America´s next Magician. Isabel Kritzer

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Название America´s next Magician
Автор произведения Isabel Kritzer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919081



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Aber das Einbüßen meiner Sicht, die Verwirrung meiner Sinne – alles, was im vermeintlichen Leib des Tieres über mich herein­gebrochen war, war eine Illusion gewesen. Eine verdammt gute. Lanahaa hatte mich mit den Winden in der Luft festgehalten, wie sie es auch gerade tat, ohne dass ich es gemerkt hatte – in meinem Tunnel der geistigen Umnachtung –, und mich kontinuierlich mit immer mehr Wasser überschüttet. Oder mir das zumindest vorgegaukelt.

      Meine Mutter hatte mich gefoltert, um mich zu schwächen. Genau wie mit dem magischen Käfig, der mich viel zu lang beschäftigt hatte. Der Gedanke schluckte sich wie Zyankali. Es war eine bittere Pille voll Gift.

      Sie hatte mich einer Art magischem Waterboarding unterzogen. Und es hatte funktioniert. Das simulierte Ertränken hatte bei mir den Eindruck unmittelbar drohenden Ertrinkens hervorgerufen und den Würgreflex angesprochen. Die Foltermethode hätte mich allerdings auch um ein Haar umgebracht. Meine Mutter hatte die Gefahr des Eindringens von großen Mengen an Wasser in meine Luftröhre und meine Lunge mit nachfolgendem Ertrinken in Kauf genommen. Und damit meinen Tod.

      Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, als das Grauen all dessen in mein Bewusstsein sickerte. Der Schock der Erkenntnis brachte das letzte Flackern der Flamme in mir mit sich. Dann ging sie aus.

      Eine ungeheure seelische Ermattung hatte mich ergriffen und ich kämpfte nicht länger gegen die Erschöpfung in mir. Ich sah keine Hoffnung mehr und selbst Rache und Hass hatten ihren Reiz verloren. Ich war so tief verletzt, dass der Schmerz in meinem Innersten alles konsumierte. Er pochte unablässig und erinnerte mich daran, wie weh es tat.

       Ivan war tot, Rayn war tödlich verletzt und auch ich war gerade fast getötet worden, wieder einmal – allerdings dieses Mal infolge von Folter durch meine eigene Mutter.

      Ich schloss die Augen, wollte am liebsten die Erinnerung an alle Geschehnisse und Wahrheiten des heutigen Tages aus meinem Gedächtnis löschen. Als es jedoch Sekunden später vor meinen Lidern immer heller leuchtete und ein markerschütternder Schrei in mein Bewusstsein drang, riss ich sie ein letztes Mal auf.

      Lanahaas Gestalt glühte im Licht dreier riesiger Magiebälle, die gerade ihren Körper trafen. Einer riss sie an ihrer Schulter herum, einer drang von vorn in ihr Herz und der dritte von hinten in den Rücken. Grelle Lichtblitze und ein lauter Knall begleiteten die großen Energie­mengen, die in mehreren Explosionen an den Eintrittsstellen detonierten. Gelbe, weiße und blaue Magie umzüngelte ihre Extremitäten.

      In meinen Gedankensirup kam Bewegung. Gelb, Weiß und Blau. Die Farben der Gilden der übrigen Magicians!

      Obwohl Lanahaa sich sichtlich wehrte und zuckte, kam sie in der Luft ins Trudeln. Sie schrie schrill auf, als noch mehr Magie sie traf. Ihr Brustkorb wurde nach hinten gerissen, ihr Unterkörper nach vorne.

      Bewegungslos verfolgte ich ihre Anstrengungen, sich zu stabilisieren. Sah das aufsteigende Grauen in ihren Augen und beobachtete stumm ihren Überlebenskampf, während sie schrie – so schrill und laut.

       Schrei. Schrie. Schrie.

      Es berührte mich seltsamerweise nicht. Ganz so, als wäre ich nur ein Voyeur – unbeteiligt, nicht wirklich anwesend. Als wäre das alles nicht real. Zu sehr hatte mein Geist bereits gelitten, um etwas zu empfinden. Und doch musste ihr jemand den finalen Schlag versetzen.

      Aus dem Augenwinkel meinte ich einen Schatten wahrzunehmen, der sich mit rasanter Geschwindigkeit näherte. Wie in Zeitlupe drehte ich den Kopf, um der neuen Bedrohung entgegenzublicken. Noch eine Wolkenschlange? Ihre letzte?

      Doch was ich sah, war ungleich erschreckender. Es überbot alles, was ich mir vorzustellen vermocht hätte. Es war … unmöglich!

       Ich halluzinierte. Ganz eindeutig.

