisierte Gewalt an männlichen Personen zwischen 14 und 21 Jahren verübten? Sind also beispielsweise Gerichtsurteile nach § 175 a, Nr. 1 (Anwendung von Gewalt) in diese Studie miteinzubeziehen und damit auch die auf diesen Urteilen basierenden Verfolgungsschicksale historischer Personen? Ähnlich brisant erscheint die Einbeziehung von Quellen und damit von Verfolgungsschicksalen, die auf Verurteilungen nach § 175 a, Nr. 2 (Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses) zurückgehen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass derartige Straftatbestände über ihre strafrechtliche Bedeutung hinaus von den historischen Akteuren der Verfolgungsinstitutionen genutzt werden konnten, um gegen politisch missliebige Personen vorzugehen.

      Einzuräumen ist, dass die Quellen und Urteile, in denen Personen nach § 175 a, Abs. 1 u. 2 verurteilt wurden, möglicherweise seltener explizit Auskunft über Lebenswelten homosexueller Männer geben. Dennoch sollten sie in Bezug auf die Dokumentation von Verfolgungsschicksalen berücksichtigt werden. Fasst man den Begriff der »homosexuellen Männer« hier sexologisch und nicht explizit identitätspolitisch, dokumentieren diese Quellen ebenso Verfolgungsschicksale homosexueller Männer.