Kraftvoll beten. Pete Greig

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Название Kraftvoll beten
Автор произведения Pete Greig
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783954596058



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den Römern (Röm. 8). Wir werden von Wahrheiten erbaut, die sich nur im Gebet offenbaren, schreibt er den Korinthern (1. Kor. 14).

      Die Priorität des Gebets sehen wir auf beinahe jeder Seite der Bibel und in allen Kapiteln der Kirchengeschichte. Es ist weder ein Randthema noch ein optionales Extra für Verzweifelte oder Fromme. Es gehört weder zu einer anderen Zeit in der Geschichte noch zu einer anderen Art von Leuten, die spiritueller, disziplinierter oder erfahrener sind als du und ich. Gebet ist von großer und allumfassender Bedeutung für jeden von uns. „Gebet ist mehr als eine brennende Kerze“, erklärt der Theologe George A. Buttrick. „Es ist die Ansteckung mit Gesundheit. Es ist der Puls des Lebens.“23 Eine echte Beziehung mit Gott bedeutet täglichen Umgang mit ihm, wie ihn Adam und Eva im Garten Eden pflegten. Es bedeutet, so vertraut mit ihm zu sprechen wie Mose, mit dem der Herr „von Angesicht zu Angesicht“ sprach, „so, wie Freunde miteinander reden“.24 Und es bedeutet, aufmerksam auf seine Stimme zu hören, wie Jesus sagte: „Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir.“25

       Seinen eigenen Gebetsort finden

      Bevor Jesus seinen Jüngern das Vaterunser gab, „war er an einem [bestimmten] Ort“.26 Das ist von Bedeutung. Es scheint bestimmte Orte gegeben zu haben, an denen er am liebsten betete. An anderer Stelle riet er seinen Jüngern: „Wenn du beten willst, zieh dich zurück in dein Zimmer, schließ die Tür hinter dir zu …“27 Die Örtlichkeit war eindeutig von Belang. Und dann, ein wenig später, am Pfingsttag, heißt es: „Plötzlich kam vom Himmel her ein Brausen wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sich versammelt hatten“, sodass die Jünger „etwas wie züngelndes Feuer“ sahen, „das sich auf jedem Einzelnen von ihnen niederließ“. Nur Augenblicke später „wurden sie alle mit dem Heiligen Geist erfüllt“ (Apg. 2,2-4).28 Ist das nicht ein interessanter Verlauf? Der Heilige Geist erfüllte den Ort, bevor er die Menschen erfüllte.

      Die alten keltischen Christen verstanden sehr gut, dass der Heilige Geist sowohl Orte als auch Menschen durchdringen kann, und beschrieben solche heiligen Stätten anschaulich als „thin places“, „dünne“ oder „lichte Orte“. Dein lichter Ort kann einfach ein bestimmter Stuhl in deinem Haus sein, eine Bank im Park, eine gesegnete halbe Stunde lang der Weg zur Arbeit, ein 24-7-Gebetsraum29, in dem du regelmäßig eine Schicht übernimmst, vielleicht sogar die heilige Stätte namens Badezimmer.

      „Ich rate dir auch dringend“, schreibt der geistliche Lehrer Richard Foster, „einen Ort zu suchen, an dem du dich konzentrieren kannst – einen Garten, einen Abstellraum, einen Dachboden, vielleicht sogar einen bestimmten Stuhl – irgendeine Stelle, die nicht zum alltäglichen Ablauf gehört und wo du nicht abgelenkt wirst. Nutze diesen Platz als dein heiliges ‚Zelt der Begegnung‘.“30

      Selbst wenn du eigentlich gar nicht wirklich beten willst, kann ein Ort des Gebets es oft leichter machen. Schon allein deine Anwesenheit ist eine Absichtserklärung, du sagst damit: „Herr, ich möchte nicht hier sein. Trotzdem – hier bin ich!“ Diese Erfahrung habe ich bei meinen täglichen Zeiten mit Gott und bei Terminen in 24-7-Gebetsräumen oft gemacht. Ich mag anfangs nicht immer da sein wollen – oft fahre ich ohne Lust zum Gebetsraum, überzeugt, dass ich eigentlich keine Zeit dafür habe und dass 24-7-Gebet die schlechteste Idee der Weltgeschichte ist –, aber ich stelle mich zur Verfügung, einfach, indem ich da bin. Bei solchen Gelegenheiten begegnete mir Gott oft am stärksten. Nach Jahrzehnten von Nacht-und-Tag-Gebet bin ich heute überzeugt, dass 99 Prozent einfach in der Anwesenheit besteht; in der Leistung, bewusst da zu sein für den Gott, der jederzeit und immer für uns da ist.

       Wo ist dein Stuhl?

