Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Bestseller Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740937553



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      »Ich bin froh, wenn ich hier meine Ruhe habe«, sagte Kerstin, »aber wenn Ihr Sohn mich besuchen will, habe ich nichts dagegen. Ich möchte mich gern überzeugen, dass es ihm gutgeht.«

      Eine eigenartige Frau, stellte Professor Albrecht für sich fest. Für ihre eigenen Verletzungen schien sie sich überhaupt nicht zu interessieren. Und auch nicht dafür, welche Folgen es für ihren Beruf haben könnte, wenn sie jetzt für ein paar Wochen ans Bett gefesselt war.

      Sobald er sie ansah, verschloss sich ihr Gesicht. Und dann erklärte sie, dass sie jetzt gerne schlafen würde. Er spürte, dass sie weiteren Fragen aus dem Wege gehen wollte.

      *

      Tonio Laurentis hatte schneller von dem Unfall erfahren, als Kerstin lieb sein konnte. Er hatte ihren zerbeulten Wagen gesehen und sofort erkannt. Er hatte nun ziemlich schwere Gewissensbisse. Nicht sosehr deswegen, weil er so hart mit ihr gewesen war, sondern deshalb, welche Folgen für ihn erwachsen konnten, wenn Kerstin über die nächtlichen Vorgänge sprechen würde.

      Bei dem Gedanken, dass sie tot sein könnte, verspürte er doch eine menschliche Regung. Zwar nur eine flüchtige, aber immerhin doch eine. Ihm wäre es lieber, eine lebendige Kerstin, die gewagt hatte, ihn zurückzuweisen zu demütigen, als einer toten Kerstin einen Nachruf zu widmen.

      Im Atelier wusste man schon Bescheid, als er eintraf. Die Polizei war schnell gewesen und hatte Erkundigungen eingezogen. Tonio Laurentis wurde schweigend empfangen, aber mit einer sehr deutlichen Aggressivität, die ihn stutzig werden ließ.

      »Was ist denn los?«, fragte er in seinem gewohnten leichten Tonfall.

      »Kerstin ist verunglückt«, erwiderte Benno Deubler, der nie eine so gute Meinung von seinem Chef hatte wie Kerstin.

      »Bin ich etwa daran schuld?«, fragte Tonio spöttisch. »Was hat man so gehört?«

      »Wir haben in der Klinik angerufen, aber Besuche sind nicht gestattet.«

      Insgeheim atmete Tonio auf. Zu den Mitarbeitern konnte Kerstin also nichts sagen, und er war heraus aus dem Dilemma, weil der Unfall passiert war, bevor sie erfahren konnten, dass er Kerstin vor die Tür gesetzt hatte. Er konnte einfach sagen, dass ihr Verstand durch den Schock verwirrt worden sei. Er konnte vorerst Zeit gewinnen.

      »Ich werde mich selbstverständlich um Kerstin kümmern«, sagte er. »Aber wir wollen die Arbeit darüber nicht vergessen, meine Herren.«

      Er machte sich am frühen Nachmittag auf den Weg zur Klinik. Er hatte sich schon zurechtgelegt, wie er Kers­tin versöhnlich stimmen könnte. Stets von sich und seiner Wirkung überzeugt, hatte Tonio Laurentis nicht die geringsten Skrupel, Kerstins augenblickliche Hilflosigkeit auszunützen, denn er wusste sehr gut, wie prekär ihre finanzielle Situation durch den Kauf der Wohnung war.

      Dass er eine eindrucksvolle Persönlichkeit war, ließ sich nicht leugnen. Oberschwester Erika war für so viel umwerfende Männlichkeit sehr empfänglich, aber den Anordnungen ihres Chefs wagte sie doch nicht zuwiderzuhandeln.

      »Frau Torstensen darf keine Besuche empfangen«, erklärte sie. »Dazu müsste der Chefarzt schon persönlich die Erlaubnis erteilen.«

      »Na, dann fragen wir ihn doch«, sagte Tonio leger.

      »Ich werde mein Möglichstes tun«, sagte sie mit einem Augenaufschlag, der aber völlig wirkungslos von ihm abprallte. Da musste eine Frau schon anders aussehen, wenn sie sein Wohlwollen erringen wollte. Aber er lächelte, und sie war hingerissen.

      Professor Albrecht war mit Röntgenaufnahmen beschäftigt, als Oberschwester Erika hereingeschwebt kam.

      »Ja, was ist?«, fragte er.

