Kraftvoll beten. Pete Greig

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Название Kraftvoll beten
Автор произведения Pete Greig
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783954596058



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und seitdem nehmen sich Millionen seiner Anhänger jeden Tag ein wenig Zeit, um sich mit Jesus an einen ruhigen Ort zurückzuziehen.

      Als jemand, der im Bereich Selbstdisziplin viel zu kämpfen hat – dass ich ins Fitnessstudio gehe, den Schokoladenkuchen ablehne, mich vor Mitternacht schlafen lege, Zahnseide benutze und, ja, sogar regelmäßige Gebetszeiten einhalte –, als so jemand zögere ich, eine starre Routine zu befürworten. Ich will dir nichts Schweres oder nicht Einhaltbares aufbürden, wenn du im Gebet wachsen willst. Aber um diese große Wahrheit, die in der Schrift gelehrt, von Christus vorgelebt und ausnahmslos von allen unseren Glaubenshelden vertreten wird, kommen wir nicht herum: Man kann nicht im Gebet wachsen ohne ein gewisses Maß an Anstrengung und Unbehagen, Selbstdisziplin und Selbstverleugnung. So wie du ohne regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung nicht körperlich fit werden kannst, so wird dein geistliches Wachstum zu einem sehr großen Teil durch die Gebetsübungen bestimmt, mit denen du es aufbauen und aufrechterhalten willst.

       Die Beschaffenheit der Romantik

      Frisch verliebt, waren Sammy und ich wie besessen voneinander, in fast peinlichem Ausmaß. Wir telefonierten stundenlang und wollten ständig zusammen sein. Wenn Sammys Name fiel, schlug mein Herz höher. Verabredungen waren unnötig, denn wir steckten sowieso die meiste Zeit zusammen. Aber inzwischen sind wir seit einem Vierteljahrhundert verheiratet und es ist, sagen wir mal einfach, nicht mehr ganz so intensiv! Ohne die Disziplin geplanter Ehe-Abende könnten ohne Weiteres Wochen vergehen, in denen wir nicht richtig miteinander reden oder in irgendeine Form von Romantik investieren.

       GENUSS OHNE DISZIPLIN VERBRAUCHT SICH MIT DER ZEIT.

      Ich bin sicher, dass ein verliebtes Pärchen, das uns heute sieht, denken könnte: „Lass uns bloß nie so werden wie Pete und Sammy. Wir müssen unbedingt darauf achten, dass unsere Beziehung immer leidenschaftlich und spontan bleibt. Wir wollen nicht so langweilig und vorhersehbar enden, dass wir sogar die Romantik planen müssen!“

      Die Sache ist aber die: Die Beziehung zwischen Sammy und mir ist heute, nach fünfundzwanzig Jahren, erfüllender, als wir es damals in der ersten Zeit der heftigen Verliebtheit hätten verstehen können. Und es war die Disziplin täglicher Kommunikation, häufiger Eheabende, regelmäßigen Vergebens und der jährlichen Erneuerung unseres Eheversprechens, die unsere Liebe lebendig gehalten hat. Niemand ist dafür geschaffen, jahrelang auf der Höhe emotionaler Intensität zu leben. Das wäre ungesund, nicht auszuhalten, nicht real. Genuss ohne Disziplin verbraucht sich mit der Zeit, das ist unausweichlich. Der Schwung lässt nach. Aber wenn Genuss und Disziplin miteinander tanzen lernen, dann geht es Beziehungen gut. Sie reifen und halten. Sammy und ich mögen nicht mehr das junge, verliebte Pärchen sein, das Pheromone ausdünstet wie ein Lkw Diesel. Aber dank der heiligen Gewohnheiten, die wir über viele Jahre hinweg gemeinsam gepflegt haben, sind wir heute ein Vierteljahrhundert näher daran, eins dieser schrumpeligen alten Paare zu werden, die man manchmal auf der Straße sieht – Hand in Hand und irgendwie immer noch verliebt.

      So wie eine solide Ehe auf Rhythmus und Routine aufgebaut sein muss, so überlebt und gedeiht auch unsere Beziehung zu Gott nur durch Disziplin in Bibellesen, Gemeinschaft, Bekennen und Beten. „Sonst“, sagt der Bibelübersetzer Eugene Peterson, „sind wir auf die Gnade von Hormonen, Wetter und Verdauung angewiesen. Und die kennen keine Gnade.“15 Ein Christ, der nur betet, wenn er sich danach fühlt, mag überleben, aber er wird nicht wachsen und gedeihen. Sein riesiges, ureigenes Potenzial wird verkümmern, denn Gnade braucht ein bisschen Platz, um in den Rissen im Leben eines Menschen Wurzeln zu schlagen.

      Wenn je jemand eine Entschuldigung gehabt hätte, nicht in irgendwie reglementierter Weise zu beten, dann sicher der sündlose Sohn Gottes. Jesus hätte so leicht argumentieren können (wie es heutzutage manche Leute tun): „Sieh mal, eigentlich ist alles, was ich tue, Gebet. Mein Leben ist ein ständiges Gespräch mit dem Vater. Wenn ich schlafe, wenn ich einen Becher Wasser trinke, ist das Gebet. Ich brauche keine besonderen Zeiten und Orte. Ich brauche keine einschränkenden Regeln.“ Aber lies die Evangelien und du wirst sehen, dass Jesus eifrig betete und ständig Möglichkeiten schuf, um mit seinem Vater allein sein zu können.