      Ein Werbemanager bekehrte sich, meinte aber, für eine tägliche Gebetszeit keine Zeit zu haben. „Für Sie ist das einfach“, sagte er zu seinem neuen Pastor. „Sie haben jede Menge Zeit, aber ich bekomme einfach nicht noch etwas in meinem Leben unter.“ Am Anfang dieses Buchs magst du ähnliche Gedanken haben: „Für Pete ist das ja kein Problem“, denkst du vielleicht, „er ist schließlich der 24-7-Typ. Er schreibt den ganzen Tag Bücher und spricht mit den Eichhörnchen. Mein Leben sieht völlig anders aus – hektisch und stressig.“

      Aber der Pastor konterte mit einer kleinen Herausforderung. „Wissen Sie“, sagte er, „für die Dinge, die mir viel bedeuten, habe ich noch immer Zeit gefunden.“ Der frischbekehrte Werbemanager ging los und kaufte sich einen besonders schönen Schaukelstuhl, den er zu Hause vors Fenster stellte. Ab sofort stand er jeden Tag zwanzig Minuten früher auf und setzte sich zum Bibellesen und Beten in den Stuhl. Das gehörte nun einfach zu seinem Tagesablauf, und nach und nach bemerkten seine Frau und seine Kollegen, dass er gesammelter, friedevoller und freundlicher wurde. Dieser Schaukelstuhl wurde zu seinem „lichten Ort“.

      Aus Monaten wurden Jahre, aus einer täglichen Disziplin eine heilige Gewohnheit, und eines Morgens, als er dasaß und schaukelte, machte ihm der Herr den Vorschlag, seinen Beruf aufzugeben, das Haus zu verkaufen und von Chicago nach Colorado zu ziehen, wo eine Gemeinde seine Hilfe brauchte. Es war ein lebensverändernder Moment, der für seine ganze Familie einen neuen und außerordentlich fruchtbaren Lebensabschnitt eröffnete.

      Einige Jahre später wurde bei ihm eine aggressive Form von unheilbarem Krebs diagnostiziert, aber er hielt seinen allmorgendlichen Termin mit Gott in diesem Stuhl ein. In seinen letzten Tagen fand er dort im Gebet Kraft für die allerschwerste Veränderung.

      Am Tag der Beerdigung bemerkte ein Freund, wie die trauernde Witwe den Schaukelstuhl anschaute. „Was machst du jetzt damit?“, fragte er. „Oh, wir werden ihn unseren Kindern und Enkelkindern vererben“, meinte sie. „Es ist mir ein sehr lieber Gedanke, dass sie so in diesem Stuhl sitzen, wie mein Mann es getan hat, ihr Herz erleichtern, auf den Herrn hören und ihr Leben von ihm leiten und gestalten lassen.“31

      Wo steht dein „Stuhl“? Für meine Frau ist er ein täglicher Spaziergang mit dem Hund und ein wöchentlicher Termin mit Gott in einem bestimmten Café. Für eine Lehrerin, die zu unserer Gemeinde gehört, ist er ihr Klassenzimmer, in dem sie jeden Tag eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn leise über jedem einzelnen Tisch betet. Für eine Studentin aus einer sehr strengen Sikh-Familie ist er ihr Auto. „Fahren ist meine Zuflucht“, erzählte sie mir. „Ich stelle Anbetungsmusik an, ganz laut, und meine Familie kann mich nicht davon abhalten!“ Wo auch immer du deinen Stuhl findest, versuche ihn täglich zu besuchen. Mach ihn zu deinem lichten Ort, einem heiligen Raum, der dir hilft, in allem Hin und Her des Lebens mit Gott zu leben und zu sprechen.

       Herr, lehre uns beten

      Vor zweitausend Jahren richteten die Jünger eine der größten Bitten aller Zeiten an Jesus, der gerade von seiner regelmäßigen Zeit mit Gott und seinem Gebetsort zurückkam: „Herr“, sagte einer von ihnen, „lehre uns beten“. Jesu Antwort auf diese einfache, bescheidene Bitte war erstaunlich großzügig. Er putzte seine Jünger nicht herunter, sagte nicht: „Das solltet ihr aber inzwischen wirklich können!“ Stattdessen gab er ihnen das größte Gebet der Weltgeschichte. Diese Männer führten später ein außergewöhnliches Gebetsleben. Sie beteten, bis Häuser ins Wanken gerieten. Durch die Kraft des Gebets holten sie Petrus aus einem Hochsicherheitsgefängnis heraus. Manchmal wurden Kranke schon geheilt, wenn nur ihr Schatten auf sie fiel. Sie empfingen die Art von Offenbarung, die einen kulturellen Paradigmenwechsel bewirkte. Und was das Bemerkenswerteste ist: Eines Tages fanden sie in sich die Gnade, im Angesicht des Todes für ihre Folterer zu beten.

      Die Jünger wurden zu mächtigen Gebetskämpfern, aber das geschah nicht automatisch. Gebet wurde nicht vom Himmel auf sie heruntergebeamt. Die Apostel wurden nicht automatisch damit ausgestattet. Sie lernten auf die harte Tour beten, und ihr Unterricht fing damit an, dass sie an einem bestimmten Tag diese simple, berührend verletzliche Bitte aussprachen: „Herr, lehre uns beten.“

      Und natürlich tat er das.

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