Название | Die Seepriesterin |
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Автор произведения | Dion Fortune |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783741881206 |
„Ich nehme an, Sie wissen es nicht, aber obwohl Sie in Dickmouth meinen Namen richtig gehört haben, nennen Sie mich heute Miss Morgan Le Fay.“
Dann fiel es mir wieder ein: Morgan Le Fay war der Name von König Artus’ Hexenschwester, die Merlin all sein geheimes Wissen gelehrt hatte.
Sie lächelte erneut. „Ich bin zum Teil bretonisch, zum Teil walisisch. Mein Vater nannte mich Vivian nach Vivian Le Fay, der bösen jungen Hexe, die den alten Merlin im Wald von Broceliande verführt hat. Vielleicht hatte mein Vater recht. Aber Miss Morgan hätte mich nie so genannt, sie hasste den Namen; als sie mir ihr Geld hinterließ, bestimmte sie, ich sollte ihren Namen übernehmen. Ich frage mich, was sie wohl gesagt haben würde, wenn sie Ihre Version gehört hätte.“
Es ging mir gegen den Strich, sie so lügen zu hören. Ich würde mich damit abfinden, aber ich konnte ihr schlecht ins Gesicht sagen, dass ich ihr nicht glaubte. So gab ich keinen Kommentar und wechselte das Thema.
„Sie haben mir immer noch nicht Ihre Quelle für die Feststellung genannt, dass der Name Narrow Dick früher Naradek war.“
„Interessieren Sie sich für Archäologie?“
„Für die Archäologie in dieser Gegend, ja, sehr.“
„Dann können Sie mir vielleicht auch sagen, wo die Höhle unter Bell Knowle liegt, in der die Ebbe kommt und geht.“
Ich war drauf und dran, ihr zu sagen, wo die Höhle lag. Vor meinem geistigen Auge sah ich sie ganz klar und deutlich: Sie lag in einer Vertiefung auf der Seite des Hügels, die zum alten Flussbett ging, das ausgetrocknet war, wenn dort nicht nach einem Regenfall ein dünnes Bächlein Oberflächenwasser rieselte. Und dann erinnerte ich mich plötzlich, dass alles, was ich von der Höhle wusste, von dem seltsamen Traum herstammte, den ich von der Seepriesterin gehabt hatte, und dass die Frau vor mir genauso seltsam war wie die Seepriesterin.
Ich stützte mich auf den Ellbogen und starrte sie an. Ich konnte nicht sprechen, dazu war ich viel zu durcheinander.
Sie sah mich mit einem seltsamen Ausdruck an. Sie war wohl ebenfalls überrascht.
„Gibt es hier irgendwo eine solche Höhle oder eine überlieferte Geschichte über eine derartige Höhle?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste.“
„Warum haben Sie dann so heftig reagiert, als ich Sie nach der Höhle gefragt habe? Was wissen Sie darüber?“
Ich hatte die schlechteren Karten, und so konnte ich mich nur in meinen Kissen zusammenrollen und aus dem Fenster starren. Sie blieb schweigsam und wartete. Sie wusste, ich würde antworten – früher oder später, denn ich war in einer dieser Stimmungen, in denen mir alles egal ist. Immer haben die Drogen diese Wirkung auf mich. Ich lehnte mich daher zurück und sah sie wieder an.
„Nun gut, wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Ich hatte vor kurzem nach einer Morphiumspritze ein merkwürdiges Erlebnis. Ich träumte von der Gegend hier, wie sie in prähistorischen Zeiten gewesen sein muss. Auch wenn wir sie heute nicht mehr finden, weil die See zurückgegangen ist, der Fluss sein Bett geändert hat und die Höhle versandet ist – damals gab es diese Höhle. Ich habe sie gesucht, und sie ist wahrscheinlich immer noch da. Es war eigenartig, ihre Spuren in einer Felsspalte zu finden, aber man kann das auch mit dem Unterbewusstsein erklären. Noch seltsamer war es für mich, dass Sie davon gesprochen haben, denn ich habe das bisher keiner Menschenseele gegenüber erwähnt. Haben auch Sie davon geträumt? Oder ist sie historisch bekannt?“
„Ich habe nicht davon geträumt, ich sah diese Höhle in einem Spiegel.“
„Heiliger Bimbam“, stieß ich aus, „was soll das denn?“
„Das möchte ich auch gerne wissen“, entgegnete sie.
