Название | Kurzgeschichten, wie sie das Leben so schreibt |
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Автор произведения | Susanne Uenal |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991077114 |
Danach sonnten sie sich, bis sie Hunger verspürten. Auf dem Weg zur Snackbar lief ihnen prompt wieder einer der beiden Türken vom Vortag über den Weg. Diesmal allerdings der Kleinere von beiden. Er hielt die beiden an und fragte sie, ob sie nicht Lust hätten, bei der Modenschau, die 2 Tage später am Abend stattfände, mitzumachen. Sie dürften Kleider aus der Boutique vorführen, zusammen jeweils mit einem Hotelangestellten. Das sei nämlich eine gute Werbung. Fränzi war natürlich sofort begeistert. Sie mit ihrer guten Figur hatte schließlich auch nichts zu befürchten. Und sich zu präsentieren, machte ihr Spaß.
Doch Manuela schaute kritisch an sich runter. Sie hatte ein paar Kilos mehr als ihre Cousine. Und blamieren wollte sie sich schließlich nicht. Auch war ihr nicht ganz wohl beim Gedanken, vor so vielen Gästen auf dem Laufsteg zu stehen. Doch der Türke zerstreute ihre Bedenken. Es seien noch andere Gäste, die wesentlich mehr Kilos als sie hätten, bei der Modenschau dabei. Und das Lampenfieber gebe sich bestimmt auch. Warum also eigentlich nicht? So stimmten beide zu. Am Nachmittag vor dem Abend sei dann noch eine kurze Probe mit den jeweiligen Partnern.
Nach dem Imbiss lustwandelten sie etwas in der Hotelanlage, wo es schön kühl war. Vor dem Schaufenster der Boutique mit den schönen Hemden blieben sie wieder stehen. Das hätten sie besser nicht getan. Schon standen nämlich wieder die beiden Türken neben ihnen und fingen ein Gespräch an. Ehe sie es realisierten, saßen die beiden mitten in der Boutique an einem kleinen Tischchen und unterhielten sich angeregt. Der Größere von beiden hieß Tarkan und war mal eine Weile lang Model gewesen. Da es ihm aber zu langweilig war, nur schöne Kleider vorzuführen, verkaufte er nun diese in der Boutique. Der andere hieß Mehmet und war Mitinhaber der Boutique. Es vergingen nur ein paar Minuten, und schon hatten die 4 abgemacht, dass sie sich am Abend vor dem Hotel treffen würden. Sie wollten in einem anderen Hotel die Disco besuchen.
Wieder am Pool, schauten sich die beiden verblüfft an. „Wie konnte denn das passieren? Wie haben die uns nur rumgekriegt? Hast du begriffen, wie es dazu kam, dass wir nun genau das machen, was wir eigentlich nicht wollten?“ Manuela schaute leicht irritiert ihre Cousine an. „Nee. Sogar mir ging das viel zu schnell. Das sind ja zwei ganz ausgefuchste Kerle! Also ganz geheuer kommt mir das aber nicht vor. Was haben wir uns da nur aufgehalst? Die sind es wohl gewohnt, Touristinnen aufzureißen.“ Sie studierten, wie sie wieder aus dieser Sache herauskamen. Am besten war es wohl, wenn sie den Abend so schnell wie möglich hinter sich brachten und danach die beiden in Zukunft ignorierten.
Zufrieden damit, bestellten sie sich etwas später ein Taxi und fuhren in die nächste Stadt. Dort bummelten sie durch die Marktstände. Schließlich landeten sie in einem Ledergeschäft. Sie wurden freundlich begrüßt. Während sie sich umschauten, bot man ihnen Tee und Zigaretten an. Fränzi konnte nicht widerstehen, als der Verkäufer auf ihre diesbezügliche Frage antwortete, dass es gar kein Problem wäre, für sie innerhalb von 3 Tagen einen 2-teiligen roten Lederanzug maßgeschneidert anzufertigen. Und als Fränzi den günstigen Preis hörte, war die Sache geritzt. Schnell wurden ihre Maße genommen. Sie sollte in 2 Tagen zur Anprobe vorbeikommen. Glücklich verließ Fränzi den Laden, im Schlepptau ihre Cousine. „Also, du bist wirklich etwas verrückt, Fränzi. Wie kannst du nur Geld für so etwas Flippiges ausgeben? Das trägst du doch niemals in der Schweiz!“ „Irrtum, Cousinchen. Ich werde dich vom Gegenteil überzeugen. Nun sei doch endlich etwas lockerer und spiel nicht immer den Moralapostel. Genieß das Leben und mach auch einmal etwas Verrücktes!“ Liebevoll hängte sie sich bei Manuela ein.
Nachdem sie noch ein paar andere Kleinigkeiten gekauft hatten, suchten sie sich ein Taxi. Ein netter junger Mann öffnete ihnen die Tür zu seinem Auto, und sie stiegen ein. Der Taxifahrer war sehr gesprächig. Unter anderem erzählte er ihnen, dass es durchaus Gegenden gäbe, wo Türken nicht dunkle Haare und Augen hätten, sondern wie er selber blonde Haare und blaue Augen. Die beiden staunten, denn dies war ihnen neu. Kurz vor Ankunft im Hotel kam dann prompt wieder die Frage, ob sie nicht Lust hätten, noch am gleichen Abend zusammen mit ihm und einem Freund in eine Disco zu gehen. Als sie ihm erklärten, dass sie bereits eine Einladung hätten, und zwar mit den beiden Typen von der Boutique, reagierte der Taxifahrer überraschend aufgebracht. „Natürlich! Boutique-Besitzer sind halt etwas Besseres als einfache Taxifahrer!“ Er war so ärgerlich wegen ihrer Ablehnung, dass er, ohne ihre Bezahlung abzuwarten, einfach davonfuhr.
