Название | Besonderes Verwaltungsrecht |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Lehr- und Handbuch |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811472297 |
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§ 34 Abs. 3a BauGB begünstigt nur bestehende Anlagen, weswegen konsequenterweise zunächst die Erweiterung, Änderung und Erneuerung dieser Anlagen ermöglicht wird. Dabei sind der Erweiterung jedenfalls insoweit Grenzen gezogen, als die Identität des Vorhabens gewahrt werden muss, da es sich anderenfalls um ein neues Bauvorhaben handeln würde. Bei Gewerbe- und Handwerksbetrieben ist darüber hinaus auch die Nutzungsänderung zulässig. Dies ist insofern konsequent, als im Rahmen eines Betriebs auch die Änderung der Zweckbestimmung einer baulichen Anlage erforderlich werden kann. Während dies bodenrechtlich zu einer neuen Nutzung einer baulichen Anlage führen kann, darf sich der Betriebszweck nicht ändern.
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§ 34 Abs. 3a S. 1 Nr. 2 BauGB setzt weiterhin voraus, dass die Abweichung städtebaulich vertretbar ist. Das erfordert, dass die entstehende Situation planbar wäre, im Ergebnis also keine Spannungen entstehen, die den Anforderungen des Abwägungsgebots zuwiderlaufen würden[770]. Und schließlich verlangt § 34 Abs. 3a S. 1 Nr. 3 BauGB, dass die Abweichung ebenso wie eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein muss.
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Die Anwendung des § 34 Abs. 3a BauGB ist auf Einzelfälle beschränkt. Hieraus muss man ableiten, dass es sich um atypische Einzelfälle handelt[771]. Ein Erfordernis zur Abweichung, dass in einer Vielzahl von Fällen zum Tragen kommen könnte, löst ein Planungsbedürfnis aus, dem mit einem – gegebenenfalls vorhabenbezogenen – Bebauungsplan begegnet werden kann. Schließlich steht die Zulassung der Abweichung im Ermessen der Behörde. Allerdings ist hier zu beachten, dass ein Großteil der Gesichtspunkte, die in der Ermessensausübung berücksichtigt werden könnten, durch die tatbestandlichen Voraussetzungen bereits berücksichtigt ist, was den Ermessensspielraum einschränkt[772].
1. Überblick
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§ 35 BauGB regelt die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich. Der Außenbereich ist negativ abzugrenzen. Um eine Außenbereichsfläche handelt es sich dann, wenn sie weder im beplanten (§ 30 Abs. 1 und 2 BauGB) noch im nicht beplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) liegt[773]. Dabei ist der Begriff des beplanten Innenbereichs missverständlich, da eine Fläche im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durchaus Außenbereichscharakter aufweisen kann[774]. Besteht ein einfacher Bebauungsplan, gilt ebenso wie bei § 34 BauGB, dass dieser gemäß der Reichweite seiner Festsetzungen zur Anwendung kommt und im Übrigen die Maßstäbe des § 35 BauGB gelten (§ 30 Abs. 3 BauGB).
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Mit § 35 BauGB hat der Gesetzgeber eine „planerische“ Entscheidung über die Nutzung des Außenbereichs getroffen[775]. Der Außenbereich soll danach primär außenbereichstypischen Nutzungen, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung der Allgemeinheit dienen[776]. § 35 BauGB bringt demgemäß die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass der Außenbereich grundsätzlich von „nicht funktionsgerechter Bebauung“ frei zu halten ist[777]. Jenseits dieser grundsätzlichen Feststellung bleibt die planerische Wirkung der gesetzlichen Regelung in ihrer Substanz hinter den Aussagen von Bauleitplänen zurück. So sind insbesondere nicht alle privilegierten Vorhaben generell dem gesamten Außenbereich zugewiesen. Der gesetzlichen Regelung fehlt insbesondere die plantypische Konkretisierung von Standorten. Dass es hier noch einer Feinsteuerung im Einzelfall bedarf, zeigt die Regelung des § 35 Abs. 3 BauGB, wonach privilegierten Vorhaben konkret durchaus vielfältige Belange entgegenstehen können[778].
