Название | Drachenwispern |
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Автор произведения | Christian D'hein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075288 |
»Ja Meister«, hauchte sie leise in die Dunkelheit, in die Richtung, aus der sie zuvor die Stimme ihres Lehrmeisters vernommen hatte, »geboren, um Euch zu dienen, Euren Befehlen Folge zu leisten und Kraft meines Körpers die Welt zu verändern, bin ich hier vor Euch. Bitte nehmt meine Dienste an.«
Als die Stimme ihres Meisters wieder ertönte, schien sie plötzlich nicht mehr von vorne, sondern von über ihr zu kommen.
»Schwörst du, nicht zu hinterfragen, was dir aufgetragen wird, keine Selbstjustiz zu üben und dich alleine der Moral des schwarzen Zirkels zu unterwerfen?«
Die Worte waren in gemessenem Ton gesprochen, denn in der Finsternis verbargen sich noch die anderen beiden Unterführer des Zirkels, wie sie wusste, aber doch glaubte sie einen Anflug von Stolz in ihnen mitschwingen zu hören und so antwortete sie ohne zu Zögern aus tiefster Überzeugung: »Ich schwöre!«
»Schwörst du, jeglichen Emotionen und trügerischen Gefühlen zu entsagen, da sie dich vom rechten Pfad abbringen würden?«
»Ich schwöre!«
»Und schwörst du, nie ein Wort über den Zirkel zu sprechen und das geheime Wissen, welches dir zuteilwurde, zu hüten, selbst wenn man es dir durch Folter oder Schändung zu entreißen versucht?«
Bei diesem Gedanken konnte sie nicht verhindern, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief und sie fröstelte, aber dennoch stand ihre Antwort außer Frage: »Ich schwöre es, so wahr ich hier knie!«
Plötzlich legte sich die warme Hand eines Mannes auf ihre Schulter.
»Du hast wohl gesprochen, Novizin. So erhebe dich nun und sei nicht länger eine Schülerin, sondern ein vollwertiges Mitglied des schwarzen Zirkels.«
Leicht ungelenk vom langen Knien erhob sie sich, bis sie aufrecht stand. Unbewusst versuchte sie, die Zehen im Boden zu vergraben, doch damit scheiterte sie natürlich an dem kargen Stein. Und da das Geräusch ihrer Nägel, die über den Boden kratzten, in dem sonst so stillen Raum unendlich laut klang, unterließ sie es auch sofort. Neben sich vernahm sie ein leises, aber wohlwollendes Lachen, ehe sie einen weichen Stoff auf ihrer Haut spürte, als ihr eine lange Robe umgelegt wurde.
»Lange ist es her, seit der letzte Novize seine Prüfung bestanden hat. Du hast dich in den Kampfkünsten bewiesen, bist sogar in jeder Disziplin zur Besten gekürt worden, aber das ist es nicht, weshalb wir dich wählten. Es sind ein starkes Herz und deine unerschütterliche Treue, die dich würdig gemacht haben. Denn beides wirst du unter Beweis stellen müssen, wenn du Erfolg haben willst. Die Aufgabe, die vor dir liegt, ist die bedeutendste und auch schwierigste seit Anbeginn des Zirkels. Ich werde dir nun erklären, worum es geht.
In deiner Ausbildung hast du dich lange mit der Historie des Zirkels befasst und darüber hinaus noch mit den Geschicken der gesamten Welt. Doch es gibt einige weitere Kapitel, die zwischen der Gründung durch Borg und Toras und dem heutigen Zirkel liegen. Die Zeiten der Zwietracht, die nur wenigen Lebewesen heutzutage noch bekannt sind. Denn einst drohte der schwarze Zirkel zu zerbrechen und konnte nur dadurch fortbestehen, dass er sich in Teile spaltete. In uns, die den Traditionen treu geblieben sind und überzeugt die alten Werte hochhalten, und in jene die aus Machtgier und Eigennutz handelten und sich selbst über das Wohl der Welt stellten. Dieser Abkömmling des Zirkels besteht noch heute. Er nennt sich die Aquiron. Wir werden dich dort einschleusen, damit du Informationen sammeln kannst und wir dieses Geschwür für immer vernichten können. Dafür musst du die wahre Geschichte kennen. Sie ist niedergeschrieben in diesem Papyrus. Halte sie geheim, doch studiere sie, wann immer sich eine Möglichkeit ergibt. Diese Schriften sind unvorstellbar kostbar, doch solltest du Gefahr laufen, dass ein anderer sie liest oder sie dir entwendet, so musst du sie dem Feuer anvertrauen.«
Damit wurden ihr einige dünne Papyrusrollen in die Hand gedrückt, während sich hinter ihr die Tür öffnete und mit einem Mal ein schummriger Lichtstrahl in den Raum fiel und sie den Schemen ihres Meisters erkennen ließ. Dieser nahm sie am Arm und führte sie hinaus aus der Dunkelheit, auf das Licht zu.
