Название | Drachenwispern |
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Автор произведения | Christian D'hein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075288 |
Impressum
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© 2021 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99107-527-1
ISBN e-book: 978-3-99107-528-8
Lektorat: Susanne Schilp
Umschlagfotos: Ollirg, Brett Critchley, A-papantoniou, Supot Suebwongsa | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Vorwort
Was Gegenwart ist, wird Vergangenheit,
was Vergangenheit ist, Mythos
und was ein Mythos ist, das gerät in Vergessenheit.
Was also bleibt ihn diesem Strudel der Zeit?
1
Unendlich laut und ungnädig prasselte der Regen auf Ardun hinab, durchnässte seine dünne Kleidung und ließ ihm das schulterlange, triefende Haar ins Gesicht fallen. Es war, als habe selbst das Wetter sich gegen ihn gewandt, als wolle es ihn noch in seinem Leid verhöhnen. Er kniete in einer moosigen Senke im Wald und hielt die Wange in tiefer Trauer an den leblosen Körper in seinen Armen gedrückt. Es war die erstarrte Gestalt eines jungen Mädchens, nicht viel jünger als er selbst. Wahrscheinlich war dies ihr achtzehnter Sommer.
»Und nun auch ihr letzter«, fügte er in Gedanken bitter hinzu, während sich ein leiser Schluchzer seiner Kehle entrang.
Aber keine Träne lief über seine Wange. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann er das letzte Mal geweint hatte, denn so weit seine Gedanken zurückreichten, hatte ihn das Leben mit grausamer Härte in seinen Klauen gehalten. Ardun hatte seine Eltern nie kennengelernt und auch sonst hatte sich niemand seiner angenommen. So war er schließlich alleine in den Gassen Wackensteins aufgewachsen, einer heruntergekommenen Menschenstadt unter der Regentschaft eines Herrschers, dem jeglicher Gedanke an die Hungernden und Armen fremd war. Aber trotz dieser Widrigkeiten hatte Ardun sich nie beschwert, denn dieses Leben hatte ihn gelehrt, dass er nur sich selbst trauen konnte, aber auch, dass er mit seinem eigenen Willen alles erreichen konnte. Oder zumindest genug, um zu überleben. Niemand kümmerte sich um ihn und er sich ebenso wenig um den Rest der Welt. Doch heute hatte er all seine Prinzipien über Bord geworfen und sich gegen die warnende Stimme in seinem Hinterkopf durchgesetzt. Ein Fehler, der ihn den Garant seines Daseins gekostet hatte und als Tribut höchstwahrscheinlich sein Leben fordern würde, ehe die Sonne ein weiteres Mal den Horizont erklomm. Bitter dachte er zurück an seine Kindheit. Als er gerade den Sept, das Knabenalters erreicht hatte, war er von der Wache erwischt worden. Eigentlich war der Sept ein wichtiger Tag im Leben eines Mannes, denn die Ernten waren schlecht und die Winter hart, sodass selbst in behüteten Verhältnissen nur jedes dritte Kind dieses Alter erreichte. Wer aber das Erblühen der ersten Blumen am Primus des Frühlings nach seinem siebten Winter miterlebte, der hatte die Kraft bewiesen, den Widrigkeiten der Natur zu strotzen. Daher feierte man den Sept so prunkvoll und überschwänglich, wie es die finanzielle Lage der Familie zuließ. Für Ardun war es einfach nur ein weiterer elender Tag gewesen, an dessen Morgen er erwacht war, ohne zu wissen, ob er an diesem Abend wieder hungrig ins Bett gehen musste. Unwillkürlich verzog er den Mund, als er selbst jetzt, Jahre später, wieder den beißenden Hunger fühlte, den er auch damals gespürt hatte. Heiß und stechend hatte er sich durch seine Eingeweide gefressen und ihn sich vor Krämpfen winden lassen. So hatte er