Melea. Alexandra Welbhoff

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Название Melea
Автор произведения Alexandra Welbhoff
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903861749



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Kiste holen. Habt Ihr ein Pferd für mich?“

      „Halldor wird Euch eines zur Verfügung stellen.“

      Geralt nickte, eilte zur Tür und sah Halldor an, der unter dem Rahmen stand.

      „Los, beeilen wir uns!“

      Auf das Nicken der Königin hin wandte sich der General ab. Sie lauschten den schweren Schritten der beiden Männer, die sich im Laufschritt entfernten. Als sie verhallt waren, trat Nalia an Rion heran und legte eine Hand auf seine Schulter.

      „Darf ich bitte hierbleiben?“, fragte er leise.

      „Nein, tut mir leid. Ich erwarte drei meiner Heiler. Wir wollen gleich einen neuen Versuch unternehmen, die Wunde zu schließen“, sagte Helimus.

      „Aber sagtet Ihr nicht vorhin, Ihr hättet bereits alles Erdenkliche versucht?“

      „Das heißt aber nicht, dass wir aufgeben.“

      „Ich halte es ebenfalls für sinnvoll, wenn Ihr Euch ein wenig zur Ruhe begebt“, meinte Nalia.

      „Ich werde keine Ruhe finden, solange es meinem Mädchen schlecht geht.“

      „Ihr werdet Melea keine Hilfe sein, wenn Ihr vor Erschöpfung zusammenbrecht.“

      „Und uns auch nicht! Wir haben mit Eurer Tochter wahrlich genug zu tun“, sagte Helimus, wobei er leicht lächelte.

      „Kommt, Rion. Ich bringe Euch zu Eurem Zimmer.“

      Widerwillig folgte er Nalia aus dem Krankenzimmer. Helimus stand seufzend auf, um die Tür zu schließen. Dabei bemerkte er die rauchige Erscheinung nicht, die hinter dem Kopfende des Bettes emporschwebte. Der dunkelgraue Dunst zerfaserte, und es bildeten sich fünf Auswüchse, die wie lange Finger anmuteten. Diese krochen über das Kissen zu Leas Kopf. Und während Helimus noch einen Blick auf den Flur warf, riss Lea Augen und Mund auf. Sämtliche Muskeln verkrampften. Ihr gesamter Körper zuckte unkontrolliert, als der unheilvolle Nebel durch Augen, Nase und Mund in ihren Körper drang.

      „Verflucht, nicht schon wieder.“

      Helimus warf die Tür hinter sich zu und eilte zum Krankenbett.

      „Ich muss noch einige Dinge in die Wege leiten, bevor ich zu Eurer Tochter gehe und den Versuch wage, in ihren Geist vorzudringen.“

      „Ich möchte gerne dabei sein, wenn Ihr dies tut.“

      „Ihr werdet vor der Tür warten müssen, Rion“, sagte Nalia.

      „Sie ist meine Tochter, und ich will bei ihr sein. Ist das denn so schwer zu begreifen?

      Verflucht noch mal“, brüllte er plötzlich.

      Nalia musste mal wieder ihre Wachen davon abhalten, Rion anzugehen.

      „Es erfordert absolute Konzentration, so etwas zu tun. Und es kann für Melea und auch für mich sehr gefährlich werden, sollte ich unerwartet aus ihrem Geist herausgerissen werden.“

      Rion schüttelte verständnislos den Kopf und atmete tief durch.

      „Verzeiht, Hoheit. Ich kenne mich mit derlei Dingen nicht aus.“

      „Ich verstehe Euch. Glaubt mir bitte, wir tun wirklich alles, was in unserer Macht steht, um Melea zu helfen.“

      „Ich danke Euch …“

      Nalia unterbrach ihn, indem sie dazwischen sprach: „Ich muss nun wirklich los. Also, geht bitte in Euer Zimmer, macht Euch frisch, ruht Euch aus und esst etwas. Ich werde Euch nachher abholen, wenn ich zu den Krankenquartieren gehe.“

      Rion wusste gar nicht, wie ihm geschah, als Nalia die Tür öffnete und ihn kurzerhand in den Raum schubste. Er zuckte ein wenig zusammen, da die Tür hinter ihm recht laut ins Schloss krachte.

      Nalia blieb davor stehen und streichelte dem Wassermann über die Schwanzflosse. Dann ging sie zu der Tür, die Geralt ausgewählt hatte und murmelte: „Wer hätte das gedacht?“

      Einen Moment lang betrachtete sie die gefiederte Seeschlange, dann eilte sie los.

