Название | Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Norden Bestseller Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740937553 |
»Ich danke Ihnen, dass Sie so schnell gekommen sind«, murmelte Joachim Fichte. »Ich weiß, dass wir es nur Ihnen zu verdanken haben, wenn meine Frau und unser Baby am Leben bleiben.«
»Übertreiben wir es mal nicht«, sagte Daniel Norden mit einem flüchtigen Lächeln. »Gesunde Babys sind zäher als man denkt, und ein Arzt kann auch keine Wunder verbringen, wenn das Glück nicht auf seiner Seite ist.« Er legte seine Hand auf Joachim Fichtes Schulter. »Jedenfalls war es richtig, dass Sie mich anriefen. Viel Zeit durfte nicht verstreichen. Jetzt ist Ihre Frau bei Dr. Leitner in guten Händen, und ich werde mich darum kümmern, wie es ihr geht. – Was macht Ihre Hand?«, lenkte er dann ab. »Geht es mit dem Spielen?«
»Gut. Es wäre schlimm, wenn es nicht so wäre, in der heutigen Zeit ist man gleich weg vom Fenster, wenn es nicht mehr so geht. Vielleicht darf ich Ihnen mal eine Freikarte schicken, Herr Doktor.«
»Wenn schon, dann zwei«, erwiderte Daniel lächelnd. »Meine Frau und ich lieben klassische Musik. Nun schauen Sie sich aber wenigstens mal Ihren Stammhalter richtig an. Er sieht sehr manierlich aus. Wie soll er denn heißen?«
»Eigentlich hatten wir uns auf eine Tochter vorbereitet, aber wenn Sie nichts dagegen haben, nennen wir ihn Daniel.«
Auch ein Zeichen der Dankbarkeit. Daniel fand es nett.
»Drüben ist eine Imbissstube«, sagte er zu Joachim Fichte. »Stärken Sie sich, damit Ihre Frau sich nicht noch um Sie Sorgen machen muss. Frauen sind da nämlich ganz komisch. Ihre Schmerzen vergessen sie schnell, wenn sie ihr Kind im Arm halten.«
»Danke, Herr Doktor, nochmals vielen Dank«, stammelte Joachim Fichte.
Dr. Norden musste sich beeilen. Seine Sprechstunde hatte eigentlich schon angefangen.
Er traf in der Halle noch Dr. Dieter Behnisch.
»Du bist ein ganz schneller, Dan«, sagte der. »Eine Viertelstunde später, und es wäre nichts mehr zu machen gewesen.«
»Wird sie durchkommen?«, fragte Daniel.
»Wir geben uns Mühe.«
»Kümmert euch auch ein bisschen um ihren Mann. Er ist ein sensibler Künstler. Ich muss weiter, die Pflicht ruft.«
»Wir sehen uns doch bald?«, rief ihm Dieter Behnisch nach.
»Wenn die Grippewelle gebremst ist.«
Als er am Steuer seines Wagens saß, dachte er, dass es ein langer Tag werden würde, denn Hausbesuche standen mehr als genug auf dem Notizblock.
Er gab Gas, aber er fuhr dennoch vorsichtig. In der Nähe gab es mehrere Schulen, und er wusste sehr gut, wie unvorsichtig Kinder waren, wenn sie es eilig hatten.
Da sah er auch schon einen Jungen, der über die Straße rannte, als die Ampel schon auf Gelb geschaltet war. Und dann preschte von der anderen Seite ein Sportwagen über die Kreuzung.
Daniel trat auf die Bremse und hörte das Kreischen von anderen Bremsen. Wie ein Filmstreifen rollte die Szene blitzschnell vor seinen Augen ab. Der Junge wurde gestreift, er fiel hin, der Wagen schleuderte, prallte an eine Mauer und drehte sich um seine eigene Achse.
Dr. Daniel Norden dachte nicht mehr an seine Sprechstunde, nur noch daran, dass hier ein Arzt gebraucht wurde.
Er lief zu dem Jungen, der benommen, aber nicht bewusstlos war, der ihn voller Entsetzen anstarrte und stammelte: »Das wollte ich doch nicht.«
Dann lief Daniel zu dem Wagen. Er sah nur eine Flut rotbrauner Haare über dem Steuer. Dann, als er die Wagentür aufgerissen hatte, eine schlaff herabhängende Hand. Er fühlte den Puls, der so schwach war wie der von Frau Fichte heute Morgen. Dann waren Menschen um ihn herum, und ganz automatisch erteilte er Anordnungen.
