Melea. Alexandra Welbhoff

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Название Melea
Автор произведения Alexandra Welbhoff
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903861749



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was hier oben los war?“, fragte sie Sander.

      „Als ich nach unten wollte, sah ich Mo an der Reling, wo er ausgiebig kotzte. Dabei wollte ich ihn nicht stören. Deshalb bin ich runter und habe mit Respa gesprochen. Die schickte mich wieder hoch, um Mo zu holen. Doch er war noch nicht fertig damit, die Fische zu füttern. Darum kam ich erst mal zurück.“ Lea musste grinsen, da Mo von ihr abgelassen hatte und stattdessen Sander genau in Augenschein nahm. Mit Daumen und Zeigefinger zog er dessen Lider auseinander, um in die Augen des jungen Mannes zu glotzen.

      „Hast du Respa denn Bescheid gesagt?“

      „Nein! Ich hatte keine Lust auf weitere Untersuchungen, denn sie reagierte genauso wie Mo jetzt. Nur, dass sie auch an meinen Ohren zog, um hineinzusehen, und meinen Mund aufzwang. Als ob sich darin die Antwort befinden würde, die meine Wandlung erklärt.“

      „Unglaublich“, flüsterte Mo, wobei er eine Hand auf Sanders Stirn legte.

      Aber seine Untersuchung wurde jäh unterbrochen, als Sander ihn zur Seite schob und an das Geländer trat.

      „Seht nur, was ist das?“

      Wegen des großen Segels konnte Lea nur einen kleinen Ausschnitt des Strandes erkennen. Was sie im morgendlichen Dämmerlicht erblickte, raubte ihr allerdings den Atem.

      „Sind das die Kreaturen, die seinerzeit auch deine Insel eingenommen haben?“

      Mo trat neben sie. Seine Stimme zitterte ein wenig, als er antwortete.

      „Ja, Lea. Allerdings ist kein geflügeltes Wesen unter ihnen, so wie ich es in Ruls sah.“

      „Eines war hier, was aber nicht genau deiner Beschreibung entsprach. Seine Haare waren nicht schneeweiß, sondern schwarz. Das bedeutet wohl, dass es nicht nur eines davon gibt?“

      „War?“, hakte Mo atemlos nach.

      Er bemerkte Leas Hände, mit denen sie sich verkrampft an der Reling festhielt, und ihm fiel ihr schwerer Atem auf.

      „Was ist geschehen?“, fragte er Sander, da Lea nicht antwortete.

      „Sander, du musst mir helfen“, rief Geralt plötzlich.

      In dem Moment neigte sich Geralts Schiff „Die Seeschlange“ extrem zur Seite. Mo und Lea beobachteten, wie Sander schlitternd bei Geralt ankam.

      Gemeinsam stemmten sich die beiden gegen das Steuerrad, bekamen es aber auch zu zweit kaum gehalten.

      „Die Rückströmung muss wahnsinnig stark sein“, meinte Lea.

      Ihr Blick wanderte zu den anderen Männern, die unter ihnen an der Reling standen. Mit dicken Holzstangen versuchten sie, die Seeschlange von den spitzen Felsen des Riffs fernzuhalten, die sich knapp unter der Wasseroberfläche verbargen. Dann ging ein heftiger Ruck durchs Schiff, als der Wind mit voller Wucht ins Hauptsegel griff.

      „Wir haben es geschafft“, flüsterte Lea.

      Doch Mo war nicht mehr neben ihr. Er hatte sich nicht mehr halten können und rutschte auf dem Hintern über die Planken, wobei ihn die heftigen Wellen sämtliche Ecken des Aufbaus besuchen ließen.

      Lea bewegte sich langsam auf ihn zu. Normalerweise bereitete ihr ein solcher Wellengang keine Probleme, doch ihr Befinden machte ihr immer mehr zu schaffen. Allein sich auf den Beinen zu halten bereitete ihr gewaltige Mühe. Und als sie endlich bei Mo ankam, fehlte ihr die Kraft, ihm aufzuhelfen. Sie schaffte es allerdings, sich am Geländer festzuhalten und seine Hand zu ergreifen, als er an ihr vorbeischlitterte. Dies führte dazu, dass er gegen das Geländer krachte. Er hielt sich direkt fest, und wenig später stand er neben ihr.

      „Danke, du hast mein Leben gerettet“, sagte er grinsend.

      Das Grinsen verging Mo jedoch, als er Lea anblickte, die sämtliche Farbe eingebüßt hatte und am ganzen Leib zitterte. Bevor er etwas sagen konnte, wurde die Seeschlange von einer hohen Welle getroffen und überspült.

