Jake kämpft um sein Glück. Charlotte Paul

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Название Jake kämpft um sein Glück
Автор произведения Charlotte Paul
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783944987187



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dürfen Sie uns allein lassen«, schnauzte Sir Michael ihn an. «Schließlich sind nicht wir neu, sondern Sie.«

      Auston schaute ihn kurz kalt an, zeigte aber sofort wieder ein freundliches Lächeln. Bea war unsicher, ob sie sich den kalten Blick nur eingebildet hatte, zu schnell ging die Veränderung in Lord Austons Gesicht vor sich.

      »Natürlich«, sagte ihr Gastgeber nun. »Ich bin froh, dass es so ist. So können Sie sich hoffentlich sofort wohlfühlen in meinem Haus.« Ein kurzes Nicken und er schritt auf die neuen Gäste zu, um sie willkommen zu heißen.

      Sir Michael schnaubte: »Was glaubt der eigentlich, wer er ist? Er soll froh sein, dass wir ihn überhaupt bemerken!« Er nahm Beatrices Arm und zog sie mit sich fort zu Mr Lettinggrow. Beatrice ekelte sich vor diesem aufdringlichen Freund ihres Mannes. Immer wieder versuchte er, sich ganz dicht neben sie zu stellen. Dabei schaute er unverblümt in ihr Dekolleté und lächelte auch noch so anzüglich, dass sie sich am liebsten ein Tuch über ihren Ausschnitt gelegt hätte. Doch das durfte sie nicht. Ihr Mann hätte sie sofort vor aller Augen zurechtgewiesen. Also stand sie brav lächelnd neben ihm und tat so, als ob sie interessiert zuhören würde.

      Zu ihrem Glück hörte man bald den Gong, der die Gäste zum Dinner rief. Der Tisch im Esszimmer war äußerst geschmackvoll eingedeckt. Kleine Jardinieren aus kunstvollem buntem Glas waren in die Mitte des Tisches gestellt worden. Gefüllt mit vielen kleinen roten und weißen Rosen. Das Rosenservice passte wunderbar zu diesen Blumenarrangements. Sogar auf den Servietten fanden sich aufgestickte Rosenblüten.

      Etwa dreißig Gäste nahmen in der Erwartung eines äußerst schmackhaften Menüs am Tisch Platz. Kaum saß man, wurden schon die Platten mit köstlichen Vorspeisen hereingebracht. Alle staunten über die kunstvoll angerichteten Speisen. Sie sahen nicht nur verlockend aus, sondern schmeckten auch hervorragend. Leckeren Vorspeisen folgten verschiedene Zwischengerichte. Das Hauptgericht bestand aus gebratenem Fisch, einem großen Rehrücken und mehreren Rinderbraten. Das Fleisch war zart und leicht rosig. Es zerging auf der Zunge. Verschiedene Gemüse und Salate vervollkommneten die einzelnen Gerichte. Das Dessert bestand aus unterschiedlichen Puddingsorten, kleinen Obsttörtchen mit frisch geschlagener Sahne sowie Nüssen, die die Herren der Tafelrunde höflicherweise den Damen öffneten.

      Da sich Beas Tischnachbarin zu ihrer Linken ganz aufs Dinner konzentrierte und ihr Mann in ein Gespräch versunken war, hatte sie Zeit, sich die anderen Gäste unauffällig anzusehen. Die meisten kannte sie höchstens vom Sehen. Einige der Anwesenden wirkten sehr freundlich und schauten auch immer wieder lächelnd zu ihr herüber. Ohne es zu wollen, ging Beas Blick in Richtung des Gastgebers. Lord Auston saß an der rechten Stirnseite des Tisches. Er unterhielt sich abwechselnd mit seinen Tischnachbarinnen und schien mit ihnen schon sehr vertraut zu sein. Vor allem mit einer von beiden, einer äußerst hübschen, blonden jungen Frau. Sie strahlten sich an und lachten viel. Manchmal legte sie sogar ihre Hand auf die seine.

      Bea fand das sehr seltsam. Ob sie seine Verlobte war? Sie ertappte sich dabei, wie sie einen Anflug von Neid empfand. Erneut ging ihr Blick zu Auston. Genau in diesem Moment sah er zu ihr. Einen kurzen Moment verfingen sich ihre Blicke, hielten sich aneinander fest. Rasch schaute Beatrice weg. Sie fühlte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg. Oh, wie peinlich. Hoffentlich hatte es keiner bemerkt.

      Ihr Mann stieß ihr heftig in die Seite. »Ich habe dich etwas gefragt!« Seine Stimme klang wütend. Hatte er etwas bemerkt?

      »Verzeih, ich war in Gedanken.«

      Sir Michael nahm ihr Handgelenk und drückte es zusammen. Dabei bedachte er seine Frau mit gespielter Freundlichkeit. Beatrice erstarrte vor Schmerz. »Ich habe dich gefragt, ob du diese Leute hier nicht auch langweilig findest?«

      »Ja, natürlich sind sie langweilig.«

      »So ist es brav!« Langsam ließ er ihr Handgelenk wieder los.

