Calisthenics X Mobility 2.0. Monique König

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Название Calisthenics X Mobility 2.0
Автор произведения Monique König
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783840337536



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spezifische Mobilisierung. Es ist der Punkt, an dem du dich frei bewegst und welche sportliche oder alltägliche Bewegungsherausforderung du an deinen Körper stellst, du hast die Voraussetzungen geschaffen für einen starken, beweglichen und schmerzfreien Körper.

      Beweglichkeitstraining ist nicht wichtiger als Kraft- oder Ausdauertraining. Noch ist dies andersherum der Fall. Eine gesunde Mischung aus allem ist für unseren Körper meist das Beste. Im Folgenden wirst du lernen, wie du die Kniebeuge und den Spagat erlernst und warum nicht jeder diese beiden Bewegungen bis ins Unermessliche trainieren sollte.

      Im Verlauf der Kapitel wirst du einige Begriffe und Redewendungen lesen, die wir als Coaching Cues (verbale Anweisungen zum besseren Verständnis einer Bewegung) verwenden und die die Position des Körpers und der Gelenke einfacher und präziser beschreiben. Diese findest du im Anhang als Glossar.

      1.4MOBILITYMYTHEN

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      Ab wann ist man fortgeschritten beim Mobilitytraining? Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich mit ein paar Mythen aufräumen, die häufig mit dem Thema Beweglichkeitstraining assoziiert werden:

      1.4.1ALLES MUSS BEWEGLICH SEIN ODER MOBILISIERT WERDEN

      Kurzum: Nicht jedes Gelenk muss und sollte mobilisiert werden! Natürlich sollte in den meisten Gelenken ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit und die Kontrolle über diese ROM vorhanden sein, aber nicht jede Struktur im Körper sollte bis aufs Äußerste beweglich gemacht werden. Manche Gelenke, wie unter anderem die LWS, der Ellbogen und die Knie, sind Pfeiler, die uns in unseren Bewegungsachsen funktionell Stabilität geben. Mehr dazu kannst du im ersten Buch zum Thema Joint-by-Joint-Konzept nachlesen.

      1.4.2JEDER MUSS DIE GLEICHEN BEWEGLICHKEITSNORMEN ERFÜLLEN

      Wie du später in den Kapiteln zur Kniebeuge und zum Spagat erfahren wirst, kann nicht jeder einen Spagat lernen oder eine tiefe Hocke. Nicht jeder muss maximal beweglich sein. Viel wichtiger ist es, den Menschen in seiner Gesamtheit als lebendes Individuum innerhalb seines sozialen Kontextes mit seinen physiologischen und psychologischen Voraussetzungen zu betrachten. Hierbei spreche ich vom biopsychosozialen Modell (BPS-Modell), welches den Menschen mit all seinen Kontextfaktoren in Bezug zu seinen Problemen, Anforderungen und Zielen setzt.

      Nehmen wir Tante Frieda beispielsweise. Sie ist 70 Jahre alt und ihre regelmäßige Bewegung findet sie in ihrem täglichen einstündigen Spaziergang. Braucht Tante Frieda eine tiefe Kniebeuge oder gar einen Spagat? Nein! Sie braucht genügend Hüftmobilität und -kraft, um alleine von der Toilette aufstehen zu können und wenn sie fallen sollte, dass sie aus eigener Kraft vom Boden aufstehen kann. Sprich eine Kniebeuge von 90° ist ausreichend für sie.

      Selbiges gilt für Opa Bernd, 82 Jahre, der keine volle Flexion von 180° seines Arms über Kopf mehr schafft. Da Opa Bernd keinen Handstand mehr in seinem Leben lernen will, wäre die Umstellung seines Alltags viel zu gravierend, um dieses Ziel zu erreichen. Es wäre keine Zeit mehr dafür da, mit seinen Freunden Skat zu spielen und den Besuch seines Enkels zu empfangen, weil Bernd versucht, seine Schultermobility zu verbessern.

      Natürlich sind diese Beispiele ein wenig überspitzt. Aber wie häufig setzen Therapeuten oder Trainer ihren Patienten oder Klienten einen Hut auf, der ihnen gar nicht passt? Oder wie ich gerne sage:

       „Jede Generalisierung ist generell falsch!”

      Womit wir wieder beim Thema Konzepte vs. Protokolle wären. Selbstverständlich ist es für Tante Frieda und Opa Bernd wichtig, sich zu bewegen, aber vielleicht nicht in dem Kontext, den wir mit unserem Trainingswissen als „optimal” bezeichnen würden. Optimal ist immer individuell zu betrachten und das BPS-Modell hilft, diese Kontextfaktoren mit einzubeziehen, sodass du einschätzen kannst, wie viel Beweglichkeit wirklich notwendig ist.

