Geschichte einer Pandemie. Hermann Görtz

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Название Geschichte einer Pandemie
Автор произведения Hermann Görtz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991076445



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      Kürzlich wurde die Corona-App noch als Königsweg gefeiert. Dabei war von einer freiwilligen Lösung die Rede. Smartphones sollen untereinander registrieren, welche Person mit wem Kontakt hatte – um diese Kontaktperson im Nachhinein über eine Corona-Infektion zu informieren, streng anonym und sehr bald.

      Nun scheint es ein Kompetenzgerangel zwischen dem Bundesinnenministerium, dem Gesundheitsminister und dem Bundeskanzleramt zu geben. Streitpunkt ist, dass eine vom Heinrich-Hertz-Institut und dem RKI entwickelte App die Daten auf einem zentralen Speicher speichern soll. Das halten Kritiker für zu riskant, weil im Falle eines Hacks alle Daten weg wären. Den Datenschutz-Bedenkern gefällt der Vorschlag des Gesundheitsministers J. Spahn, eine zentrale Lösung zu bevorzugen, überhaupt nicht. Während andere europäische Länder schon eine Corona-App haben, muss Deutschland weiter warten.

      Die Bundesregierung setzt nun doch unerwartet auf ein anderes Konzept. Man werde „eine dezentrale App vorantreiben, die die Kontakte nur auf dem Gerät speichert“. Apple und Google, die beiden Tech-Riesen, hatten überraschend eine gemeinsame Initiative für eine Tracing-App verkündet, mit einem dezentralen Ansatz. Die Regierung will in Kürze eine App anbieten, die sowohl alle technischen Voraussetzungen erfüllt und datenschutzkonform ist. Geht doch!

      Einige Länder haben vorgeschlagen, Menschen

      mit überstandener Covid-19-Erkrankung einen

      Immunitätsnachweis auszustellen.

      Die WHO warnt nun vor solchen Plänen.

      Noch sei nicht bewiesen, dass Antikörper immun

      gegen das Virus machen.

      Am 23. April stirbt N. Blüm

      Was hat Norbert Blüm mit Corona zu tun? Direkt nichts, wie wir alle. Aber er hat auf Grund seiner schweren Erkrankung – er war infolge einer Sepsis fast vollständig gelähmt – gesagt: „Die normalen Verhältnisse bieten ein Potenzial an Lust, das wir erst zu schätzen wissen, wenn wir es verloren haben“. Als er dies gesagt hat, war Corona gerade in unseren Köpfen angelangt. Diese Aussage beschreibt aber einen Zustand, den wir zurzeit sehr gut verstehen können. Norbert Blüm war einer der großen Sozial-Politiker der CDU von 1982–1998, während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl. Er hat viel und Gutes für unser Land geleistet und den sogenannten kleinen Mann nie aus dem Blickwinkel verloren.

      Regierungserklärung der Bundeskanzlerin

      In Ihrer Regierungserklärung am 23. April 2020, hat Angela Merkel ihre Sorge mitgeteilt, das bisher Erreichte leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Ohne Namen zu nennen hat sie damit zuallererst NRW gemeint. Ihr gehen die Lockerungen zu weit. Es bleibt auch festzustellen, dass es ein Flickenteppich von Verboten oder Erleichterungen gibt. Von Bundesland zu Bundesland, von Stadt zu Stadt und Kommune zu Kommune, sogar innerhalb der Bundesländer gibt es zu viele unterschiedliche Regelungen. Sie haben den unerwünschten Effekt, unter Umständen Begehrlichkeiten oder auch begründete Ängste zu wecken. Da sollte eine bessere Abstimmung möglich sein, auch wenn es von Region zu Region unterschiedliche Gegebenheiten gibt.

      Die 27 Staats- u. Regierungschefs der EU-Länder verständigten sich auf ein 500 Milliarden Hilfspaket in der EU. Der größte Teil der Hilfen soll für Kredite eingesetzt werden und ein Teil für sofortige Finanzhilfen. Weiter beschlossen sie eine Corona-Aufbauhilfe in Höhe von 1.000.000.000.000 € (1 Billion). Bis Mitte Mai soll eine Expertenkommission die Details erarbeiten. Allerdings wollen einige Länder wie Frankreich, Italien oder Spanien diese Aufbauhilfe nicht als Kredit, sondern als nicht zurückzuzahlende Hilfen zu erhalten, was in einigen Ländern, u. a. den Niederlanden, Deutschland und den skandinavischen Ländern kritisch gesehen wird.

      Am 25. April 2020 lese ich in meiner Tageszeitung, dass diese angedachten Hilfen bei weitem nicht ausreichen. In der Krise erkennt man die Schwachpunkte jeden einzelnen Staates. In meinem Heimatland Deutschland ist es oberstes Gebot und Pflicht, zu helfen, so wie es auch in den Europäischen Verträgen geregelt ist. Wir sind solidarisch und haben uns immer der Verantwortung gestellt, ohne Wenn und Aber.

