Pforte des Todes. Willi Voss

Читать онлайн.
Название Pforte des Todes
Автор произведения Willi Voss
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783967526769



Скачать книгу

verdrehte er leichthin seine Motive.

      »Überzeugen muss mich das nicht, oder?«

      »Sie sind der Fachmann für Glaubensfragen.«

      »Pater Jakob hat nur am Rande mit Jugendlichen zu tun gehabt.«

      »Uns sagte man, er wäre mit dem Thema auf du und du.«

      »Und das ist alles, was Sie interessierte?«

      »Sie ahnen nicht, wie wichtig gute Beratung ist.«

      »Ich weiß es. Aber wie kann er Sie beraten, wenn Sie nicht wissen, wo er zu finden ist?«

      »Er sollte für uns tätig werden. Über das Vikariat haben wir - wie Sie bei uns - seine Adresse herauszufinden versucht.«

      »Vergeblich.«

      »Leider vergeblich«, bestätigte Grotejohann. Seine Mundwinkel zuckten.

      »Haben Sie Ersatz für diese... Beratung gefunden?«

      »Wir bemühen uns.«

      Bartholomee stand abrupt auf. »Und derartige Themen lassen sich in Wahlkampfzeiten verkaufen?«

      »Jugend und Geistlichkeit«, sagte Grotejohann, sich ebenfalls erhebend, »gehen seit den Dornenvögeln wie ofenwarme Semmeln.«

      »Ganz ohne Sensation?«

      »Es kommt darauf an, welche der vielen Abnehmer Sie bedienen. Da gibt es Redaktionen, die setzen auf Bewährtes und Erbauliches, da gibt es andere, die hören erst dann zu gähnen auf, wenn Sie ihnen Sex and Crime möglichst aus der feinen Gesellschaft dazu liefern. Oder aus Ihren Kreisen, selbstverständlich.«

      »Wo Menschen sind, ist Menschliches, Herr Grotejohann. Auch in der Kirche. Im Übrigen sprechen wir von einem bedauernswerten Menschen, von einem Schicksal, das nicht auf den Markt gehört. Ich hoffe, Sie nehmen bei diesem Geschäft keinen Schaden an Ihrer Seele.«

      »Ihre Hoffnung ist die meine.«

      »Das freut mich«, sagte Bartholomee, griff in die Brusttasche und reichte dem Journalisten eine Karte. In einem Tonfall, der nicht frei von Ironie war, fügte er hinzu: »Falls Sie zu einer anderen Einschätzung Ihrer Informationen kommen, würde ich mich über Ihren Anruf freuen. Ich bin sicher, dass wir einen Weg finden könnten, etwaige Honorarausfälle zu kompensieren.«

      Er reichte dem Journalisten die Hand und ging so geräuschlos wie er gekommen war.

      Grotejohann blickte auf die schlichte Visitenkarte. Bartholomee, las er, und rechts unten nichts weiter als eine Handynummer. Er setzte sich an den Schreibtisch, ließ sich das Gespräch eine Weile durch den Kopf gehen und rief seine Sekretärin an. Sie meldete sich trotz des frühen Abends mit verschlafener Stimme.

      »Hör zu, Mädchen«, sagte er, »wer auch immer sich an dich wendet oder dich befragt, über unsere Leuchtgesichtgeschichte gibst du keinerlei Auskunft. Nicht einen Fetzen davon!«

      »Klingt, als wenn einer mit ´nem Revolver vor dir steht.«

      »Tut er nicht, Liebes, wir hatten nur Besuch vom Geheimdienst seiner Heiligkeit, aufgeschreckt durch deine Recherche im Mindener Vikariat. Brennpunkt ist unser davongelaufener Mönch.«

      »Wie das, wenn er um die Ecke wohnt?«

      »Das beste Versteck für Gestohlenes ist das Polizeipräsidium, mein Tigerkätzchen.«

      »Warum fragen wir nicht unseren Ex-Pater?«

      »Warum sollte er antworten, wenn er gesucht wird?«

      »Der Polizei müsste eine Vermisstenmeldung vorliegen, oder?«

      »Die Polizei haben sie nicht eingeschaltet. Sagte mein Besucher. Wollen die Geschichte auf kollegialer Basis lösen. Was wird da verborgen? Dass Leuchtgesicht einen an der Waffel hat? Das Leiden teilt er mit ´nem Haufen anderer, ohne dass der Geheimdienst der Unfehlbarkeit eingeschaltet wird. Wie siehst du das, Engelchen?«

