Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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Kerle“ der „Isabella“, im besonderen aber auch den Profos, den nun wiederum Hasard zurückpfeifen mußte. Denn Carberry war drauf und dran, zurückzuschwimmen und die Pinaß erneut zu entern, um, wie er fluchend verkündete, „diesem Rübenschwein endgültig den Hals umzudrehen.“

      An dieser Stelle auf der Reede von Cadiz war das perfekte Theater im Gange, das sich von der Tragödie des zerschossenen, allmählich sterbenden genuesischen Handelsfahrers in eine Komödie gewandelt hatte, dessen Hauptdarsteller der bis zur Weißglut gereizte Profos und die lächerliche Clownsfigur des Kapitäns waren.

      Dessen Energien konzentrierten sich nun allerdings wieder auf die eigentliche Ursache dieses Hickhacks. Die Erinnerung hatte sich wohl in seinem Denken durchgesetzt. Und wieder trieb ihn die Gier nach dem vermeintlichen Gold an.

      Dieses Mal meinte er, besonders schlau zu sein. Er ließ die Pinaß auf die andere Seite des Siebenhundert-Tonners pullen, nachdem er den Seewölfen, Carberry und Hasard einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte. Die Seewölfe kratzte das nicht. Die vernichtenden Blicke eines Kapitäns Seymour waren nicht von jener Art, daß einem die Knie weich werden konnten.

      Die Seewölfe bargen die letzten verwundeten Genuesen und pullten sie hinüber zur „Isabella“. Indessen enterte Kapitän Seymour mit den Seesoldaten das sinkende Schiff – Seymour mit Blindheit geschlagen, was den Zustand des Handelsfahrers betraf, die Seesoldaten mit zögerndem Mißtrauen und einer gesunden Portion Angst. Letzteres beruhte auf der allseits bekannten Tatsache, daß es nicht gut war, in die Strudel eines sinkenden Schiffes zu geraten.

      Es kam, wie es kommen mußte.

      Kaum hatten Kapitän und Seesoldaten die Kuhl des bereits stark vorlastigen Schiffes betreten, da barst in den Laderäumen irgendein Schott oder eine Querwand. Dann setzte deutlich hörbar ein Rauschen ein. Der Bug neigte sich noch mehr.

      Die Seesoldaten sahen sich bleich und stumm an, entledigten sich ihrer schweren Ausrüstung – und sprangen außenbords. Das war natürlich befehlswidrig, aber sie handelten nach dem Motto: Rette sich, wer kann! Im übrigen waren sie längst zu der Ansicht gelangt, daß das Gold, von dem ihr Kapitän ein bißchen irre gefaselt hatte, wohl nur in dessen Phantasie existierte. Und wegen nichts ein sinkendes Schiff zu entern, war ja nun wirklich der Gipfel des totalen Unsinns.

      Da stand nun der Kapitän Seymour, Kommandant einer schweren englischen Kriegsgaleone, ohne Perücke, ohne Degen – der ruhte jetzt zwischen Muscheln und Wassergewächsen und würde niemandem mehr wehtun – und starrte seinen entschwindenden Seesoldaten nach.

      Die plumpsten einer nach dem anderen ins Wasser wie überreife Pflaumen, die vom Baum fallen, tauchten weg, schossen wieder hoch und paddelten zu der Pinaß, wo sie an Bord gezerrt wurden.

      „Mir nach“, murmelte der Kapitän ziemlich sinn- und nutzlos – und sprang auch. Es war reiner Herdeninstinkt, der diese Reaktion bei ihm auslöste.

      Er wurde ebenfalls aufgefischt.

      Wenn die Seesoldaten gedacht hatten, jetzt würde die Toberei erneut losgehen, dann wurden sie angenehm enttäuscht. Der Kapitän sagte gar nichts, bis auf den kurzen Befehl, man möge zur „Dreadnought“ zurückpullen.

      Hinter ihnen sank der Siebenhundert-Tonner.

      Kapitän Seymour drehte sich nicht ein einziges Mal um. Als er frierend und mit den Zähnen klappernd über die Jacobsleiter auf sein Schiff stieg, stand die „Isabella“ unter vollen Segeln und glitt majestätisch an der „Dreadnought“ vorbei der offenen See zu.

      Erbittert stellte Seymour fest, daß dieser verdammte Kapitän Killigrew ihm wie zum Hohn am Besanmast die genuesische Ersatzflagge gehißt hatte. Kapitän Sulla hatte sie geborgen, bevor er als letzter seiner Männer sein Schiff verlassen hatte. Jetzt wehte sie stolz auf der „Isabella“.

      „Kanaille“, murmelte Kapitän Seymour.

      6.