Und dann tönte plötzlich wieder eine klagende Stimme an sein Ohr: »Ich wollte das nicht. Ich bin schuld.« Ein kleiner schmutziger Junge in zerrissener Kleidung stand dicht neben ihm und schrie dann gellend: »Bringt sie zu Papi. Papi muss ihr helfen!«
»Wer bist du?«, fragte Dr. Norden.
»Stefan Albrecht. Mein Papi ist doch Professor, er kann der Dame helfen.« Und dann schluchzte er wieder herzzerreißend.
Irgendjemand musste getan haben, was Daniel Norden verlangt hatte. Der Unfallwagen kam.
Professor Albrecht, dachte er. Ein berühmter Chirurg am Unfallkrankenhaus. Es war bekannt, was er in der Unfallchirurgie geleistet hatte. Persönlich war ihm Daniel Norden noch nie begegnet!
»Und du kommst gleich mit«, sagte er zu dem Jungen. »Ich bin nämlich auch Arzt.«
»Und von Tante Hella kriege ich auch noch eine Tracht Prügel«, sagte der Junge bebend. »Aber sie soll mich ruhig hauen, wenn die Dame nur wieder gesund wird.«
»Nun beruhige dich mal, Stefan«, sagte Daniel. »Du bist bei Gelb über die Kreuzung, aber die Dame auch. Schuld seid ihr beide.«
»Ich war so spät dran. Ich hatte verschlafen. Tante Hella hat mich nicht geweckt. Sie hat wieder Migräne.«
»Und deine Mutter?«, fragte Daniel geistesabwesend.
»Ich habe keine Mutter. Sie ist schon lange tot.«
Daniel holte tief Luft. »Und dein Vater ist Professor Albrecht?«
»Ich hab’s doch gesagt. Ich habe nicht gelogen. Papi hat einen schweren Fall, deshalb ist er die ganze Nacht im Krankenhaus geblieben. Sonst weckt er mich, wenn Tante Hella Migräne hat. Wenn die Dame bloß am Leben bleibt, sonst mag Papi mich auch nicht mehr.«
*
Professor Martin Albrecht hatte eine aufregende Nacht hinter sich und war eigentlich schon todmüde, als der Morgen graute. Dann war bei seinem schwierigen Patienten nochmals eine Kreislaufschwäche aufgetreten.
Es handelte sich um eine prominente Persönlichkeit, und man erwartete von ihm, dass dieser Mann seinen Unfall überleben würde. Es handelte sich um einen ganz gewöhnlichen Unfall. Der Mann war auf einer Marmortreppe ausgeglitten und hatte sich dabei unglücklicherweise das Rückgrat verletzt. Da er zudem schwer herzkrank war, hatten sich zusätzliche Komplikationen ergeben. Die Hauptschwierigkeiten lagen aber darin, dass dieser Mann einem außereuropäischen Staat angehörte, dessen Machthaber diesen Unfall als ein Attentat auslegen wollten.
Die Oberschwester hatte zum ersten Mal erlebt, dass der Professor an diesem Morgen zu einem Aufmunterungsmittel gegriffen hatte.
Und dann kam der Unfallwagen. Als nach Professor Albrecht gerufen wurde, winkte die Oberschwester ab. »Unmöglich«, sagte sie barsch.
Dr. Norden stand vor ihr. »Professor Albrechts Sohn ist in den Unfall verwickelt«, sagte er.
»Stefan?«, schrie sie auf.
»Was ist mit Stefan?«, fragte eine heisere Stimme.
Dr. Norden stand Professor Albrecht gegenüber. Er war etwas kleiner als er, und sein markantes Gesicht war grau.
»Was ist mit meinem Sohn?«, fragte er erregt.
Daniel Norden stellte sich vor. »Ihrem Sohn geht es gut, soweit ich es bisher feststellen konnte. Er hat jetzt vor allem Angst.« Und dann erklärte er rasch, was geschehen war.
»Mein Gott«, sagte Professor Albrecht. Und dann schien alle Müdigkeit von ihm abgefallen zu sein.
»Sie sind der Sohn von Friedrich Norden?«, fragte er überstürzt. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Können Sie sich um meinen Sohn kümmern? Ich muss mir die Verletzte ansehen.«
»Soll ich Stefan mit in meine Praxis nehmen?«, fragte Daniel.
»Macht es Ihnen nichts aus?«
»Nein.«
»Danke«, sagte Professor Albrecht und eilte schon davon.
Stefan saß schluchzend in einem Sessel.