      Das eiskalte Wasser traf die Männer unten wie ein Hammerschlag. Sie hielten sich verzweifelt an der Reling fest. Auch Mo klammerte sich an das Geländer, wobei er Lea zwischen seinen Armen hielt. Eine weitere Welle traf das Schiff, zwar nicht ganz so heftig, aber die Wucht reichte für eine weitere eisige Dusche.

      3

      Allmählich wurde die Fahrt ruhiger, und Mo schaute erleichtert zu Geralt. Er hatte es geschafft, das Schiff in die Wellen und in tiefes Wasser zu steuern.

      „Ich bringe dich unter Deck, Lea“, sagte Mo besorgt, da sie sich schwer auf seinen Arm stützte.

      Sie drehte sich zu ihm, wandte dann aber hastig den Kopf zu Seite.

      „Was ist los?“

      Mos Frage erübrigte sich, als Lea zu würgen anfing. Er half ihr eilig die Stufen hinab zur Reling. Dort erbrach sie sich mehrmals, und als sie sich völlig fertig umdrehte, erblickte sie einige verschwommene Gesichter.

      „Geht es dir etwas besser?“, hörte sie ihren Vater fragen.

      Außer einem Nicken brachte Lea nichts zustande. Es ging ihr richtig schlecht, was sie ihrem Vater aber nicht sagen wollte.

      Ihr Arm pochte, und ein fieser kleiner Kobold schien sich einen Spaß daraus zu machen, mit einem Messer in der Wunde herumzurühren. Zudem plagten sie heftige Kopfschmerzen, und ihr Magen rebellierte bei jedem Atemzug.

      Jemand drückte ihr einen Wasserbeutel in die Hand, den Lea dankbar annahm. Sie trank und verschluckte sich prompt. Hustend und würgend kämpfte sie gegen den Drang an, sich erneut übergeben zu müssen.

      Mo trat an ihre Seite.

      „Du gefällst mir gar nicht. Ich werde mir die Wunde nochmal anschauen, hoffentlich hat sie sich nicht entzündet“, sagte er.

      „Schiffe! Seht nur, dort sind eine Menge Schiffe“, hörten sie plötzlich Matt rufen.

      Und dann vernahm sie wieder ihren Vater.

      „Bei allen guten Göttern, wie viele es sind.“

      Zitternd drehte sie sich zur Reling um und stöhnte dabei gequält. Eine Hitzewelle überkam sie plötzlich. Binnen weniger Herzschläge war sie schweißgebadet und krallte sich an der Reling fest, da ihre Beine wegknickten. Benommen schüttelte Lea den Kopf und versuchte, irgendetwas zu erkennen, doch dann wurde es dunkel um sie herum.

      Rion hatte nach den fremden Schiffen geschaut, ebenso wie alle anderen. Er konnte Lea gerade noch auffangen, bevor sie auf den Boden fiel.

      „Mo, was ist mit ihr?“

      Der Schamane fühlte ihre Stirn und hob die Augenlider.

      „Schnell, bring sie runter.“

      Mo eilte voraus. Wenig später legte Rion seine Tochter aufs Bett und wurde von Respa prompt zur Seite geschoben. Sie fühlte ebenfalls Leas Stirn und sah dabei entsetzt auf den zerfetzten Verband. Blut rann Leas Arm hinab und tropfte vom Ellenbogen auf den Boden.

      „Sie hat sehr hohes Fieber und ich muss sofort an die Wunde ran. Rion, leg sie auf den Tisch und dann will ich wissen, wie das passiert ist.“

      „Bei den Göttern! Es war zu dunkel draußen, das ist mir gar nicht aufgefallen“, keuchte Rion, als er das viele Blut sah, und sagte bitter: „Das war diese Bestie! Aber ich verstehe nicht, wieso Lea nichts gesagt hat. Sie muss doch unglaubliche Schmerzen haben.“

      Besorgt nahm Rion seine Tochter wieder hoch und legte sie auf dem Schreibtisch ab.

      „Ja, die hat sie, ganz bestimmt sogar. Aber ich fürchte, das ist nicht der Grund für ihre Bewusstlosigkeit.“

      Mo hatte in der Zwischenzeit eine Schüssel frisches Wasser besorgt und trat neben Rion, der Leas Hand hielt.

      „Was ist denn nur los mit ihr?“

      Respa löste vorsichtig den improvisierten Verband. Ein bestialischer Gestank verbreitete sich in der Kajüte.

      Rion presste den Handrücken