America´s next Magician. Isabel Kritzer

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Название America´s next Magician
Автор произведения Isabel Kritzer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919081



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Geist schlug gleichzeitig mit meinem Herz Alarm, als mein Verstand wieder klar zu werden begann. Die Schuld drückte mich augenblicklich nieder. Ivans reglose Gestalt, lag sie noch immer auf dem Marmor, wie ich sie zurückgelassen hatte?

      Ich drehte suchend den Kopf.

      Der gelbe Hagel war vorerst vorüber. Überall im Boden um Rayn und mich klafften nun kleinere und größere Krater, in denen letzte Reste von Energie schwelten. An der Stelle, an der Ivans Körper gelegen hatte, war ein besonders großer Krater. Von ihm war weit und breit nichts zu sehen. Gar nichts. Kein Arm, kein Bein.

      Ich nahm an, dass sich in dem Krater der Überrest dessen befand, was einst sein Körper gewesen war …

      Mein Magen sackte ins Bodenlose, während ich die ausgebreiteten Flügel um Rayn und mich schloss – die Welt mit all ihrer Grausamkeit einfach ausschloss. »Nein«, flüsterte ich noch einmal leiser, als es dunkel um uns wurde. Nach außen hin mochte ich weiter im Licht der vier Gilden strahlen, hier drinnen, in der selbst geschaffenen Höhle, war es so trostlos wie in meiner Seele.

       Dunkel. Still. Verletzt.

      Zärtlich strich ich Rayn die Haare aus dem Gesicht. Mit zitternden Fingerspitzen untersuchte ich danach die Platzwunde, die er sich durch meine Unachtsamkeit beim Sturz eingehandelt hatte. Solange er nicht bei Bewusstsein war, konnte ich nicht sagen, was alles gebrochen und verletzt war, wie es ihm wirklich ging. Das Einzige, was ich konnte, war, zu kontrollieren, ob er weiterhin atmete. Da wir von Lanahaas Schild umgeben waren, konnte ich ihn nirgendwo anders hin-, in Sicherheit bringen. Er war alles, was ich noch hatte. Ich würde ihn so gut es ging schützen. Wenn nötig mit meinem Leben.

      Als ich die rechte Hand hob, um sie Rayn unter die Nase zu halten, merkte ich erst, dass ich dort blutete. Ich hatte gar nicht realisiert, wie sehr die magischen Energiefunken meine Haut zerfetzt hatten. Die natürlichen Mechanismen, die meinen Körper normalerweise längst hätten Alarm schlagen lassen, waren offensichtlich vom Feuerwerk in meinen Synapsen außer Kraft gesetzt worden.

      Ivan war tot – der Gedanke übertönte alles in mir, selbst meine Angst um Rayn. Für einen Augenblick starrte ich auf die Eintritts­stellen der Funken, die stark bluteten. Sollte die Energie nicht alles verödet und verbrannt haben? Was waren das für gelbe Magiekugeln? Die Gewalt da draußen, sie überstieg meinen Horizont.

      Ich wiegte mich mit Rayn auf den Knien vor und zurück. Ließ den Tränen, die sich bereits in meinen Augenwinkeln gesammelt hatten, freien Lauf.

      Nach Minuten beruhigte ich mich ein wenig. Was jetzt?, fragte ich mich unwillkürlich. Ich konnte nicht ewig hier sitzen und mich wie ein kleines Kind verstecken, während ich so tat, als würde mich niemand sehen und mich alle sahen. Wo war mein Mut hin? Wo waren meine Wut und der Wille zu kämpfen hin? Weg. Weg. So wie Ivan.

      Neue Tränen stiegen in mir auf.

      Plötzlich krümmte sich Rayns Körper. Ein leises Wimmern kam ihm über die Lippen und er bewegte sich.

      »Rayn?«, flüsterte ich hoffnungsvoll, nahe seinem Ohr. »Kannst du mich hören?« Ich hielt den Atem an, wagte mich nicht zu regen und hoffte. Hoffte so sehr, dass wenigstens Rayn überleben würde.

      Sein Brustkorb hob sich. Er hustete, zog gierig Luft durch den Mund in seine Lunge. Hustete wieder, während ich ihn reglos beobachtete. Noch immer ganz so, als könnte eine Bewegung von mir das Wunder seines Erwachens rückgängig machen.

      Ein undefinierbarer Laut entwich seinen Lippen.

      »Ich bin da«, murmelte ich beruhigend. »Ich bin da.« Und senkte mein Ohr näher zu seinem Mund.

      »Mhuuhhmm … ssss … mhhmm«, hörte ich nur.