„Schauen Sie her“, brachte ich schließlich heraus, „ich habe eine Ladung Morphium an Bord und sollte besser die Klappe halten, ich rede nur Blödsinn.“
„Überhaupt nicht“, erwiderte sie, „was Sie sagen, hat Hand und Fuß, aber ich gebe zu, dass Sie sich Ihre Zuhörer aussuchen sollten.“
Ich lachte, als wäre ich halb beschwipst.
„Wenn ich Ihnen den ganzen Traum erzähle, werden Sie anders darüber denken. In diesem Traum sah ich Sie, und wenn Sie das glauben, dann glaube ich, dass Sie Miss Le Fay Morgan sind oder Morgan Le Fay oder wie auch immer.“
Sie sah mich an, und ihre Augen begannen zu leuchten wie bei unserer ersten Begegnung, als sie den Kragen zurückgeschlagen und meine Verblüffung bemerkt hatte.
„Ich weiß, dass Sie die Wahrheit sprechen“, sagte sie langsam, „Sie erkannten mich, als ich Ihnen mein Gesicht zeigte.“
„Ja, ich erkannte Sie“, sagte ich und lachte.
„Lachen Sie nicht so“, erwiderte sie, „Sie machen mich nervös.“
„Ich bitte um Entschuldigung“, erwiderte ich, „die Welt ist schon verrückt!“
„Nein“, sagte sie, „nicht verrückt, nur schwachsinnig. Sie und ich, wir sind nur ein bisschen vernünftiger als die meisten und haben das Glück gehabt, uns zu treffen. Lassen Sie uns die Karten auf den Tisch legen, ja? Ich werde Ihnen sagen, was ich weiß, wenn Sie mir sagen, was Sie wissen.“
Das war nicht der Vorschlag, den man einem Häusermakler machte, und schon gar nicht einem, der bei Scottie gelernt hatte. Aber ich war halb weggetreten, vollgepumpt mit Drogen, und meine Krankheit hing mir zum Hals heraus. Es wäre mir in dem Moment egal gewesen, wenn alles in Flammen aufgegangen oder zusammengebrochen wäre, oder wir alle in den ewigen Jagdgründen landen würden. Das muss als Entschuldigung reichen, wenn eine Entschuldigung notwendig sein sollte.
So erzählte ich ihr alles. Es war sehr schwierig, ihr die Geschichte zusammenhängend zu erzählen, und natürlich begann ich am falschen Ende, aber mit Fragen und Geduld gelang es ihr, das Puzzle zusammenzusetzen.
„Sie haben die Seepriesterin durch den Mond gesehen“, sagte sie, „denn der Mond herrscht über die See. Es sind nicht zwei getrennte Geschichten, sondern zwei aufeinanderfolgende Teile ein und derselben Geschichte. Und jetzt haben Sie mich! Ich bin der dritte Teil, der sie vollkommen macht, und das wissen Sie.“
Ich drückte vorsichtig auf die Stelle an meinem Arm, wo Beardmore, unser Arzt, die Nadel hineingestochen hatte.
„Ich habe eine große Portion Morphium intus“, sagte ich, „ich nehme an, Sie sind nur eine Halluzination.“
Sie lachte. „Nun werde ich Ihnen meinen Teil der Geschichte erzählen, und dann können Sie selbst urteilen.“
***
7
Es war eine erstaunliche Geschichte, die Miss Le Fay Morgan da erzählte.
Ihre Vorfahren waren Hugenotten aus der Bretagne gewesen, die sich in England zur Zeit der Aufhebung des Edikts von Nantes niedergelassen hatten. Sie heirateten andere französische Flüchtlinge, später auch Engländer. Alles war friedlich verlaufen, bis der letzte der Ahnenreihe, ihr Vater, eine walisische Frau geheiratet hatte, und so hatten sich die beiden keltischen Zweige, der bretonische und der walisische, verbunden und Fay Le Morgan hervorgebracht.
„Ich bin geweiht von der Natur wie auch vom Namen her“, sagte sie.
Dann starb ihr Vater, und sie musste für sich selbst sorgen. Sie ging zur Bühne, schloss sich der Tanzgruppe einer Provinzpantomime an und arbeitete sich hoch.
„Mein größter Erfolg war die Dämonenkönigin in Jack und die Bohnenstange.“
Ich glaubte ihr. Sie musste ein wunderbarer weiblicher Mephisto gewesen sein.
Es war jedoch ein unsicheres Leben, und als ihr auf Fürsprache einer Cousine der Job bei Miss Morgan angeboten wurde, nutzte sie die Chance.
Das waren die Zeiten, in denen Tischrücken ‚in‘ war. Die alte