»Komm. Du musst schon bald zu deiner Mission aufbrechen, doch zunächst muss die Zeremonie abgeschlossen werden. Es gibt reichlich an Speis und Trank zu deinen Ehren. Heute sollst du noch keine Gedanken an das Kommende verschwenden, sondern dich allein an deinem Erfolg erfreuen. Und dann werde ich dir deinen Namen nennen.«
3
Vor Gier zitterten die vernarbten Finger von Fürst Ergon leicht, während er unablässig über das noch ungelesene Schreiben strich, welches er unter seinem polierten Schreibtisch versteckte. Davor standen zwei seiner Minister und schwadronierten über die belanglosen Probleme seiner Untertanen, doch er schenkte ihnen kein Gehör. Er kannte die Forderungen nach geringeren Steuern, niedrigeren Preisen und weniger Kontrolle durch den Fürsten, aber er plante, nicht auch nur in einem Belang nachzugeben. Doch heute lauschte er dem Gespräch noch weniger als sonst. Es juckte ihn in den Fingern, einfach mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und die Minister hinauszuwerfen, aber nicht einmal er konnte sich ein solches Verhalten erlauben, schließlich gehörte dies zur Politik. Dennoch verbrannte die Ungeduld ihn innerlich.
»Herr?«
Es dauerte eine Weile, bis Fürst Ergon begriff, dass er gemeint war. Einer seiner Minister hielt ihm ein beschriebenes Blatt hin. Ohne darauf zu achten, was es war, setzte er seine Signum darunter. Dann verließen die Minister endlich den Raum und er war allein. Fürst Ergon lehnte sich erleichtert in seinem Stuhl zurück und leckte sich ungeduldig über die Lippen. Dann endlich umschlossen seine Finger die verborgene Botschaft und beförderten sie auf die Schreibtischplatte. Das schwarze Wachssiegel zeigte einen Drachen, der sich selbst verschlang. Es war unversehrt, ein Zeichen dafür, dass die Botschaft noch nicht gelesen worden war.
»Und ein Zeichen, dass sie von Ihnen stammt«, fügte er in Gedanken hinzu.
Bevor er sich bewusst dazu entschlossen hatte, brachen seine Finger schon das Siegel und entrollten die Nachricht. Sie enthielt eine Forderung. Fürst Ergon nannte die Anweisungen von Ihnen immer »Forderungen«, obwohl es vielmehr Befehle waren. Er mochte es nicht, jemandem untertan zu sein. Aber er erfüllte trotzdem alle Anweisungen. Denn ein großer Teil der neuen Ordnung, die sie erschaffen würden, sollte seine Handschrift tragen. Er wäre ein größerer Fürst als alle seine Vorfahren zusammen. Ein wahrer König! Seine Augen überflogen die geschriebenen Worte. Die Nachricht war kurz, aber eindeutig. Er sollte sich eines Dieners entledigen, der bei ihm in der Burg arbeitete. Fürst Ergon runzelte die Stirn. Er wusste nicht, warum Sie sich ausgerechnet für einen Diener interessierten, aber eigentlich war es auch egal, denn er hing nicht an dem Leben seiner Untertanen. Allerdings musste er es wie einen Unfall aussehen lassen. Sein Blick fiel auf den Namen des Dieners und er stutzte.
»Ardun.«
Irgendwo in seinem Hinterkopf klingelte es. Es dauerte einen Moment, aber dann wusste er, weshalb ihm der Name bekannt vorkam und ein breites, selbstzufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Sein Problem hatte sich gerade von selbst erledigt.
4
Ardun stöhnte auf, als er sich ungeschickt zur Seite drehte und dabei seinen rechten Arm belastete. In der engen Zelle im Kerker der Festung Wackenstein hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Dennoch glaubte er, dass seit seiner Gefangennahme mindestens sieben Tage vergangen sein mussten. Und somit auch die schlimmste Woche seines Lebens, ein Rang, der nicht einfach zu erreichen war. Man hatte für ihn keinen Gerichtsprozess veranstaltet, dazu war Abschaum, wie er es war, nicht wichtig genug. Allein der Fürstensohn Idan war vor ihn getreten und hatte ihm sein Urteil verkündet, nicht ohne Ardun vorher ins Gesicht zu spucken. Er habe den Gast des Fürsten entführt und kaltblütig ermordet. Damit habe er Hochverrat an dem örtlichen Monarchen begangen. So hatte das Urteil gelautet. Was das bedeutete, musste nicht ausgesprochen werden, denn es war unweigerlich der Tod. Aber selbst ein schneller Tod war Ardun nicht vergönnt, da er sich über die Jahre ganz besonders um die Missgunst Idans bemüht hatte. So hatte ihn der Fürstensohn in eine Todeszelle verfrachten lassen, in der Ardun allerdings nur einen kurzen Teil des Tages verbrachte. Die meiste Zeit wurde er in