      »Na ja...«

      »Na ja, ja oder na ja, nein?«

      »Ich gebe keine Ferndiagnosen.«

      »Trotzdem müssen wir uns um die Geschichte kümmern.«

      »Auch wenn du auf mir rumtrampelst, jetzt kriegst du mich nicht mehr aus dem Bett. Ich habe mir einen gehörigen Teil der letzten Nacht und auch den frühen Morgen um die Ohren geschlagen, und einen Haufen Überstunden bist du mir auch noch schuldig.«

      »Ich liebe dich«, sagte Grotejohann, den Zigarettenrest ausdrückend. »Und du hast vollkommen recht. Wir begucken uns den Entlaufenen ein bisschen später. Ist dir dreiundzwanzig Uhr recht?«

      »Kann das nicht bis morgen warten?«

      »Solche Sachen werden ganz schnell kalt.«

      »Na gut. Klingel durch, wenn es denn unbedingt sein muss.«

      »Schlaf gut, Süßes. Vielleicht komme ich auf ein kurzes Wecken vorbei.«

      »Unterstehe dich!«

      »Nur, wenn er einknickt, unser gemeinsamer Freund.«

      Er legte lachend auf.

      

      13

      Irgendwann, hatte Reineking im Laufe seiner Dienstzeit gelernt, gerät man mit seinen Ermittlungen an eine Wand. In den meisten Fällen erweist sie sich dann doch als durchlässig, in einigen jedoch bleibt es dunkel. Man hatte zur tatsächlichen eine weitere Leiche produziert. Eine aus Papier. Die kam in das Fach, in dem die Altlasten aufbewahrt wurden. Vielleicht für alle Zeiten, vielleicht - wenn der Zufall oder das Geschick es so wollten - für eine begrenzte Zeit. Die liegen blieben, gingen einem richtig an die Nieren, weil man jedes Mal, wenn man einen Blick darauf warf, daran denken musste, dass da irgendwo ein Typ herumlief, der wieder zuschlagen und ein weiteres Menschenleben auslöschen konnte.

      Der gegenwärtige Fall, er nannte ihn für sich »die Kerze«, schien sich ebenfalls festzulaufen. Reinekings Hoffnung, über das so wunderbar einfach zugeordnete Handy endlich Klarheit über den Tathergang finden zu können, war in getrogen worden. Das simple Achselzucken einer etwas späten Punk Dame hatte die gewitterte Luft ganz unspektakulär entweichen lassen. Die sofort eingeleitete Nachfrage beim Einwohnermeldeamt war negativ verlaufen. Im Bereich Minden-Lübbecke hatte sich kein Dieter Rose jenes Alters aus den Daten herausfiltern lassen. Und ob die weitergeleitete Nachfrage an die zentrale Täterdatei Erfolge brachte, ließ sich wohl erst nach einigen Tagen beurteilen, wenn die entsprechenden Ergebnisse übermittelt waren. Blieb die Frage, inwieweit Frau Meyer der Wahrheit die Teufelsfratze ihres Jeansrücken zugekehrt hatte.

      »Die ist kein durchgeknalltes spätes Mädchen«, hatte Termöhlen vermutet. »Die ist im Krieg. Deswegen die Bemalung, deshalb die schrägen Klamotten. Dahinter versteckt sie das, was sie wirklich ist.«

      »Sie zitterte. Entweder vor Wut oder ...«

      »Vor wem soll sie denn zittern? Wenn da einer zittert, ist es ihr Kerl. Und zwar vor ihr. Hast du eigentlich mitgekriegt, wie der sich die ganze Zeit geduckt hat? Das lernst du nicht von gestern auf heute, da stecken die ganzen letzten Jahrzehnte dieser Ehe drin. Wenn du mich fragst, sollten wir ihn uns noch mal vornehmen. Könnte sein, dass er uns was über diesen Zatopek sagen kann.«

      »Und über seine Frau.«

      »Das Handy. Dass das plötzlich verschwunden ist ... Das stinkt. Nicht, dass wir plötzlich beim Satanismus landen.«

      »Sein kann alles.«

      »Ja. Und was machen wir mit dem Meyer? Fahren wir hin?«

      »Häng du dich da rein, Hennes, nachdem du mich im Präsidium abgesetzt hast.«

      »Du meinst, wenn er sich einem ebenfalls Abgewrackten gegenübersieht, wird er gesprächiger, was?«

      »Mach dich nicht hinfälliger als du bist.«