      Rion stand immer noch an der Tür und sah sich mit großen Augen um.

      „Das Zimmer ist halb so groß wie mein Haus“, schoss es ihm durch den Kopf.

      Der Raum maß fünfzehn Meter in der Länge und sieben in der Breite. Der Schlafbereich befand sich rechts von ihm und vereinnahmte ein Drittel des Zimmers. Allein das Bett war so groß, dass eine vierköpfige Familie darin Platz finden würde. Daneben stand ein kleines Tischchen mit einer Öllampe. Dann gab es einen Schrank, aus dem man ein weiteres Zimmer hätte machen können, und zwei Truhen, in die er sich bequem reinlegen könnte. Ein großer Kamin zierte die Wand vor ihm. Davor standen vier große Sessel.

      Langsam ging Rion nach links und bestaunte die Fensterfront von fünf Metern Breite. Die Fenster reichten vom Boden bis unter die drei Meter hohe Decke. An der rechten Seite gab es eine Tür, die zum Balkon hinausführte. Es zog ihn jedoch zur linken Seite, wo es einen abgetrennten Bereich gab.

      Vorsichtig, als hätte er Angst davor, dass ihn etwas anspringen könnte, schob Rion einen schweren Vorhang beiseite und warf einen Blick in den separaten Raum. Dort stand ein langer Tisch mit zwei eingelassenen Waschschüsseln. Ein großer Wasserkrug stand daneben auf einem Tischchen, auf dem auch weiße Tücher, Seife und Rasiermesser lagen.

      Er schob den Vorhang nun ganz zur Seite und erblickte direkt den großen Badezuber zu seiner Rechten. Am Ende des Raums entdeckte er eine hölzerne Abdeckung auf dem Boden. Seine Überlegungen, welchem Zweck diese wohl diente, waren hinfällig, als er den Deckel anhob. Wegen des bestialischen Gestanks ließ er den Holzdeckel direkt wieder fallen und flüchtete ins Zimmer zurück. Er ging zur Balkontür, zog den Riegel zurück und wollte gerade hinausreten, als es vernehmlich klopfte. In der Annahme, die Königin sei zurück, eilte er durchs Zimmer und riss die Tür auf.

      Ein alter, runzliger Mann ohne Haare und ein schwerbepackter Junge von vielleicht dreizehn Sommern schoben sich an ihm vorbei. Der Mann ging in die Richtung des Kamins, und der Junge schleppte einen großen Sack zum Bett.

      „Kommt doch rein“, murmelte Rion und schloss die Tür.

      Der Alte neigte sein Haupt, als Rion auf ihn zuging.

      „Verzeiht die Störung, mein Herr. Die Königin beauftragte uns, Euch einige Kleidungsstücke zu bringen. Mein Name lautet Poro, und der Junge heißt Lenas.“

      Der Junge kam herbei, musterte Rion von allen Seiten und lief wieder zum Bett. Dort hatte er den Inhalt des Sackes verteilt und sortierte nun Kleidungsstücke aus. Dies tat er recht zügig. Letztlich packte er ein paar wenige Sachen wieder ein.

      Rion warf einen Blick aufs Bett, auf dem nun Hosen, Hemden und zwei Umhänge lagen.

      „Das sollte als Erstausstattung reichen.“

      Völlig verblüfft schaute Rion die beiden abwechselnd an, bis Lenas auf seine Stiefel zeigte.

      „Oh, da hast du wohl Recht, mein Junge.“

      Rion schaute kurz an sich hinunter.

      „Lenas ist der Meinung, Eure Stiefel hätten ihren Dienst getan, mein Herr. Er wird Euch gleich neue bringen“, sagte Poro lächelnd.

      „Nennt mich bitte nicht so. Mein Name ist Rion.“

      Er sah Lenas an und fragte: „Kannst du nicht sprechen?“

      „Niemand weiß, wieso er nicht spricht. Auch die Heiler nicht. Lenas ist bereits sein halbes Leben hier und hat bisher nicht ein Wort gesprochen.“

      Der Junge schnappte sich den fast leeren Sack und ging zur Tür.

      „So, bis auf die Stiefel sind wir hier erst mal fertig.“

      Rion sah die beiden verwundert an.

      „Soll ich die Sachen nicht anprobieren?“

      Poro schüttelte lächelnd den Kopf.

      „Glaubt