      War ich gestorben, ohne es zu merken? Denn das, was ich meinte zu sehen, konnte nicht stimmen! Ich war verrückt geworden. Es gab kein Zurück. Oder?

      Ivans Gestalt, in silbernem Hemd und mit firmamentblauer Anzughose, kam mit rasender Geschwindigkeit in einer blauen Blase auf uns zu. Er sah so unversehrt aus. Um ihm schwebte eine ganze Heerschar an kleinen blauen und weißen Magiekugeln, die er steuerte.

      Mit geschlossener Hand holte er aus, öffnete diese bei der Vorwärtsbewegung: Dutzende Kugeln lösten sich aus dem Lichtermeer und rasten auf den sich auflösenden Wolkenthron zu.

      Blaue Energieblitze sprangen über Lanahaas Gestalt, als die Kugeln ihr Ziel trafen.

      Immer mehr wurden von Ivan losgeschickt.

      Ihr Körper zuckte unter dem neuen Ansturm von Energie. Ihr Gesicht war schmerzhaft verzogen, die Lippen zusammengepresst, indes ihre Augen hervortraten und das Weiß von roten Äderchen durchzogen wurde. Die Blutgefäße darin platzten. Verbrennungserscheinungen traten durch Blasen an ihrer Haut am Hals und dem Dekolleté des Kleides auf. Dann begannen neurologische Effekte und Muskelreizungen dem Anblick ihrer Bewegungen etwas Spastisches zu verleihen. Sie wirkte wie eine Marionette in der Luft, bei der der Spieler die falschen Fäden zog.

       Es war grausam. Es war schrecklich.

      Ich wusste, was jetzt kommen würde: Muskellähmungen und dann der völlige Kontrollverlust. Sosehr ich sie ablehnte, selbst nach dem, was sie mir angetan hatte, konnte ich bei diesem Anblick keine Genugtuung empfinden. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass es endlich vorbei war.

      Keinen Herzschlag später hatte Ivans große blaue Blase mich und Lanahaa erreicht. Wir schwebten in einer Dreieckskonstellation.

       Ivan würde sie besiegen. Der Schild über uns würde fallen, ich würde fallen – und die Drohnen von Eterny würden dem Kaiserreich heute noch mehr Gefallene bescheren.

      Meine Lider begannen sich wie in Zeitlupe zu senken. Ich wollte nichts mehr sehen. Das konnte nicht mein Ivan sein. Doch fühlte ich den nahenden Tod so sehr in den Knochen, dass er auch noch nicht eingetreten sein konnte. War das alles doch real?

      Ich traute meinen Sinnen nicht über den Weg. Umso befremdlicher fand ich den Blick, den mir Lanahaa noch zuwarf bevor meine Lider geschlossen waren. Er hatte etwas von Bedauern. Doch was bedauerte sie? Mich gefoltert zu haben, mich nicht schon längst fallen gelassen zu haben oder diesen Kampf zu verlieren?

      Dann fielen wir beide.

       Dieses Mal wohl wirklich.

      Mein Bewusstsein verabschiedete sich.

      Ein ganzes Land

      Als sich mein Gehirn zurückmeldete, spürte ich schlagartig die bleierne Schwere meiner Glieder. Alles schmerzte. Ich fühlte mich, als hätte mich ein Monstertruck überrollt – nicht dass es von denen überhaupt noch welche gab. War nicht bereit, meine Lider zu heben, die Dunkelheit, in der ich mich sicher wähnte, für ein allzu offensichtliches Lebenszeichen aufzugeben.

      Luft strömte mit jedem Atemzug beruhigend in meine Lunge und verließ bei jedem Ausatmen wieder meinen Körper. Die gleichmäßige Bewegung verursachte ein Stechen in meiner Herzgegend. Alles war geschunden und wund. Meine Seele genau wie mein Körper.

      Dass ich hier mit Schmerzen lag, musste bedeuten, dass ich nicht tot war. Und dass ich auf dem Rücken lag, ganz ohne Flügel, wohl dass ich wieder ausschließlich Mensch war. Irgendwer hatte meinen Aufprall auf den Boden verhindert. Vermutlich Ivan, erinnerte mein Bewusstsein mich unangenehm daran, dass es Dinge gab, die ich hatte vergessen wollen, weil sie zu viel für meine Psyche gewesen waren.

      Ich grub mental tiefer. Wollte mich wieder erinnern. An alles.

      Das Geschehen der magischen Duelle war sofort präsent. Jeder Moment, jede Handlung bohrte sich wie eine glühende Klinge in mein Hirn, bis ich das Gefühl hatte, mehr schmerzende als schmerzfreie Stellen zu fühlen. Der Druck auf meinen Kopf nahm sekündlich zu, bis