Es gibt keine Wiederkehr. John Mair

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Название Es gibt keine Wiederkehr
Автор произведения John Mair
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783939483649



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sehr verschwiegen, was seine Aktivitäten betrifft, und seine Kollegen wissen kaum etwas über ihn.» – Meine Herren, Sie müssen bedenken, dass mir die Zeit für gründlichere Ermittlungen fehlte und dass ich bei der Befragung seiner Bekannten äußerst behutsam vorgehen musste. – «Eine sorgfältige Durchsuchung seiner Wohnung förderte nichts Relevantes zutage, von der bereits erwähnten Pistole abgesehen. Sein Geschmack betreffs Kleidung und Bücher ist extravagant, und ausweislich einer Streichholzschachtel verkehrt er offenbar im Snake and Ladder, einem teuren Nachtclub. Seine Papiere bestehen überwiegend aus unbezahlten Rechnungen, und ich könnte mir vorstellen, dass sein Lebensstil über seiner Gehaltsklasse liegt. Mir war es nicht möglich, ihn mit irgendeiner politischen Organisation in Verbindung zu bringen.»

      C: Die Kontaktliste haben Sie aber nicht gefunden?

      Mr. Foster: Nein, leider nicht.

      G: Wie schätzen Sie persönlich Thane ein?

      Mr. Foster: Da möchte ich mich ungern festlegen. Bei früheren Anlässen habe ich ja bereits ausgeführt, dass ein Mann, der geistig beweglich, verschwiegen und nicht an seiner Arbeit interessiert ist, in der Regel noch einer weiteren Beschäftigung nachgeht, für die er die beiden erstgenannten Eigenschaften benötigt. Thane scheint zu dieser Sorte von Menschen zu gehören, die ich selbst gelegentlich einsetze, und könnte deshalb gefährlich werden.

      Vorsitzender: Hat jemand noch weitere Fragen an Mr. Foster? Falls nicht, schlage ich vor, dass er sich verabschieden darf, denn er fliegt morgen früh nach Paris und hat noch einige Vorkehrungen zu treffen.

      E: Nur noch eine Frage. Wie eng war Ihre Beziehung zu Raven?

      Mr. Foster: Sehr eng. Wir waren Kollegen.

      E: War Ihre Beziehung rein beruflich?

      Mr. Foster: Ja.

      E: Hat sie Thane jemals erwähnt oder einen anderen Namen, der mit ihm in Verbindung stehen könnte?

      Mr. Foster: Nein. Sie hat immer behauptet, keine Freunde zu haben. Ich war ihr engster Vertrauter.

      Mr. Foster verlässt den Raum. Die Diskussion wird fortgesetzt.

      Vorsitzender: Höchst vertrauenswürdig. Er ist unser wichtigster Mann in Großbritannien und hat bislang alle Aufgaben hervorragend ausgeführt. Seine Loyalität steht ganz außer Zweifel.

      E: Ohne seine Loyalität in Zweifel zu ziehen – aber könnte er nicht aus persönlichen Gründen verwickelt sein? Er ist zielstrebig und rücksichtslos; und ich schließe aus der Art seiner Ausführungen, dass sein Verhältnis zu Raven womöglich nicht rein beruflich war. Wäre es nicht denkbar, dass er sie aus, sagen wir, Eifersucht getötet hat, die Kontaktliste verschwinden ließ, um den Verdacht auf andere zu lenken, und dass er nun versucht, das Verbrechen Thane in die Schuhe zu schieben, der womöglich sogar ein erotischer Rivale war?

      G: Ich glaube, wir können ganz sicher sein, dass Foster in einem solchen Fall so gründlich vorgegangen wäre, dass wir keinerlei Beweise gegen ihn in die Hand bekämen. Und ich möchte Sie alle daran erinnern, dass er ein sehr wertvoller und gefährlicher Mann ist, dessen Arbeit stets untadelig war und auf den wir derzeit gar nicht verzichten können. Ich denke, wir vertagen diese Verdächtigungen erst einmal und entscheiden lieber, was wir in Sachen Thane unternehmen.

      E: Mir ist schon seit einigen Monaten unwohl dabei, wie abhängig wir von diesem Herrn sind. Mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten könnte er hochgefährlich werden, und ich glaube, es ist an der Zeit, ihn zu stoppen. Fürs Erste plädiere ich dafür, dass die Untersuchung dieser wichtigen Angelegenheit nicht ausschließlich in seinen Händen liegt.

      G: Ich schlage vor, dass wir die Gesamtverantwortung bei Foster belassen, aber ihm jemanden an die Seite stellen – nach außen hin zur Unterstützung, aber tatsächlich als Beobachter.

      Vorsitzender: Das wird er ablehnen, fürchte ich.

      G: Nicht, wenn wir es behutsam angehen. Ich kenne einen exzellenten Mann für diesen Job, einen Iren, der sich O’Brien nennt. Foster kennt ihn nicht, er ist absolut verlässlich und unbestechlich, und er ist zu dumm, als dass Foster ihn ernst nehmen und gekränkt sein könnte.