„Was war das denn?“ Sogar Fränzi war es nicht ganz geheuer. „Anscheinend vertragen die Türken das Wörtchen Nein wirklich nicht. Hoffentlich passiert heute Abend nichts, wenn wir den beiden Typen nach dem Discobesuch klarmachen, dass wir sie nachher nie mehr sehen wollen.“ Etwas bedrückt begaben sie sich zu ihrem Zimmer. Aber es kam noch dicker. Unterwegs begegnete ihnen ausgerechnet auch noch der Barkeeper, der am Abend zuvor Fränzi eingeladen hatte. Er fragte sie lächelnd, wann er sie denn abholen dürfe. Manuela musste mit Erstaunen feststellen, dass sich ihre weltgewandte Cousine innerlich wand. Wohl oder übel musste sie ihm gestehen, dass sie schon anderweitig eine Einladung angenommen hätte. Wieder kam die gleiche Reaktion. Mit bösem Blick entfernte sich der Barkeeper. „Puh! Wenn das nicht ein schlechtes Omen ist! Langsam habe sogar ich genug von Einladungen!“ Nichts konnte sie mehr halten. Blitzschnell rannten sie die Treppe hinauf direkt in ihr Zimmer.
Etwas später gingen sie wieder runter fürs Nachtessen. Während sie aßen, wurden sie, wie alle anderen Gäste, vom Hotelfotograf geknipst. Plötzlich lächelte Fränzi und zeigte auf das Gebüsch hinter Manuela. Diese drehte sich um und erblickte Tarkan. Er hatte seinen Kopf durch das Gebüsch gedrückt und blickte Manuela ganz verliebt an. Spontan musste auch sie lächeln. „Nur keine Angst, wir haben’s nicht vergessen. Wir sehen uns dann nachher, wie verabredet.“ Daraufhin zog sich Tarkan wieder zurück. Fränzi zwinkerte Manuela verschmitzt zu. Ein Kellner näherte sich ihnen, um abzudecken. Dann hielt er inne, schaute kurz Manuela an und fragte dann beide schüchtern, ob er und ein Freund von ihm sie beide zum Tanzen einladen dürfen! Fränzi und Manuela schauten sich sprachlos an. Da es ihrer Cousine offensichtlich an Worten fehlte, antwortete Manuela mit all ihrem Charme, den sie aufbringen konnte, dass sie leider schon eine Verabredung hätten. Der Kellner zog sich sofort nett und höflich zurück.
Manuela tat er richtig leid. Zudem sah er auch noch unwahrscheinlich gut aus. Noch nie in ihrem Leben hatte sie auf einen Schlag derart viele Verehrer gehabt. Fränzi sah sie bewundernd an. „Du hast dich wirklich sehr charmant und ohne ihn zu verletzen aus der Affäre gezogen. Nicht einmal ich wusste, wie Nein sagen, ohne eine böse Reaktion zu erhalten. Aber du hast es geschafft. Respekt!“ Kaum hatte sie ihre Worte ausgesprochen, stand der Kellner wieder neben ihnen. Mit einem seelenvollen Blick schaute er Manuela an und betonte, dass er eine seriöse Einladung gemeint hätte. Er hätte nicht aufdringlich sein wollen. Ob sie es sich nicht noch einmal überlegen würden? Und dabei sah er sie bittend an. Manuela brach es schier das Herz. „Ich weiß, dass Ihre Einladung seriös gemeint war. Und wir würden gerne ihre Einladung annehmen. Doch dass wir schon eine Verabredung haben, stimmt leider auch. Es geht wirklich nicht.“ Der Kellner nickte betrübt und entfernte sich. „Ich hab’ ja gar nicht gewusst, wie souverän du mit Männern umgehen kannst.“ Fränzi schaute sie staunend an. Und Manuela fühlte sich einfach wohl. Es musste wohl etwas in der Luft liegen.
Etwas später waren sie in ihrem Zimmer und machten sich schön. Vor dem Hotel wurden sie schon von den beiden jungen Männern erwartet. Mehmet fuhr sie mit seinem Auto in ein Hotel, das ein großes Dancing mit angenehmer Atmosphäre führte. Sie unterhielten sich gut. Nachdem sie etwas zu trinken bestellt hatten, begaben sich alle 4 auf die Bühne, um zu tanzen. Manuela wusste gar nicht, wie es dazu kam, doch irgendwie schien es einfach natürlich, Tarkan zu küssen. Sie genoss es unbeschreiblich, in den Armen eines großen, gut aussehenden Mannes zu liegen. Fränzi traute kaum ihren Augen. Das konnte doch unmöglich ihre etwas spröde Cousine sein? Doch keine 10 Minuten später lag auch sie in den Armen von Mehmet. Na also, dachte Manuela. Sie tanzten, unterhielten sich, knutschten und flirteten. Beschwingt verließen sie nach Lokalschluss das Hotel. Während Fränzi mit Mehmet eng umschlungen zum Auto ging, hielt Manuela Tarkan auf. Es musste einfach sein, dachte sie. „Damit es klar ist: Ich mag dich, Tarkan. Aber nur weil wir uns geküsst haben, heißt das noch lange nicht, dass ich auch mit dir ins Bett gehen will.