Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
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Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
F. Herausforderungen der Werberegulierung
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Die Regulierung der Werbung in den elektronischen Medien ist vor dem Hintergrund der Möglichkeiten digitaler Verbreitungstechniken sowie der zunehmenden Verbindung der Endgeräte mit dem Internet und der damit einhergehenden zeitgleichen Verfügbarkeit von Inhalten über verschiedene Verbreitungswege mit neuen Fragestellungen konfrontiert. Lineare Medienangebote können mit nicht-linear angebotenen Inhalten verknüpft werden. Als problematisch und wettbewerblich u.U. benachteiligend stellen sich hierbei die Möglichkeiten dar, Rundfunkinhalte auf dem Bildschirm mit Telemedienangeboten zu überlagern. Derartige Überblendungen von Werbung oder ihre Einblendungen bei gleichzeitiger Skalierung des linearen Angebots werden daher kritisch bewertet. Perspektivisch sollen derartige Praktiken daher an die Einwilligung des Inhalteanbieters geknüpft werden.[236] Wenn Inhalte am Ende auf demselben Endgerät landen und sich den Bildschirm u.U. sogar zur selben Zeit teilen, unterscheidet der Nutzer nicht mehr über deren Herkunft als lineares oder non-lineares Medium. Die an den Mediengattungen in ihrer klassischen Erscheinungsform „Rundfunk“ oder „Telemedium“ anknüpfenden unterschiedlich strengen Anforderungen an die Werbung sind daher zukünftig generell zu überdenken. Die Grundlage für eine derart weitgreifende Anpassung muss jedoch zunächst in den Vorgaben der AVMD-Richtlinie geschaffen werden.[237]
Anmerkungen
Siehe nur neuere Werbeformen wie beispielsweise die digitale Außenwerbung (Digital out of Home oder „DooH“).
Rundfunkstaatsvertrag v. 31.8.1991, in der Fassung des 20. Rundfunkänderungsstaatsvertrages v. 8.12.2016, in Kraft seit 1.1.2017 bzw. 1.9.2017.
S. Erwägungsgründe 4 sowie 81 und 85 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.3.2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste – AVMD-Richtlinie).
Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten COM(2016) 287 final, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016PC0287&from=EN .
Vgl. Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung.
Vgl. auch zur Einordnung von in Werbeanzeigen enthaltenen Meinungsäußerungen des Werbenden in den Schutzbereich der Meinungs- bzw. Pressefreiheit des Zeitschriftenherausgebers grundlegend BVerfGE 102, 347 – Benetton-Werbung; BVerfGE 107, 275 – Benetton-Werbung II. Die durch Art. 10 EMRK geschützte Freiheit der Meinungsäußerung umfasst nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ebenfalls die Verbreitung von Informationen geschäftlicher Art durch einen Unternehmer, u.a. in Form von Werbebotschaften, vgl. EGMR 24.2.1994 - 15450/89, Series A, Nr. 285-A – Casado Coca/Spanien, Abs. 35f m.w.N. Von gleicher Bedeutung und Tragweite ist Art. 11 der EU-Charta (vgl. zuletzt EuGH 17.12.2015 – C-157/14, juris, Rn. 63 ff.).
Vgl. hierzu und zu Entwicklungen auf europäischer Ebene Kleist/Lamprecht-Weißenborn/Scheuer S. 15 ff.
Lenz/Borchardt/Lux Art. 34 Rn. 38.
Der Gerichtshof prüft mitunter beide Grundfreiheiten parallel, vgl. EuGH verb. Rs. C-34/95, C-35/95, C-36/95, Slg. 1997, I-3843 – Konsumentombudsmannen/de Agostini.
Vgl. Lenz/Borchardt/Seyr Art. 56/57 Rn. 23.
EuGH Rs. 52/79, Slg. 1980, 833, Abs. 15 – Debauve.
Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vgl. EuGH Rs. C-390/99, Slg. 2002, I-6087, Abs. 33 – Canal Satélit Digital: „nicht in einem Missverhältnis zum angestrebten Ziel“; EuGH Rs. 352/85, Slg. 1988, 2085, Abs. 36 – Bond van Adverteerders.
Gounalakis WRP 2005, S. 1476 ff.; Eberle/Rudolf/Wasserburg/Friccius Kap. V Rn. 19.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche produkt- und berufsbezogene Regelungen mit Werbebeschränkungen wie z.B. das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das Weingesetz, die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) oder die Bundesnotarordnung (BNotO), s. hierzu die Übersicht in Schiwy/Schütz/Dörr S. 749 ff.
Gemeinsame Richtlinien i.d.F. v. 23.2.2010 (WerbeRL/Hörfunk) bzw. 18.9.2012 (WerbeRL/Fernsehen). Äquivalent für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind die ARD-Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfe sowie die ZDF-Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfe, jeweils in der Fassung v. 12.3.2010.