      *

      Lord Auston schaute immer wieder unauffällig zu Lady Beatrice. Er wurde nicht ganz schlau aus ihr. Sie sah heute wieder wunderschön aus. Sie lächelte jeden freundlich an, doch dieses Lächeln spiegelte sich nicht in ihren Augen wider. Sie trug ein auffälliges rotes Kleid mit tiefem Dekolleté. Seltsam war, dass dieses Kleid sehr lange Ärmel hatte. Ihr musste warm sein, denn die Kerzen verbreiteten eine große Hitze im Haus.

      Jetzt gerade sah ihr Gatte seine Frau freundlich an und nahm ihre Hand. Sie schien zu versteinern. Ihre Augen wurden ganz groß und blickten gebannt auf seine Hand. Er fand diese Situation grotesk. Was ging da vor? Glücklich war diese Frau bestimmt nicht. Bei seinem gestrigen Antrittsbesuch glaubte er sogar, große Angst in ihrem Gesicht lesen zu können. Neugierde regte sich in ihm und der Wunsch, hinter das Geheimnis dieser Frau zu kommen. Vielleicht könnte er sie besser kennenlernen.

      Nachdem das Dinner aufgehoben worden war, begaben sich die Damen in den Salon, um ihren Tee bei einem netten Plausch zu genießen. Die Herren blieben noch, um eine Zigarre zu rauchen oder sich ein kräftigeres Getränk zu gönnen. Nach einiger Zeit wechselten auch sie in den Salon zu den Ladys. Sir Michael ging sofort zu seiner Frau und nahm neben ihr Platz. Die anderen Herren verteilten sich oder bildeten kleine Gruppen.

      Lord Auston öffnete den Flügel, zeigte einladend auf diesen und fragte seine Gäste: »Möchte vielleicht eine der Damen uns etwas von ihrem Können vorführen? Vielleicht Lady Michael?«

      Beatrice zuckte zusammen, sie hatte schon so lange Zeit nicht mehr gesungen und Klavier gespielt. Hilflos schaute sie zu ihrem Mann.

      »Oder möchte vielleicht eine andere Dame etwas vorspielen?« Auston sah sich im Raum um.

      »Natürlich wird meine Frau etwas vortragen!« Sir Michaels Stimme klang laut und beinah wie eine Drohung. Zu seiner Frau sagte er etwas leiser: »Sei doch nicht immer so schüchtern, um Gottes willen.«

      Bea starrte ihren Mann erschrocken an. Was sollte sie nur tun?

      Lord Auston kam auf sie zu, verbeugte sich vor ihr: »Wollen Sie uns diesen Gefallen erweisen, Lady Beatrice?«

      »Auf, meine Liebe, sei nicht so zurückhaltend mit deinem Können!«, forderte Sir Michael sie auf.

      An der Seite von Lord Auston schritt Beatrice zögerlich zum Flügel. Leise flüsterte er ihr zu: »Nur keine Angst, ich bin bei Ihnen. Wir werden ein kleines Lied aussuchen und ich begleite sie.«

      »Ich habe seit Jahren nicht mehr singen dü… können.« Beinahe hätte sie sich verraten. »Ich bekomme bestimmt keinen Ton heraus.«

      »Doch, doch, das werden Sie. Ich singe mit Ihnen. Was haben Sie für eine Stimmlage?«

      »Sopran, früher!«

      »Das passt ja wunderbar!« An die Gesellschaft gerichtet, verkündete Lord Auston laut: »Wir haben uns für ein Duett entschieden. Wir bitten Sie um einen Moment Geduld.«

      Beatrice sah zu ihrem Mann hinüber, der ihr böse Blicke zuwarf. »Bitte, ich glaube, ich gehe lieber wieder zu meinem Mann!«

      »Nein, das geht nicht. Das würden die anderen sehr seltsam finden. Kommen Sie, hier habe ich ein kurzes Lied gefunden. Kennen Sie es?«

      Beatrice schaute es sich an und nickte Auston zaghaft zu. Er setzte sich und fing an zu spielen. Nach dem Vorspiel stimmte er mit seiner tiefen, warmen Stimme das Lied an. Auffordernd lächelte er Bea zu.

      Sie gab sich einen Ruck und fiel mit ihrem schönen Sopran in das Lied mit ein. Die ersten Töne waren noch etwas steif, doch wurde sie immer mutiger und gab sich schließlich ganz dem Gesang hin. Wie lange hatte sie nicht mehr gesungen? Es schien gefühlt Jahrzehnte her zu sein. Sie vergaß alles um sich herum, bemerkte nicht, dass Auston aufgehört hatte mitzusingen und sie einfach nur noch verzaubert ansah. Auch die Gäste waren still geworden und lauschten entzückt dem Gesang.

      Nachdem der letzte Ton verklungen war, brandete Applaus auf. Das Publikum wollte noch mehr hören. Bea sah Lord Auston in die Augen. Das Leuchten darin ließ ihr Herz höherschlagen. Schnell wandte sie den Blick ab und schaute zu ihrem Mann. Die Wut in seinen kalten Augen ließ sie abrupt in die Wirklichkeit