      Ich möchte an die Wirtschaftskrise von 2009 erinnern. Sie umfasste eine Staatsschuldenkrise, eine Bankenkrise und eine Wirtschaftskrise. Diese Krise hat über 1 Billion € gekostet. Wie hoch der Anteil Deutschlands war, weiß ich nicht. Da wir aber der größte Einzahler in der EU sind, ist auch davon auszugehen, den höchsten Anteil an dieser Krise gezahlt zu haben. Deutschland hat sich immer der Verantwortung gestellt. Gezahlt haben 2009 auch die Steuerzahler und Sparer, auch die Kleinsparer. Das Ergebnis war: die Sparzinspolitik tendiert gegen null, welches sich bis heute auf Grund der Finanzpolitik der EZB gnadenlos fortsetzt. Die Leidtragenden sind die Bürger, die sparen, egal in welcher Form. Man kann sogar mit Minuszinsen heutzutage Geld verdienen. Wenn einige europäischen Mitgliedsstaaten so tun, als würde Deutschland alle anderen Staaten auspressen, so sei denen ins Stammbuch geschrieben, dass die Steuerzahler und Sparer einen Großteil der Zuschüsse und Hilfen leisten. Mit dieser Aussage diskreditieren sie uns, das Volk. Ich weiß, dass das Thema viel komplexer ist, und man dies in paar Sätzen überhaupt nicht erklären kann, aber ich musste dies mit meinen Worten einmal loswerden. Im Übrigen bin ich ein bekennender Europäer.

      Vielleicht sind Krisen geeignet, einmal darüber nachzudenken, wie wir diese künftig besser bewältigen können. Ich bin auch der Auffassung, dass ein Europa in der Gemeinschaft das gut leisten kann und auch leisten muss. Es ist auch unabdingbar, einen Wandel im Denken herbeizuführen. Ohne einem Land die Identität nehmen zu wollen, müssen wir es doch schaffen, uns um einheitliche Standards zu kümmern. Dazu gehört die Finanz-, Steuer-, Sozial-, Gesundheits-, Verteidigungs-, Außen-, Flüchtlings-, Klimapolitik usw. Dieses Unterfangen wird Jahrzehnte dauern, muss aber gemacht werden. Wie wollen wir eine Vergleichbarkeit herstellen, wenn wir weiterhin mit unterschiedlichen Voraussetzungen agieren. Es gibt Staaten in aller Welt. die undemokratisch, diktatorisch sind, keine freie Meinungs- u. Pressefreiheit zulassen, rechtsradikal sind und ein großes Interesse am Scheitern Europas haben. Dies kann man nicht oft genug sagen.

      Einigkeit „ade?“

      Nachdem der Lockdown und die Wirtschaftshilfen noch einstimmig von den Parteien beschlossen wurden und die Medien dies begrüßten, hat sich die Situation ca. 10 Wochen nach Ausbruch des Coronavirus in fast allen Lagern schlagartig zum Nachteil verändert und die Stimmung kippt.

      Die Bundesregierung mahnt nach wie vor zur Vorsicht. Die Opposition äußert in Teilen massiv Kritik an der Regierung. Ist wohl Aufgabe einer Opposition! Einige der Länder-Chefs versuchen, sich auf unterschiedliche Weise zu profilieren. Nicht immer zum Nutzen der Bürger. Der Wirtschaft gehen die Lockerungen nicht weit genug. Da sollte viel mehr gemacht werden und einige Wirtschaftsexperten beklagen nur ihre negativen Zahlen. Den Virologen, auf deren Sachverstand wir angewiesen sind, wird vorgeworfen, sich in die Politik einzumischen. Einige Medien verbreiten Verschwörungstheorien, u. a., dass A. Merkel die Bürger nur bevormunden und an die Kandare nehmen will.

      Ehrlich gesagt macht mir das aber Sorge und auch Angst. Angst, zu glauben, dass die Menschheit – wegen der akuten Nöte der Familien und Unternehmen –, dass wir alle an der Realität scheitern. Diesen Trend stelle ich nicht nur bei uns in Deutschland fest, sondern weltweit geschieht das Gleiche. Verpassen wir nicht die einmalige Chance, uns unseren dringlichsten Problemen zu widmen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, vieles zu hinterfragen und einmal nachhaltig zu verbessern.

      Pressekonferenz vom 30. April

      In der Pressekonferenz hat Bundeskanzlerin A. Merkel berichtet, dass sich Bund und Länder auf folgende Lockerungen verständigt haben: Spielplätze, Zoos und botanische Gärten sollen öffnen dürfen, sowie Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten. BK Merkel sagte auch, dass die Situation eine gewaltige Herausforderung sei und körperliche Distanz das Gebot der Stunde sei.

      In Teilbereichen sind in den einzelnen Ländern schon verschiedene Vorgehensweisen vorgenommen worden. Eine einheitliche Regelung ist auch auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen nicht immer möglich und auch nicht sinnvoll. Vereinbart wurde auch die Wiederzulassung von Gottesdiensten. Für religiöse Orte galt ab Mitte März ein Versammlungsverbot. Einige Länder haben dies bereits gelockert oder dies angekündigt. Alle diese kleinen Öffnungsschritte sind an besondere