Kurzgeschichten, wie sie das Leben so schreibt. Susanne Uenal

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Название Kurzgeschichten, wie sie das Leben so schreibt
Автор произведения Susanne Uenal
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991077114



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brauchst, blase in diese Trompete, und wir kommen! Und nun zieh weiter an der Schnur.“ Ein kleines Büchlein erschien. „Damit du ab und zu wieder mal herzhaft lachen kannst, lese in diesem Witzbüchlein. Zieh weiter.“ Diesmal kam ein Schokoriegel zum Vorschein. „Etwas Süßes als Trost. Weiterziehen.“ Alle schauten sich bedeutungsvoll an und zwinkerten sich zu. Eine Autogrammkarte von den „Chippendales“, den berühmten Striptease-Tänzern aus Amerika! „Damit du wieder mal ein Auge auf einen schönen Mann riskieren kannst!“

      Wieder zog sie an der Schnur. Ein winzig kleiner Stoffteddybär zeigte sich. „Etwas zum Schmusen im Bett!“ Zu guter Letzt kam ein Gutschein für eine Kosmetikbehandlung. „Damit du weiterhin so schön bleibst wie jetzt!“ Manuela war zu Tränen gerührt. Sie bedankte sich überschwänglich bei ihren Freundinnen. Womit hatte sie solche tollen Freundinnen verdient? Als hätte die eine ihre Gedanken gelesen, sagte sie ihr: „Weißt du, für lustige Stunden findet man immer irgendwelche sogenannte gute Freundinnen. Aber in schlechten Zeiten zeigt es sich, was sie wert sind. Aber gerade dann braucht man diese. Und dafür sind wir da. Auf uns kannst du immer zählen. Aber sag’, gibt’s eigentlich keinen Dessert?“

      Diesmal war sie es, die ihre Gäste überraschte. „Klar. Aber wie heißt es doch so schön: Ohne Fleiß kein Preis!“ Verblüfft schauten sich die Frauen an. „Ha, denkt ihr, ihr bekommt einfach so einen Dessert? Den müsst ihr euch zuerst verdienen.“ Flink holte sie 3 riesige Plakate samt Pinsel, Malstiften und Farbsprays hervor und legte diese auf den Tisch. „Fangt an. Jeder muss sein Plakat voll bemalen. Und nur, wer am Schönsten gemalt hat, bekommt ein Dessert. Die anderen müssen dann zuschauen!“ War das jetzt ernst gemeint? Kritisch wurde sie von den 3 Frauen beäugt. Als die aber über das ganze Gesicht grinste, realisierten sie den Witz. Sie bekamen noch 3 Schürzen und 3 Käppi als Schutz für die Haare. Dann legten sie los.

      Sie machte fleißig Fotos von den Frauen und ihren Kunstwerken. Jede Einzelne malte auf ihre Art typisch. Die eine, eine Romantikerin, nahm die Malstifte und zeichnete lauter Liebesmotive wie rote Herzen und dergleichen. Die andere, eine Emanzipierte, malte mit dem Pinsel flotte männerfeindliche Sprüche quer übers Plakat. Und zuletzt die praktisch Veranlagte, die sich für ein Graffiti entschlossen hatte und mit den Farbspraydosen hantierte. Als alle fertig damit waren, hängte sie die Plakate an der Wand auf.

      In Erwartung des Desserts hatten sich die 3 Frauen schon an den Tisch gesetzt. „Trara, Trara!“ Sie balancierte auf einem großen Tablett 4 herrliche Glacée-Coups. Daneben lagen 3 längliche schön verpackte Geschenke. „Was ist das denn?“ Die 3 Frauen schauten zuerst skeptisch dieses längliche Ding an. Sie, die an deren Gesichtsmimik erkennen konnte, wie sie alle zur gleichen Zeit an das Gleiche dachten, lachte amüsiert auf. „Na, hör mal!“ Ihre Freundin spielte die Entrüstete. „Eine längliche Wurst haben wir doch nicht nötig! Oder sind da aufgeblasene Kondome drin?“ Sie antwortete nicht, gab sich jedoch betont geheimnisvoll. Jetzt wurden die 3 Frauen neugierig und öffneten schnell das Päckli. Ein Riesenstumpen bester Sorte kam zum Vorschein. „Das Stück zu je Fr. 12! Ich hoffe, ihr genießt ihn dementsprechend!“ Alle 3 Frauen waren nämlich relativ starke Raucherinnen, während sie selber noch nie geraucht hatte. Genüsslich begannen sie zu paffen. Sogar sie probierte einmal. Es lag ein angenehmer Geruch in der Luft. Danach gab es einen mexikanischen Kaffee. Sie fühlte sich rundum wohl wie schon lange nicht mehr. Beim Abschied umarmte sie alle 3 ganz herzlich und bedankte sich nochmals für alles. Sie wusste, solch gute Freundinnen waren selten und ein Gottesgeschenk. Sie war dankbar und nahm sich fest vor, sich nicht mehr gehen zu lassen, sondern wieder positiv in die Zukunft zu schauen!