      Admiral Francis Drake behauptete später, er habe in Cadiz „den Bart des Königs von Spanien versengt“. Tatsächlich waren auf der Reede und im Hafen an die vierzig Schiffe gekapert, verbrannt oder versenkt worden, darunter im inneren Hafen, also der Bai von Puntales, in einem gesonderten Angriff eine schwere Galeone, die dem Marquis von Santa Cruz gehörte und von den Spaniern insgeheim zum Flaggschiff ihrer geplanten Invasionsflotte gegen England vorgesehen gewesen war.

      Das wurde alles erst später bekannt.

      Immerhin waren – abgesehen von den neutralen Schiffen – viele der Schiffsladungen für Lissabon bestimmt, wo sie von der Armada übernommen werden sollten. Es war ja nicht leicht, derart viele Schiffe für ein Landungsunternehmen auszurüsten und deren Besatzungen zu verpflegen.

      Der Überfall des Admirals auf Cadiz entsprach seiner freibeuterischen Praxis, wie er sie drüben in der Neuen Welt durchgeführt und erprobt hatte. Dieses Unternehmen war ein aggressiver Akt, aber man sagte, der Zweck heilige die Mittel, und jene, die später das Für und Wider dieser Aggression abwogen, meinten, der Admiral habe England eine Atempause verschafft. Denn nur ein Jahr später segelte die größte Flotte, die die Welt damals gesehen hatte, gegen das Inselreich, um sich für „den versengten Bart“ zu rächen und dem englischen – Zwerg das Fürchten beizubringen.

      Das war nun wiederum ebenfalls ein aggressiver Akt, und so mag es eine Ironie der Geschichte sein, daß man den Überfall des Admirals auf Cadiz in einem milderen Licht sah oder sogar geneigt war, ihn als einen – wenn auch etwas fragwürdigen – Akt der Notwehr zu betrachten.

      Der Admiral ging in die Geschichte ein.

      Der Kapitän Philip Hasard Killigrew nicht. Taten der Menschlichkeit werden selten bekannt. Und wer sie ausübte, wurde sogar oft genug als Narr oder hoffnungsloser Weltverbesserer angesehen.

      Die „Isabella“ segelte unter genuesischer Flagge südwärts. Sie hatte nach England zurückkehren sollen – nach einer vieljährigen Weltumseglung, aber die Würfel waren anders gefallen.

      Das hing mit dem Entschluß und dem Versprechen des Kapitäns Killigrew zusammen, den Genuesen zu helfen. Und kein Mann seiner Besatzung murrte. Zu tief saß in ihnen die Scham über das wölfische Gebaren der Drakeschen Schiffe.

      Auch Wut steckte noch in ihnen, denn Carberry, ihr Profos, hatte nicht geschwiegen. Er hatte berichtet, daß der verdammte Admiral versucht hätte, ihren Kapitän bei seinem Besuch auf dem Flaggschiff festsetzen zu lassen, um ihn dann vor ein Bordgericht stellen zu können.

      Das war nun wirklich die Höhe der Undankbarkeit. Es war der Gipfel, zumal man diesen Admiral ja mehrmals aus den gefährlichsten Situationen herausgepaukt hatte.

      Natürlich wußten sie nicht oder ahnten nicht, daß der Admiral mit seinem Verband vor Cadiz noch mehrfach in Situationen geriet, die nun wieder dem rebellischen Viceadmiral Borough die Haare zu Berge stehen ließen.

      Da mußten die Engländer nachts einen Angriff spanischer Brander abwehren. Und am nächsten Tag fuhren die Spanier um das gefährdete Cadiz herum schwere Feldschlangen auf, die mit gar nicht mal so schlechten Weitschüssen die englischen Schiffe zwangen, sich etwas mehr zurückzuhalten.

      Später kreuzte der Verband Drakes vor Kap Sankt Vicente und plünderte das Kastell, wo der sagenhafte Prinz Heinrich, „der Seefahrer“, eine reichhaltige und einmalig kostbare Bibliothek über Navigation, Astronomie und das Seewesen zusammengetragen hatte. Die englischen Barbaren zeigten auch in diesem Falle keine sonderliche Rücksichtname, wie das in Zeiten der Gewalt so üblich ist. Vieles wurde ein Raub der Flammen.

      Ja, alles das wußten die Seewölfe nicht. Ihr Kapitän hatte den Genuesen versprochen, sie dorthin zu bringen, wohin sie es wünschten, und das war die Hafenstadt Cartagene an der spanischen Mittelmeerküste, wo die genuesischen Kaufleute ein festes Handelskontor errichtet hatten und Kapitän Sulla weitere Unterstützung erhalten würde.

      Hasard hätte die tapferen Genuesen auch bis nach Genua gebracht, aber Kapitän Sulla hatte das als für Hasard unzumutbar abgelehnt.

      Sie