Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740937553



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wir uns mal deine Verletzungen an.«

      »Tut gar nicht sehr weh«, sagte Stefan. »Brennt nur.«

      Daniel nahm ihn bei der Hand. »Wie alt bist du?«, fragte er.

      »Sieben.«

      »Und wer ist Tante Hella?«

      »Mamas Schwester. Mama habe ich ja gar nicht gekannt. Ich war noch ein Baby, als sie gestorben ist, aber so wie Tante Hella kann sie doch nicht gewesen sein.«

      »Wie ist Tante Hella?«, fragte Daniel beiläufig.

      »Affig, und dauernd hat sie Migräne«, erwiderte Stefan.

      »Migräne kann einem schwer zu schaffen machen«, erklärte Daniel.

      »Aber sie hat nie Migräne, wenn sie ausgeht, oder wenn Papi daheim ist. Da tanzt sie um ihn herum und kichert dämlich«, sagte Stefan.

      Daraus konnte Daniel schon einiges entnehmen. Er meinte auch, dass der Junge nun ein wenig abgelenkt sei, aber es vergingen nur ein paar Sekunden, dann sagte Stefan beklommen: »Aber wenn der Dame was ganz Schlimmes passiert ist, wird Papi mich auch nicht mehr mögen, und dann ist alles aus.«

      »Ich habe dir gesagt, dass sie genauso schuld war wie du, Stefan«, erklärte Daniel. »Ich habe es gesehen und kann es bezeugen.«

      »Aber sie wollte mich nicht überfahren«, flüsterte der Junge. »Sie wollte es nicht. Ich habe mich umgedreht und ihr Gesicht gesehen. Sie sah aus wie ein Geist.« Und dann weinte er wieder.

      *

      Fee lief verstört in der Praxis umher. »Mein Gott, wo bleibt Daniel nur«, flüsterte sie. »Es wird doch nichts passiert sein.«

      »Er kommt schon«, sagte Helga Moll tröstend, obgleich sie sich nicht weniger Gedanken machte. Es war immerhin schon neun Uhr vorbei, und anrufen hätte der Doktor wenigstens können, meinte auch sie.

      Fee hatte schon in der Klinik angerufen, aber da hatte man ihr gesagt, dass Dr. Norden schon so um acht Uhr herum weggefahren sei. Es war verständlich, dass Fee sich Sorgen machte. Und sie schrie erleichtert auf, als er nun durch die Türe trat. Den Jungen an seiner Hand sah sie gar nicht.

      »Daniel, Liebster«, flüsterte sie bebend, »ich habe mich so geängstigt.«

      »Daran bin ich nun auch noch schuld«, murmelte Stefan.

      »Das ist der Grund«, sagte Daniel und schob den Jungen vor, »und noch was anderes. Reg dich doch nicht auf, Fee. Ich bin ja da.«

      »Na, Gott sei Dank«, sagte Hella Moll.

      »Molly, können Sie den Kleinen mal bemuttern?«, fragte Daniel Norden. »Ich muss mich erst waschen.«

      Bericht erstatten wollte er seiner Frau nebenbei auch noch.

      »Was hast du denn angestellt?«, fragte Molly den Jungen.

      »Sag ich lieber nicht, sonst schmeißt ihr mich raus. Der Doktor ist ja nett, aber sonst kriege ich bestimmt was aufs Dach.«

      »Sehe ich aus, als würde ich beißen?«, fragte Molly.

      »Nö, und Molly klingt auch gemütlich«, sagte Stefan, »aber du weißt ja nicht, was ich gemacht habe.«

      »Du kannst es mir erzählen«, sagte sie. »Ein hübsches Loch hast du in der Hose und im Knie auch.«

      »Hübsch ist das nicht. Tante Hella wird wieder keifen. Es war nämlich so, dass ich nicht zu spät in die Schule kommen wollte. Dann bin ich über die Straße gelaufen, und da kam ein Auto. Und dann ging alles schnell, aber viel habe ich nicht abgekriegt. Lieber wär’s mir, ich würde im Unfallkrankenhaus sein, und die Dame könnte reden. Aber sie kann nicht reden, Molly. Sie wird doch nicht tot sein?«

      »Reg dich jetzt nicht auf, Stefan«, tönte da Dr. Nordens Stimme durch den Raum. »Meine Frau verarztet dich, und nachher reden wir in aller Ruhe miteinander.«

      Aus tränenvollen Augen sah Stefan Fee an. »Es tut mir ja so leid, so sehr leid. Auch dass du dich aufgeregt hast, Frau Doktor.«

      Fee wusste nun schon Bescheid, und liebevoll nahm sie den Jungen in den Arm.