      Im weiteren Verlauf des Buchs wirst du verstehen, wie die Bewegungs- und Beweglichkeitsanforderungen für die verschiedenen Calisthenicsskills lauten, um gesund zu trainieren.

      Noch eine kleine Anekdote am Rande: Was meinst du, wie ich meinen Vater (ehemaliger Profi-Handballer und begeisterter Golfer) dazu bringe, Mobilitytraining zu machen? Indem ich ihm Wege zeige, wie er mit einigen Übungen seinen Golfschwung optimieren kann, wenn er an der Beweglichkeit seiner Brustwirbelsäule arbeitet.

      1.4.3BEWEGLICHKEITSTRAINING HILFT GEGEN SCHMERZEN

      Das Thema Schmerzen ist prädestiniert dafür, Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn es ein Thema gibt, was Menschen direkt gelöst bekommen wollen und dafür alles Mögliche in Kauf nehmen, sind es körperliche Schmerzen. Dein Alltag, dein Gemüt und dein soziales Miteinander kann durch Schmerzen beeinträchtigt werden. Wer sich nicht wohl in seinem Körper fühlt, ist unglücklicher.

      Da ich mich häufig mit dem Thema Onlinemarketing im Gesundheitssektor auseinandersetze, achte ich besonders auf die Art und Weise, wie von verschiedenen Unternehmen und Personen Werbung gemacht wird. Leider wird dieser verletzliche Zustand des Öfteren von schlechtem Marketing ausgenutzt. Es wird mit Angst und Heilversprechen gearbeitet. Das Thema Beweglichkeit wird dabei sehr häufig als heiliger Gral verkauft. Als Methode, die alle deine Probleme löst, es spielt keine Rolle, welchen Ursprungs sie sind. Es werden Dehnprogramme verkauft, passive Trigger- und Faszientherapien angeboten, mit „sofortigem Schmerzlinderungseffekt”.

      Wenn du solche Werbung auch schon gesehen hast, verbanne diese Aussagen bitte aus deinem Kopf. Es sind Heilversprechen, die in keiner Art und Weise haltbar noch legal sind. Dabei handelt es sich um Marketingversprechen, die nichts mit der Physiologie des Menschen zu tun haben und das Vertrauen der Menschen ausnutzen, das Gesundheitsdienstleistern entgegengebracht wird.

      Selbstverständlich adressiere ich mit Moving Monkey® auch das Thema Schmerzen und dabei bleibt es nicht aus, dass das eine oder andere YouTube®-Thumbnail reißerisch wirkt. Wichtig finde ich dabei, dass der Inhalt dahinter stimmt. Dass das Wissen vermittelt wird, dass Schmerz ein komplexes Phänomen darstellt. Dass weder eine Form des Trainings (Kraft, Beweglichkeit o. Ä.) noch eine Wunderübung oder Wundermethode zur absoluten Schmerzfreiheit führt.

      Beweglichkeitstraining kann ein Faktor sein, der dir ein besseres Körpergefühl gibt, dadurch ein besseres Wohlbefinden und damit eine gewisse Schmerzlinderung herbeiführen kann.

       Eine direkte Kausalität kann allerdings nicht gezogen werden.

      Unser Körper ist nicht linear, weshalb eine einseitige Betrachtungsweise auf das Thema Schmerzen ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Therapeut/Trainer und Patient/Klient schafft. Durch Falschaussagen wie: „Hier ist eine Verkürzung und dann muss da gedehnt werden …” oder: „Hier ist ein Muskel im Hartspann und es darf deshalb kein Krafttraining gemacht werden”, sind viele Menschen verunsichert, den eigenen Körper zu belasten und verfallen somit immer wieder passiven Therapie- und Trainingsansätzen.

      Kurzum: Beweglichkeitstraining ist nicht der heilige Gral, sondern eine Form, seinen Körper zu entwickeln. Aus diesem Grund sollte Mobility, meiner Meinung nach, eher als Bewegungskonzept statt als einseitige Trainingsform verstanden werden.

      TIPP

      Für mehr Informationen zum Thema Schmerzen empfehle ich stets das Buch Explain pain supercharged der NOI-Gruppe und Pain neuroscience education, die sich mit wissenschaftlichen Ansätzen zum Thema Schmerz auseinandersetzen.

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      1.5MOBILITY FÜR FORTGESCHRITTENE

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