Pforte des Todes. Willi Voss

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Название Pforte des Todes
Автор произведения Willi Voss
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783967526769



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aufgerissen und, schon einen Gruß auf den Lippen, jäh innegehalten und sich vor den beiden sie um Kopfeslänge überragenden Beamten aufgebaut

      Unter dem nietenbesetzten schwarzen Jeansjackett trug sie eine rosa Bluse, in deren Ausschnitt an Perlenschnüren und Lederriemen Medaillons und gelochte Schmucksteine schaukelten. Die eng anliegende Glanzlederhose wurde von einem breiten Ledergürtel gehalten, der mit dünnen Ketten und vierkantigen Metallspitzen übersät war. Geerdet wurde sie von wuchtigen, mit Metallkappen bewehrten Bomberstiefeln, deren dicke Senkel mehrmals um die Schäfte drapiert waren.

      »Was habe ich denn ausgefressen, dass Sie mich hier vor all den lauernden Nachbarn rausklingeln?«

      Ihre in vielen Raucherjahren heiser gewordene Altstimme dröhnte wie ein uralter Lautsprecher, während sich ihr Körper, das Becken obszön bewegend, zuckend nach vorne bog.

      »Können wir das drinnen besprechen?«

      Helga Meyer musterte Reineking, der sich bemühte, seine aufkeimende Ungeduld zu beherrschen. Sie nickte.

      »Ich habe jemand anders erwartet«, sagte sie, »aber kommen Sie ruhig rein. Wir haben nichts zu verbergen.«

      Der quadratische Flur, von dem eine gewundene Treppe ins Obergeschoss führte, war mit braunen Platten ausgelegt, auf denen ein graublauer Teppich lag. An den Wänden hingen Blumengondeln und zwei farbenprächtige Drucke nahezu identischer Heidelandschaften, auf denen in Loden gehüllte Schäfer vor untergehender Sonne Schafe weideten.

      Auch das Wohnzimmer stand in krassem Widerspruch zur provokanten Staffage der kleinen Person. Es roch geradezu nach Sauberkeit und penibler Ordnung. Die Fernbedienungen von Fernseher und Musikanlage lagen genauso streng ausgerichtet wie die scheinbar eigenhändig gehäkelten Deckchen, die in überreicher Zahl Tisch und Schränke bedeckten.

      »Wir haben bereits mit ihrem Mann gesprochen«, sagte Reineking.

      »Thema war Ihr Mobiltelefon«, fügte Termöhlen auf ein Nicken Reinekings hinzu.

      »Wieso das denn? Die Rechnung wird doch von unserem Konto abgebucht!«

      »Es geht nicht um die Bezahlung der Rechnung.«

      »Jetzt kapier ich überhaupt nichts mehr!«

      »Es geht um die damit geführten Telefonate«, sagte Termöhlen.

      »Sind die etwa verboten?«

      »Nein«, sagte Reineking, »wir wüssten nur gerne, ob sie das Gerät häufig benutzen.«

      »So gut wie nie.«

      »Und während der letzten Tage?«

      Helga Meyer setzte sich auf die Lehne eines Sessels und verschränkte trotz des qualmenden Zigarillos die Arme vor der knabenhaften Brust.

      »Sie fragen so, als wenn ich was verbrochen hätte.«

      »Haben Sie?«

      »Jezz hören Se aber auf, Männeken!« Sie lachte. Aber es klang gekünstelt. Unsicherheit schwang darin mit.

      »Uns interessiert, ob Sie am Sonntagabend Ihr Handy benutzt haben.«

      »Das sagte ich doch schon: Nein! War sowieso ´ne Schnapsidee, das Ding überhaupt zu kaufen.«

      Reineking zog den kopierten Vertrag aus der Tasche. Er suchte ihren Blick. Die Dame war irritiert, fand er.