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Die Vorschrift ist zunächst so aufgebaut, dass § 35 Abs. 1 BauGB eine abschließende Aufzählung der sogenannten privilegierten Vorhaben enthält, die vorbehaltlich des Entgegenstehens öffentlicher Belange im Außenbereich zugelassen werden können. § 35 Abs. 2 BauGB regelt die gegenüber der Zulässigkeit privilegierter Vorhaben stark eingeschränkte Zulässigkeit sonstiger Vorhaben. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB enthält dann eine nicht abschließende Aufzählung von öffentlichen Belangen, die bei einer Zulassung nach § 35 Abs. 1 oder 2 BauGB nach Maßgabe des jeweiligen Zulassungstatbestands zu berücksichtigen sind. Dies wird in § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB durch eine Raumordnungsklausel ergänzt. Und schließlich verleiht § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bestimmten Darstellungen in Flächennutzungsplänen und Festlegungen in Raumordnungsplänen eine gesteigerte planerische Bedeutung. § 35 Abs. 4 BauGB erleichtert bestimmte, an den Bestand anknüpfende bauliche Vorhaben und regelt damit Aspekte eines – verfassungsrechtlich in den meisten Konstellationen nicht unbedingt gebotenen – aktiven und überwirkenden Bestandsschutzes. § 35 Abs. 5 S. 1 und 2 BauGB binden Außenbereichsvorhaben an besondere Vorgaben des Bodenschutzes. § 35 Abs. 5 S. 3 und 4 BauGB regeln bestimmte Aspekte des Vollzugs dieser und anderer Bindungen. § 35 Abs. 6 BauGB sieht schließlich den Erlass von Außenbereichssatzungen vor.
2. Zulässigkeit privilegierter Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB)
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§ 35 Abs. 1 BauGB regelt die Zulässigkeit der sogenannten privilegierten Vorhaben. In Abweichung von der gesetzgeberischen Wertung, den Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freizuhalten, werden bestimmte Vorhabentypen in planähnlicher Form dem Außenbereich zugewiesen[779]. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass diese Vorhaben außenbereichstypisch sind und sich in die Struktur des Außenbereichs einfügen. Dies gilt insbesondere für die Privilegierungen der land- und forstwirtschaftlichen sowie der gartenbaulichen Betriebe nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB sowie damit verbundener Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB (energetische Nutzung von Biomasse). Andere werden dem Außenbereich zugewiesen, weil sie örtlich an eine bestimmte Außenbereichsfläche gebunden sind. Dies kommt vor allem in dem Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB (ortsgebundene Vorhaben) zum Ausdruck[780]. Und weiterhin werden solche Vorhaben im Außenbereich zugelassen, deren Realisierung aufgrund ihrer Anforderungen an oder ihre Auswirkungen auf die Umgebung innerhalb dicht besiedelter Gebiete kaum möglich wäre. Dies gilt vornehmlich für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB und insofern ergänzend § 35 Abs. 1 Nr. 5 (Wind- und Wasserenergie) und 7 (Kernenergie) BauGB[781]. Schließlich erlaubt § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie an oder auf zulässigerweise errichteten Gebäuden. Gerade die Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 BauGB können jedoch hinterfragt werden. Die hier umfassten Vorhaben können in erheblichem Maße städtebauliche Spannungen erzeugen. Deshalb sind sie einerseits von Siedlungsgebieten fernzuhalten. Aus dem gleichen Grund ist jedoch auch eine ungesteuerte Ansiedlung im Außenbereich bedenklich[782]. Bei Vorhaben, die erhebliche Auswirkungen auf ihre Umgebung haben können, ist die planerische Steuerung mittels des durch das BauGB zur Verfügung gestellten Instrumentariums in jedem Fall vorzugswürdig[783]. Abgemildert wird diese Problematik, wenn man das Erfordernis einer förmlichen Planung als einen unbenannten öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB anerkennt. Dieser kommt zum Tragen, wenn die Intensität der entstehenden Konflikte die Möglichkeiten einer Lösung in dem Konditionalprogramm des § 35 BauGB übersteigt und einen planerisch abwägenden Ausgleich erforderlich macht[784].
a) Privilegierungstatbestände
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Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bezieht sich auf land- und fortwirtschaftliche Betriebe[785]. Der Begriff der Landwirtschaft ist in § 201 BauGB legaldefiniert. Diese Definition erlaubt auch Formen der Massentierhaltung[786],