      E: Wenn er dumm ist, was nützt er dann?

      G: Ein dummer Beobachter ist oft am besten, da er einfach nur berichtet, was er gesehen hat. Und er ist vertrauenswürdiger als ein kluger Mann.

      Vorsitzender: Sehr gut, ich werde Foster diese Person bei seinen Untersuchungen zur Seite stellen. Aber lasst uns zum Fall Raven zurückkehren. Wie lautet die Meinung des Plenums?

      B: Die Details dieser Angelegenheit scheinen mir belanglos, wir wissen bereits mehr als nötig. Eine unserer wichtigsten Agentinnen wurde ermordet, und einige unserer Namen befinden sich in den Händen des Gegners. Falls wir nicht unverzüglich fliehen, werde ich in Dachau enden, Sie in einer Salzmine, Sie mit einer Kugel im Hinterkopf, Sie in einem tropischen Sumpf und Sie, Herr Vorsitzender, in einem behaglichen Schloss, wo ein netter fairer Prozess auf Sie wartet und ein netter neuer Strick um Ihren Hals – sofern man Ihnen das Genick nicht mit einer Seidenkordel bricht, aus Rücksicht auf Ihre Stellung.

      D: B. hat recht; wir sind erledigt, ganz gleich, wer die Liste besitzt. Wir sollten uns besser schnellstens verdünnisieren und keine Zeit mit Rumreden vertrödeln.

      Vorsitzender: Meine Herren! Die eigene Schwäche zu übertreiben ist ebenso gefährlich wie das Überschätzen der eigenen Stärke, und sich die Niederlage auszumalen führt sie nur umso sicherer herbei. Bitte gestatten Sie mir eine nüchterne Darstellung unserer Lage.

      Zunächst eine Mahnung! Oben auf der Tagesordnung finden Sie die Buchstaben I. O. Die stehen, wie Sie wissen, für «Internationale Opposition». Wir stehen für eine in der Geschichte gänzlich neue Bewegung: einen engen internationalen Zusammenschluss all jener, die, unabhängig von ihren politischen Zielen und Strategien, gegenwärtig nicht am Ruder sitzen – wir sind, wenn Sie so wollen, ein Bund der Entrechteten. Wir repräsentieren die großen ideologischen Minderheiten Europas – angefangen bei C, der den ursprünglichen Bolschewismus wiederherstellen möchte, über B als Vertreter des reinen und unverfälschten Nationalsozialismus bis zu F, der einem anderen Duce anhängt. Ich selbst wünsche mir für Großbritannien eine wohltätige Autokratie – anstelle unserer hartherzigen Oligarchie. Kurz, wir sind das Schattenkabinett eines großen Teiles dieser Welt – eine temporäre Einheitsfront all jener, die zeitweise Not leiden. Heute steht unser Sieg unmittelbar bevor; wir stehen kurz vor den Revolten in allen Hauptstädten unserer Zielländer, Macht und Rache sind nahe. Anschließend werden wir Gegner sein; jetzt aber sind wir Bundesgenossen, die zusammenstehen oder zusammen fallen; und in unserem Bund liegt eine größere Kraft, als einige von Ihnen zu ahnen scheinen.

      Während wir uns verbündet haben, sind unsere Gegner verfeindet; das ist unsere Stärke. In Friedenszeiten haben sie oft zusammengearbeitet, das ist wahr. C wird sich noch daran erinnern, wie die Gestapo Radek und Bucharin an Stalin verriet, weil Krupp eine Dritte Internationale fürchtete; und B dürfte nicht vergessen haben, dass der französische Geheimdienst Ernst Röhm an Hitler verriet im Glauben, ein deutscher Staatskapitalismus sei leichter zu ertragen als nationaler Sozialismus. Heute dagegen führen diese Mächte Krieg gegeneinander, und die Kontakte zwischen ihren Geheimdiensten sind weitgehend abgerissen. Ihre herrschenden Klassen bekämpfen einander, ihre Geheimagenten spionieren einander aus, und sollte eine Regierung Wind von unseren Machenschaften bekommen, wird sie uns vermutlich eher zur Seite springen, als uns zu verraten. Wir sind die einzige schlagkräftige Internationale!

      Nun zum Fall Raven. Sie hat in unserem Auftrag gegen die britische und die deutsche Regierung gearbeitet, und jeder dieser beiden Geheimdienste könnte sie beseitigt haben. Allerdings hätten sie dabei niemals kooperiert oder Erkenntnisse ausgetauscht – und so wären wir selbst im schlimmsten Fall nur halb verraten und nur halb vernichtet. Das wäre der schlimmste Fall; ich bin aber recht zuversichtlich, dass unsere Lage gar nicht so ernst ist, wenn wir alles in Ruhe betrachten und nichts überstürzen. Ich möchte noch einmal betonen, dass die Liste auf eine Weise