      »Was, Rayn, was?« Aufregung ergriff mich, prickelte in meiner Luftröhre empor bis zu meiner Stirnhöhle.

      Er atmete schwer ein. Setzte neu an. »Muusss … ttt … raauu.«

      Ich verkniff mir ein nervöses Seufzen. War bei seinem Sprachzentrum im Kopf oder den Stimmbändern im Hals irgendwas verletzt worden? Ich hoffte es nicht.

      Jetzt strich sein Atem nur noch schwach über meine Hand.

      Dann hörte ich ein weiteres Husten, das stärker wurde und schließlich seinen kompletten Körper schüttelte. Verzweifelt hielt ich ihn fest, umklammerte seine Glieder mit meinen.

       Das klang gar nicht gut.

      Mir war, als würde ich alles, was Rayn ausmachte, während seines Anfalls mit meinen beiden Händen zusammenhalten. Als wären diese das Einzige, was ihn davon abhielt, in Einzelteile zu zerfallen. Und wäre mein Herz nicht bereits zersplittert, so wäre es das jetzt, da ich seine Qualen miterlebte.

      Qualen, für die nur eine Person verantwortlich war, erinnerte ich mich und suchte in mir nach dem Hass für ebenjene. Nach dieser wunderbar mächtigen Emotion, die mich schon ein Stück weit über mich selbst hatte hinauswachsen lassen.

      »Du.« Pause.

      Hoffnungsvoll blickte ich Rayn in die kaum geöffneten, umflorten Augen. Sein Bewusstsein war da und doch nicht wirklich da.

      »Musst«, quetschte er jetzt rau hervor. Dann atmete er überraschend tief ein. Sein Brustkorb weitete sich besorgniserregend. »Da.« Er keuchte laut.

      Vor Schmerz? Vor Anstrengung? Was musste ich wo?!

      »Raus.« Damit sackte er in sich zusammen. Seine Lider schlossen sich. Seine Atmung ging unregelmäßig.

       Starb er?

      Ich begann zu hyperventilieren.

      Die Schlacht der Elemente

      Fassungslosigkeit hüllte mich in einen mentalen Flor des Bedauerns und der Trauer, wandelte mein zu schnelles Herzklopfen in ein Dahindriften meines Geistes. Mein Kopf schmerzte, meine Schläfen pochten.

      Rayns Atemzüge gingen immer schleppender.

       Ich verdankte ihm so viel und jetzt starb er auf meinen Knien inmitten einer Schlacht, die gar keine sein sollte. Die keinem Ziel diente; zumindest keinem, das sich mir erschloss.

       Wäre meine Mutter Anführerin der Rebellen, wäre es ihr Ziel, Sinessa zu stürzen, den Kaiser zu stürzen – beide zu vernichten? Warum hatte sie sie nicht angegriffen? Wozu die Kämpfe mit Ivan und Rayn?

      Heiß glühten meine Wangen, als ich Rayns mit meinen Händen umschloss, da sein Kopf fast von meinem Schoß rutschte.

      In meinem Innersten suchte ich nach der Quelle meiner Macht, ging geistig immer weiter in mich, um sie mit bloßer Willenskraft zu packen und hervorzuzerren. Um sie mit der Kraft der Verzweifelten einzusetzen und hoffentlich irgendwie Rayns Leben zu retten.

      Ich schluchzte laut auf, als ich das Ende eines hellen Energie­fadens, der nur in meinen Gedanken existierte, spürte. Der Weg zur Quelle meiner Magie! Doch er entglitt mir und ich litt, während ich erneut nach ihm suchte. Mein Brustkorb hob sich vor mühsam unterdrückten Schluchzern. Ungewollt verlieh dies auch Rayns schlaffer Gestalt den Anschein von Bewegung.

      Tränen liefen mir in Strömen über die Wangen und nahmen mir die Sicht. Ich durfte jetzt nicht scheitern, oder er würde sterben. Eine unmenschliche Verantwortung.

      Meine Nase war zu, ich konnte nur noch durch den Mund atmen. In einer verzweifelten Geste schloss ich die Augen, schloss alles aus, was passierte und passiert war. Dann begab ich mich in das Labyrinth meines Bewusstseins, folgte dem Gefühl von Macht, von Kraft, von Stärke. Der Energiefaden führte mich direkt an den Ort, den ich hatte finden wollen. Behände griff ich in die Masse aus hellem Licht vor mir, streckte meine Finger aus und zog daran. Als daraufhin ein noch kraftvollerer Faden entstand, wickelte ich intuitiv mehr und mehr davon ab.