      »Was geschehen ist, ist nicht mehr zu ändern, Stefan«, sagte sie beruhigend. »Wir wollen hoffen, dass dein Papi der Dame helfen kann. Jetzt werde ich dich mal untersuchen. Bist du einverstanden?«

      Er nickte. »Nur nicht zu Tante Hella«, flüsterte er, »bitte, nicht zu Tante Hella.«

      »Na, das muss ja ein Drachen sein«, brummte Molly.

      Professor Martin Albrecht stand indessen am Operationstisch vor dem Unfallopfer. Es war eine junge Frau und wenn man von den Gesichtsverletzungen absehen wollte, eine sehr schöne Frau. Vielleicht Mitte zwanzig, vielleicht auch älter. Ein klassisch geschnittenes Gesicht, das ganz still war.

      Professor Albrecht hatte getan, was er konnte, und so, als hätte er nicht die ganze Nacht gewacht. Seine Hände waren sicher gewesen, seine Konzentration so, wie man es von ihm gewöhnt war.

      Er hatte an seinen Jungen gedacht, seinen einzigen Sohn, der diesen Unfall mitverschuldet hatte. Er hatte gedacht: Sie darf nicht sterben. Stefans Leben darf nicht mit solcher Schuld belastet werden.

      »Sie haben getan, was Sie konnten«, sagte die Oberschwester theatralisch. »Nun müssen wir auf Gottes Hilfe hoffen.«

      Der Professor reagierte nicht. Er blieb stumm, und stumm ging er auch hinaus. Sein Assistenzarzt folgte ihm.

      »Sind die Personalien bekannt?«, fragte Professor Albrecht tonlos.

      »Ich werde mich sofort erkundigen, Chef«, sagte der junge Arzt.

      »Ich bitte darum. Sie finden mich in meinem Zimmer. Die Visite soll der Oberarzt übernehmen.«

      Er setzte sich an seinen Schreibtisch und stützte den Kopf in beide Hände. Er war so müde, so erschöpft, und doch vibrierten seine Nerven.

      Dr. Schilling kam leise herein. Sein Klopfen hatte Professor Albrecht überhört.

      »Sie wollten die Personalien haben, Chef«, sagte Dr. Schilling.

      »Ja, bitte!«

      »Sie heißt Kerstin Torstensen, ist Schwedin, Architektin. Die genaue Adresse wissen wir noch nicht.«

      »Man soll versuchen, sie in Erfahrung zu bringen«, sagte der Professor. »Man muss ja die Angehörigen verständigen. Ist sie verheiratet?«

      »Im Pass steht nichts.«

      Neunundzwanzig Jahre alt, dachte Martin Albrecht. Neunundzwanzig war Irene, als sie starb. Irene, Stefans Mutter. Auch sie war jung und schön gewesen. Aber sie war im Bett gestorben; im Kindbett. Und er hatte ihr nicht helfen können und auch kein anderer.

      »Sie müssen jetzt schlafen, Herr Professor«, sagte Minuten später die Oberschwester. »Sie sind rund um die Uhr auf den Beinen.«

      Nach Hause fahren? Sich Hellas Gezeter anhören? Nein, das konnte er nicht. Er ging ins Ärztezimmer, aber als er seine müden Glieder ausgestreckt hatte, dachte er an Stefan.

      Dr. Norden, ging es ihm durch den Sinn. Friedrich Nordens Sohn. Die Insel der Hoffnung. Friedrich Nordens Lebenswerk. Erlebt hatte er es selbst nicht mehr, aber sein Sohn hatte seine Idee verwirklicht. Ein prächtiger Sohn. Sehr sympathisch. Er wird sich um Stefan kümmern, dachte Professor Albrecht, und dann schlief er ein. Die Natur verlangte ihr Recht.

      *

      Kerstin Torstensen war in ein schmales Zimmer gefahren worden. Ein Notbehelf, aber es war kein Krankenzimmer frei. Von der Verwaltung war der Bescheid gekommen, dass man auch erst wissen müsse, in welche Klasse man sie legen könne.

      Eine Ausländerin! Vielleicht war sie nicht einmal versichert, hatte die Oberschwester gemeint.

      »In Schweden braucht man keine Versicherung«, erklärte Dr. SchilIing kühl. »Da wird man auf Staatskosten ärztlich versorgt.«

      Er