      Der Kochkurs

      Marianne liebte die chinesische Küche. Zu ihrem großen Leidwesen konnte aber ihr Mann Werner damit gar nichts anfangen. Und das als Küchenchef! Sie hatte schon lange überlegt, wie sie Werner doch noch dazu bringen konnte, diese Küche kennenzulernen. Und als dann in der Zeitung ein chinesischer Kochkurs angeboten wurde, fackelte sie nicht lange. Sie meldete sich und ihren Mann sofort an. Als Werner dann nach Hause kam, kam strahlend seine Frau auf ihn zu: „Rate mal, was wir nächsten Dienstagabend zusammen machen werden.“ Nichts ahnend zuckte Werner die Schultern. „Ich habe uns für einen chinesischen Kochkurs angemeldet.“ „Was? Muss das sein?“ Werner war nicht gerade entzückt. Doch weil er wusste, wie sehr Marianne daran gelegen war und weil er seine Frau schließlich liebte, gab er gutmütig nach. Marianne freute sich riesig. Sie war überzeugt, dass es am Schluss sogar ihrem Mann schmecken würde. Hätte sie geahnt, wie der Abend verläuft, hätte sie schnellstens ihre Anmeldung wieder rückgängig gemacht …

      Der Dienstag kam. Marianne hatte extra eine weitere Kochschürze für ihren Mann besorgt. Freudig erregt die eine, skeptisch der andere, betraten sie die Kochschule. Werner war der einzige Mann unter ca. 15 Frauen. Er fühlte sich sichtlich wohl als Hahn im Korb. Die Kochleiterin machte ein paar einleitende Worte, stellte dann 2er- Gruppen zusammen, die jeweils ein kleines Gericht vorbereiten und kochen mussten. Sie würde dann bei jedem mal vorbeikommen. Marianne und Werner hatten es mit einem Gemüsegericht zu tun. Ihre Nachbarin, ein rundliche Dame, die zum 2. Mal mit einem Italiener verheiratet war, konnte gar nicht genug tratschen. „Ist das hier ein Kaffeekränzchen oder ein Kochkurs? Und überhaupt, wie die alle so kochen, man könnte meinen, die hätten noch nie vor einem Herd gestanden! Schau mal, sogar die Kochleiterin hat Schwierigkeiten!“ Werner stänkerte. Marianne stupste ihm in die Seite: „Hör’ auf, Schatz. So reklamier doch nicht immer. Es macht doch Spaß. Und auch ein Küchenchef kann immer noch dazulernen, meinst du nicht auch?“ „Aber hier bestimmt nicht“, brummelte Werner, der weiterhin die Kochleiterin beobachtete.

      Diese hatte nämlich offensichtlich Schwierigkeiten. Jeder hatte Fragen an sie, ständig musste sie hin und her eilen. Und mitten im Stress explodierten doch tatsächlich die Frühlingsrollen im heißen Öl! Werner war fast gleichzeitig wie die Lehrerin dort. Während diese verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlug, nahm Werner geistesgegenwärtig eine Kelle und fischte den Rest der Frühlingsrollen aus dem Öl. Danach schupste er gebieterisch die 2 Leute, die dafür verantwortlich waren, zur Seite und übernahm das Zepter. „Also, so was ist mir in meinen Kochkursen noch nie passiert“, jammerte die Kochleiterin, während Werner geschickt neue Frühlingsrollen vorbereitete und ins Öl gleiten ließ. Bewundernd schauten ihn die Frauen an. Sichtlich stolz erzählte Marianne, dass ihr Mann schließlich Küchenchef sei. „Wow, solch einen Mann hätte ich auch gerne. Er sieht gut aus und kann auch noch kochen“, tuschelten die Frauen untereinander.

      Später deckten sie zusammen den großen Tisch. Es wurde ein Buffet aufgebaut. Jeder brachte sein Gericht, das er vorbereitet hatte, und stellte es irgendwohin. Alle bedienten sich. Dazu gab es Tee, Mineralwasser oder Wein. Es wurde viel geredet und gelacht. Jeder war bereit, etwas aus seinem Privatleben zu erzählen. „Also doch ein Kaffeekränzchen“, flüsterte Werner seiner Frau ins Ohr. Als diese nicht reagierte, schaute er ihr besorgt ins Gesicht. „Ist dir nicht gut? Du bist so weiß im Gesicht.“ Marianne fing plötzlich an zu schwitzen. „Ich weiß auch nicht, was los ist. Ich denke, ich habe zu viel gegessen.“ Werner leuchtete das nicht ein, denn er hatte mehr gegessen, und ihm ging es gut. Den anderen war nichts aufgefallen. Sie hatten begonnen, abzudecken und abzuwaschen.

      Endlich wurden sie von der Kochleiterin verabschiedet. Als sie das Haus verließen, bekam Marianne fürchterlich weiche Knie. Sie konnte sich kaum mehr aufrecht halten. Werner konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen: „Was ist? Ist dir die chinesische Küche nicht gut bekommen?“ Wenn Marianne nicht so übel gewesen wäre, hätte sie ihm schon eine geharnischte Antwort entgegengeschleudert. Sie setzte sich auf eine Steinbank, hielt sich mit der einen Hand den Bauch, die andere legte sie um ihren Hals. Doch es nützte alles nichts. Sie konnte gerade noch zum nächsten kleinen Bäumchen rennen, wo sie sich heftig übergeben musste. Und weil der Druck derart groß war, wurden ihr Tränen herausgepresst, und auch ihre Blase hielt nicht stand. Mein Gott, war das peinlich! So was war ihr noch nie im Leben passiert! Zu allem Übel lachte ihr Mann lauthals. Sie war so wütend auf ihn und diese Situation, sie hätte Werner am liebsten alle Schande gesagt. Doch sie hatte einfach nicht die Kraft dazu. Außerdem war ihr immer noch übel. Die Knie zitterten, sie war von oben bis unten nass. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken! Gott sei Dank war es dunkel. Und in der Nebengasse, wo sie sich aufhielten,