Название | Besonderes Verwaltungsrecht |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Lehr- und Handbuch |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811472297 |
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In Ergänzung der drei genannten Vorschriften, die die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben maßgeblich steuern, sind vor allem § 31 BauGB (Ausnahmen und Befreiungen), § 33 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben in der Phase der Planaufstellung) und § 36 BauGB (Beteiligung der Gemeinden bei Vorhaben außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen) von allgemeiner Bedeutung. Die Regelungen der §§ 29 ff. BauGB sind abschließend, soweit das BauGB Anwendung findet[631]. Die Kollision mit dem Planungsregime der Fachplanung löst § 38 BauGB grundsätzlich zugunsten der Fachplanung auf.
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Die planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen werden in der Regel im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nach den Landesbauordnungen geprüft[632]. In Betracht kommen aber auch andere Zulassungsverfahren wie das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren, in das die bauplanerische Zulässigkeitsentscheidung gemäß § 13 BImSchG im Wege der Konzentration eingeschlossen wird. Über ein eigenes Vollzugsinstrumentarium verfügt das Bauplanungsrecht insoweit nicht. Anknüpfungspunkt für die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit ist die allgemeine Voraussetzung etwa für die Erteilung einer Baugenehmigung, wonach diese nur erteilt werden darf, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen[633]. Problematisch ist diese Abhängigkeit von den bauordnungsrechtlichen Instrumenten dann, wenn diese im Zuge von Deregulierungsbemühungen zurückgenommen werden. Mit dem Wegfall präventiver Kontrollen droht grundsätzlich auch ein Vollzugsdefizit im Bereich des Bauplanungsrechts.
I. Anwendungsbereich der §§ 30 ff. BauGB (§ 29 BauGB)
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§ 29 Abs. 1 BauGB bestimmt den Anwendungsbereich der §§ 30 ff. BauGB und damit den inhaltlichen Geltungsanspruch des BauGB für die Bestimmung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben. Der Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB umfasst dabei zunächst die Errichtung, Änderung[634] und Nutzungsänderung[635] baulicher Anlagen[636] und des Weiteren Aufschüttungen, Abgrabungen, Ausschachtungen und Ablagerungen einschließlich Lagerstätten[637].
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Die Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit stellt sich demgemäß nur anlässlich der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer Anlage. Die bestehende Anlage bleibt außer in speziellen Konstellationen, für die das Städtebaurecht jedoch wiederum Instrumente bereithält, unberührt. Dies hat zur Folge, dass städtebaulichen Fehlentwicklungen nur in sehr eingeschränktem Maß aktiv begegnet werden kann. Mit diesem beschränkten Durchsetzungsanspruch des Bauplanungsrechts schafft der Gesetzgeber einen starken einfachgesetzlichen Bestandsschutz.
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Im Mittelpunkt der Anforderungen an die planungsrechtliche Zulässigkeit steht der Begriff der baulichen Anlage. Dieser ist nicht vollständig deckungsgleich mit dem bauordnungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage, was sich mit den unterschiedlichen Zielsetzungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts erklärt[638]. Konstituierend für die bauliche Anlage ist zunächst das Merkmal des Bauens, worunter das Schaffen von Anlagen zu verstehen ist, die „in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind“ [639]. Hinzu tritt als weiteres Merkmal der baulichen Anlagen im bauplanungsrechtlichen Sinne deren bodenrechtliche Relevanz[640]. Diese besteht, wenn die Anlage die abwägungserheblichen „Belange in einer Weise berührt oder berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen“[641]. Dabei kommt es auf eine typisierende, die Häufung der zu beurteilenden Anlage unterstellende Betrachtung an[642]. Die bodenrechtliche Relevanz ist lediglich bei Vorhaben zu verneinen, die selten auftreten oder von denen keine störenden Einflüsse ausgehen[643].
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Nicht alle baulichen Anlagen in diesem Sinne unterliegen dem Regime der §§ 30–37 BauGB. Die wichtigsten Ausnahmen regelt § 38 BauGB. Dieser enthält für Vorhaben der Fachplanung mit überörtlicher Bedeutung einen das Bauplanungsrecht verdrängenden Vorrang des Fachplanungsrechts[644]. Voraussetzung ist zunächst, dass diese Vorhaben einem Planfeststellungsverfahren und sonstigen Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung unterliegen. Dabei kommt es nicht auf die insbesondere in § 75 Abs. 1 und 2 VwVfG geregelten Wirkungen der Planfeststellung an.[645] Maßgebend sind nach der Rechtsprechung vielmehr die Rechtswirkungen der Planfeststellung für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens. Entscheidend ist, dass im Rahmen der (Planungs-) Entscheidung eine Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange, einschließlich städtebaulicher Belange der Gemeinden – verbunden mit einem Beteiligungsrecht der Gemeinden –, erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Privilegierung der Fachplanung gegenüber der Bauleitplanung ist damit die Gewährleistung der materiellen Berücksichtigung der städtebaulichen Belange im fachgesetzlichen Planungsverfahren[646]. Weiterhin ist erforderlich, dass es sich um ein Vorhaben von überörtlicher Bedeutung handelt. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn hierfür eine überörtliche, nichtgemeindliche Planungszuständigkeit begründet ist. Ob das Vorhaben tatsächlich überörtliche Auswirkungen hat, ist demgegenüber regelmäßig nicht ausschlaggebend[647]. Über die Fachplanungsvorhaben hinaus befreit § 38 BauGB auch dem BImSchG unterliegende Abfallbeseitigungsanlagen von den Vorgaben der §§ 30–37 BauGB.
1. Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB)
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§ 30 Abs. 1 BauGB sieht vor, dass ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (beplanter Innenbereich) dann zulässig ist, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Da in diesen Fällen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens durch den Bebauungsplan abschließend bestimmt wird, stellt der Gesetzgeber Mindestanforderungen an dessen Inhalt (qualifizierter Bebauungsplan). § 30 Abs. 1 BauGB verlangt, dass der Bebauungsplan „mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält“. Die Mindestanforderungen umfassen demgemäß unter anderem Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 11 BauGB und nach dem ersten und zweiten Abschnitt der BauNVO[648]. Dabei steht nicht von vornherein fest, welche Festsetzungen zu treffen sind. Der Plan muss allerdings ausreichen können, um die städtebauliche Situation allein zu bestimmen. Des Weiteren bedarf es als subjektives Element eines entsprechenden Willens der Gemeinde, eine erschöpfende Regelung zu treffen[649]. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, handelt es sich um einfache Bebauungspläne, die gemäß § 30 Abs. 3 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nicht abschließend, sondern nur ergänzt durch die §§ 34 und 35 BauGB regeln können. Die qualifizierenden Merkmale muss ein Bebauungsplan nicht allein erfüllen. Gemäß § 30 Abs. 1 BauGB kann dies auch in Verbindung mit anderen baurechtlichen Vorschriften geschehen. Auf diese Weise können auch mehrere Bebauungspläne zusammenwirken[650].
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Soweit der Bebauungsplan die qualifizierenden Merkmale erfüllt, bestimmt er abschließend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens. Maßgeblich sind demgemäß die Planinhalte, also in erster Linie die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen, wobei ergänzend die Regelungen der BauNVO und der PlanzV heranzuziehen sind. Die Stoßrichtung der Wirkung der Bebauungspläne ist dabei in erster Linie negativ: Zulässig ist, was den Festsetzungen nicht widerspricht. Nicht erforderlich ist, dass Vorhaben