      »Herr Laurentis möchte Frau Tors­tensen besuchen, dringend wie er sagt, und da ich mich an die Vorschriften halte …«

      »Wenn Sie sich daran halten, warum schicken Sie ihn dann nicht weg?«, fragte er.

      Sie errötete. »Solch einen Mann kann man nicht einfach wegschicken, Herr Professor. Er möchte Sie sprechen.«

      Ein bisschen wunderlich ist sie schon, dachte er, aber für ihn zählte in erster Linie, dass sie tüchtig war, und da konnte man ihr nicht das Geringste nachsagen.

      »In zehn Minuten«, erwiderte er. »Vertrösten Sie ihn.«

      Indessen wurde Tonio Laurentis von einer anderen Schwester angehimmelt und weil sie jung und auch recht

      hübsch war, betrachtete er sie mit größerem Wohlwollen.

      Schwester Ruth wurde von seinem Blick fast vom Erdboden gehoben, aber da nun Dr. Schilling auftauchte, entschwand sie rasch, um ihre Hingerissenheit ihrer Kollegin Petra kundzutun.

      »Er ist doch umwerfend«, wisperte sie verzückt.

      »Wer? Dr. Schilling?« Petra würde so etwas nicht gefallen, denn auf Dr. Schilling hatte sie nicht nur ein, sondern gleich alle zwei Augen geworfen.

      »Quatsch, was ist an dem schon dran«, sagte Ruth. »Tonio Laurentis, meine ich.«

      »Wer ist denn das?«, fragte Petra.

      »Den kennst du nicht? Der berühmte Architekt. Mein Vater hat schon mit ihm zusammengearbeitet.«

      Petra lächelte maliziös. Ruths Vater war Maurer, und wie die »Zusammenarbeit« aussah, konnte sie sich vorstellen.

      »Er ist hinreißend«, sagte Ruth schwärmerisch.

      »Zu wem will er denn?«, fragte Petra.

      »Zu Frau Torstensen, das ist eine Angestellte von ihm.«

      »Nur eine Angestellte?«, fragte Petra anzüglich.

      Das Gleiche dachte auch Professor Albrecht, als ihm Tonio Laurentis dann gegenübersaß.

      Ist er ihr Freund, ihr Verlobter, fragte er sich. Und er wunderte sich, dass er diesem Mann durchaus nicht wohlgesonnen war.

      Er hatte schon von Laurentis gehört. Patienten hatten über ihn geredet, über die fantastische Wohnanlage, die er im Schlosspark gebaut hatte. Hingepilgert waren die Leute, als bekämen sie etwas geschenkt. Jedenfalls musste er etwas können und auch massenhaft verdienen. Und dass er blendend aussah, konnte auch Professor Albrecht nicht ignorieren. Ein Mann, der wohl allen Frauen gefiel.

      Aber Kerstin Torstensen hatte es abgelehnt, Besuche zu empfangen, jeden, auch Tonio Laurentis. Sie musste ihre Gründe dafür haben. Welche Gründe?

      Er spürte, wie der andere unter seinem forschenden Blick verlegen wurde.

      »Es tut mir leid, aber ich kann keine Besuche bei Frau Torstensen gestatten«, sagte Professor Albrecht. »Sie müssen später einmal nachfragen, und sie muss ihre Einwilligung dazu geben.«

      »Wir haben wichtige berufliche Dinge zu besprechen. Frau Torstensen ist seit zwei Jahren meine engste Mitarbeiterin«, sagte Tonio.

      »Tut mir leid, ihr Zustand erlaubt keine langen Gespräche.«

      »Wie schwer sind denn die Verletzungen?«, fragte Tonio.

      »Wir müssen sie noch gründlich untersuchen. Heute Morgen war das nicht möglich.«

      »Wieso nicht?«

      »Um sie keiner weiteren Belastungen auszusetzen. Ich bedauere, Herr Laurentis, meine Zeit ist knapp bemessen. Fragen Sie morgen wieder nach.«

      Er konnte verflixt kurz angebunden sein, und er ließ sich auch von einem Tonio Laurentis nicht beeindrucken.

      »Dann sagen Sie ihr bitte meine Grüße und dass ich sehr auf ihre baldige Genesung hoffe. Ich brauche sie dringend.«

      Kalt wie Hundeschnauze, dachte Professor Albrecht sarkastisch. Und seltsamerweise kam ihm wieder der Gedanke, was er in Kerstin Torstensens Leben für eine Rolle spielen könnte.

      »Kommen Sie eigentlich gut mit Ihrem Chef aus?«, fragte Tonio die Oberschwester im Vorübergehen. Aber bevor sie irgendetwas erwidern konnte,