       Einfach und erfreulich soll es sein!

      Manche beten lieber zu Beginn des Tages, so wie es Jesus oft tat: „Am nächsten Morgen stand Jesus vor Tagesanbruch auf und zog sich an eine einsam gelegene Stelle zurück, um dort allein zu beten.“16 Andere finden es morgens schwierig und nehmen sich am Abend Zeit, bevor sie schlafen gehen. Das machte Jesus auch: „Abends verließ er die Stadt und verbrachte die Nächte am Ölberg.“17 Pendler beten oft eine halbe Stunde im Auto oder im Zug oder versorgen sich mit Gottes Wort. Vielbeschäftigte Mütter von Kleinkindern finden es vielleicht am einfachsten, sich während des Tages kleine Zeit-Häppchen zu nehmen. Susanna Wesley, die Mutter von John und Charles (und unser „Gebets-Vorbild“ am Ende dieses Kapitels) pflegte sich die Schürze über den Kopf zu ziehen. Immer wenn sie das tat, wussten ihre zehn – richtig: zehn – Kinder, dass sie betete und nicht gestört werden durfte.

      Egal, welche Tageszeit für dich am besten sein mag – um vom sporadischen, spontanen Ansatz zu einer nachhaltigen, verändernden Gebetsgewohnheit zu wechseln, gibt es einen Schlüssel: Halte dein Beten so einfach und erfreulich wie möglich.

      •Einfach. Die Entscheidung, bis an dein Lebensende täglich vor Sonnenaufgang aufzustehen und eine Stunde lang ununterbrochen Fürbitte zu tun, wird sich schwerlich als tragfähig erweisen. Viel besser wäre ein erreichbares Ziel – anfangs vielleicht nur eine Viertelstunde täglich zu einem geeigneten Zeitpunkt an einem günstigen Ort. Du wirst angenehm überrascht sein, wie leicht das ist und wie oft du die Stille Zeit überziehen wirst. Mehr noch: Bleibst du zwei Monate lang dabei, könnte es nach der Aussage von Psychologen eine lebenslange Gewohnheit werden.18

      •Erfreulich. Es ist auch wichtig, die tägliche Andacht so schön wie möglich zu machen. Meistens freue ich mich auf meine Momente der Stille, in denen ich mit dem Herrn allein bin, morgens mit einem großen Becher Kaffee in der Hand, mittags, wenn ich eine Pause einlege und das Vaterunser bete, und spätabends beim Spaziergang unter Sternen. Ich bin gespannt, wenn ich die Bibel aufschlage und überlege: „Was wird mir der Herr heute sagen?“ Es ist ein Vorrecht, meine Anliegen mit dem lebendigen Gott besprechen zu können.

      Ich werde oft gefragt, wie mein persönlicher Gebetsrhythmus aussieht. Erst wollte ich etwas so Privates nicht preisgeben, aber dann habe ich beschlossen, es doch zu tun – ganz einfach in der Hoffnung, dass es anderen Menschen helfen kann, ihre eigene einfache, erfreuliche Gebetsstruktur zu entwickeln. Vorsorglich muss ich aber zwei Dinge sagen. Erstens: Denke bitte nicht, du müsstest meine Routine kopieren. Meine Umstände und Vorlieben sind möglicherweise ganz anders als deine. Zweitens: Du musst verstehen, dass ich es oft nicht schaffe. Oft ist viel los und ich lasse mich leicht ablenken. Wenn das passiert, versuche ich, mich nicht dafür herunterzumachen. Ich fühle mich überhaupt nicht weniger geliebt oder berufen oder nützlich für den Herrn. Ich stehe einfach nur wieder auf und fange von vorn an.

      Normalerweise esse ich drei richtige Mahlzeiten am Tag und versuche, daran angelehnt, mich auch geistlich dreimal täglich zu nähren: morgens, mittags und abends.

      •Morgens: Stille Zeit. Fast jeden Morgen beginne ich meinen Tag, indem ich kurz in der Bibel lese und bete. Ich wechsele etwa vierteljährlich zwischen verschiedenen Andachtsbüchern, die ich gut finde. Dazu gehören Nicky Gumbels „Bible in One Year“, das „Celtic Daily Prayer“ der Northumbria Community und die „Divine Hours“ von Phyllis Tickle.19

      •Mittags: Vaterunser. Jeden Mittag erinnert mich die Weckfunktion meiner Uhr daran, eine Pause zu machen und das Vaterunser zu beten. Das ist etwas, was ich ziemlich schnell (und, wenn ich in der Öffentlichkeit bin, im Stillen) mache, aber manchmal schaffe ich es, langsamer zu beten und jede Zeile persönlich zu nehmen und tiefer zu ergründen.

      •Abends: Examen. Vor dem Zubettgehen setze ich mich oft schweigend hin oder gehe kurz mit den Hunden raus,