      »Und wenn ich Ihnen Beweise dafür vorlege, dass mit Ihrem Telefon am Sonntagabend telefoniert worden ist?«

      »Dann muss das ein anderer getan haben, ich jedenfalls nicht.«

      »Ihr Mann sagte ...«

      »Was der schon sagt!«

      »... dass Sie das Gerät benutzen.«

      »Da hat er ausnahmsweise mal Recht.«

      »Wenn er Recht hat, und wenn mit dem Handy telefoniert worden ist, dann können nur Sie es gewesen sein. Richtig?«

      »Das stimmt aber nicht!«

      »Sie werden zugeben, dass nur eines von beiden stimmen kann.«

      »Ich habe aber nicht telefoniert!«

      »Frau Meyer, wir ermitteln in einem Todesfall. Zu Ihrem Besten kann ich Ihnen nur raten, uns die Wahrheit zu sagen.«

      »Das habe ich.«

      »Und das Haus haben Sie an diesem Abend auch nicht verlassen?«

      »Ich war hier«, sagte sie spitz, »wo denn sonst? Wir haben gemacht, was wir immer machen, wir haben in die Glotze geguckt. Das ist ja das einzige, was der Kerl noch auf die Beine bringt.«

      »Und dann?«

      »Weiß ich nicht, irgendwas, ich habe noch ein Weinchen getrunken.«

      »Aber telefoniert haben Sie?«

      »Nee«, bellte Frau Meyer.

      »Ganz sicher?«

      »Was heißt ganz sicher, was heißt das schon?« Ihre Hände vollführten einen derart hektischen Tanz, als wollte sie aus der rauchschwangeren Luft die Wahrheit herausfiltern. »Ich habe nicht telefoniert, und ganz weggetreten, dass ich das nicht mit krieg, bin ich ja noch nicht.«

      Die Türglocke schrillte.

      »Könnten wir uns das Handy mal ansehen?«

      »Kann ich erst mal aufmachen?«

      Helga Meyer stieß sich von der Sessellehne ab, ging auf die Wohnzimmertür zu und verschwand im Flur. Eine helle Männerstimme: »Hi, Schnepfe, bin anne Tanke hängen geblieben. Die reine Hölle. - Wat is?«

      Reineking sprang auf und lief zur Tür. Er sah Helga Meyers schmalen Rücken, eine feuerrote Teufelsfratze auf der Hinterseite ihres Jeansjacketts und das schmale, von braungelben Augen beherrschte erschrockene Gesicht eines jungen Mannes.

      »Die Polizei«, zischelte Frau Meyer.

      Reineking spürte Termöhlen hinter sich, sah Helga Meyer, von einem Stoß des jungen Mannes getrieben, auf sich zu fliegen. Frau Meyer klammerte sich an Reinekings Jacke. Termöhlen, der sich vorbei zwängen wollte, prallte gegen ihn, brachte ihn zum Schwanken. Reineking stützte sich an der Wand ab, riss eines der Heidebilder herunter. Helga Meyer kreischte. Sie glitt aus, fiel auf die Knie und krallte ihre rechte Hand erneut reflexartig in Reinekings Jacke und brachte ihn zu Fall.

      Reineking stieß sie von sich, sah, wie sie auf die Wohnzimmertür zu taumelte und folgte seinem zu Tür laufenden Kollegen. Termöhlen prallte gegen das geschlossene Vorgartentor und hatte Mühe, sich zu fangen. Von dem jungen Mann war nichts zu sehen.

      »Wo ist er?«

      Termöhlen atmete schwer, sein Gesicht zeigte hektische Röte, die Brille war verrutscht.

      »Weg ist er«, sagte er, »und wenn ich mich nicht irre, hat die Dame bei dem schnellen Abschied ganz schön geholfen!«

      »Es hat keinen Sinn, ihm nachzulaufen«, sagte er, »der hat die jüngeren Beine. Und wir wissen noch nicht mal, was wir ihm vorwerfen können.«

      Reineking drehte sich um. Frau Meyer lächelte schief. Termöhlen war wütend und verbarg es nicht.

      »Sie haben uns behindert, Sie werden uns Einiges erklären müssen!«

      »Der hat mich geschubst, hat der mich! Ich konnte doch nix dafür, dass ich gegen Sie flog. Was hätte ich denn machen sollen?«

      Termöhlen schnaufte. Reineking winkte zum zweiten Mal ab.

      »Wer war das?«

      »Wer das war?«

      »Ja«, sagte Reineking, »und vielleicht wissen Sie auch, warum er weggelaufen ist. Dass er das ist, daran besteht ja wohl kein Zweifel?«

      Helga Meyer schüttelte den Kopf. »Der hatte ´n Rappel, ist doch klar.«

      »Der,