Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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klar“, sagte der Steuermann Phipps und grinste.

      5.

      „‚Dreadnought‘ läßt ein schweres Beiboot zu Wasser!“ schrie Bill vom Hauptmars hinunter. „An Bord zwanzig Seesoldaten!“

      Hasard zeigte verstanden. Er hatte es selbst bereits gesehen.

      „Die wollen entern“, sagte Ben Brighton neben Hasard. Das hätte eine Feststellung sein können, aber wie es Ben sagte, klang es erbittert und empört. Und er hatte ja völlig recht. Sie enterten ein sterbendes Schiff. Es war so unsinnig wie alles, was an diesem Tage geschehen war.

      „Die Suppe versalz ich diesem Perückengockel“, knurrte Hasard, und es war wie eine Befreiung für ihn, als er seinen Entschluß faßte. Und dieses Mal pfiff er auf die Folgen.

      „Na endlich“, murmelte Ben Brighton wie erlöst. Aus seinem Gesicht verschwand der verkniffene Zug, den es angenommen hatte, seit der Genuese zusammengeschossen wurde. „Der Perückengockel persönlich führt das Enterkommando“, fügte er hinzu, und das wiederum klang, als freue sich Ben Brighton darauf, an diesem Abend ein am Spieß gebratenes Spanferkel verspeisen zu können.

      „Du bleibst an Bord, Ben“, sagte Hasard, und dann hagelten seine Befehle, die schlagartig alles in Bewegung brachten.

      Waren Minuten vergangen? Fast schien es so.

      Jedenfalls schob sich plötzlich die „Isabella“ zwischen die „Dreadnought“ und das genuesische Wrack, während ein Beiboot der „Isabella“ von kräftigen Armen gepullt heranschoß und der Pinaß des Kapitäns Seymour den Kurs auf den Siebenhundert-Tonner verlegte – wie zufällig sah das aus.

      In diesem Beiboot der „Isabella“ befanden sich nur acht Männer: Philip Hasard Killiggew, Edwin Carberry, Big Old Shane, Batuti, Smoky, Stenmark, Matt Davies und Dan O’Flynn.

      Die Besatzung an Bord der „Dreadnought“ riß die Augen auf, als sie in die gähnenden Rohrmündungen der Steuerbordbreitseite der „Isabella“ starrte. Und sie sah, daß die Kerle hinter den Stücken die Lunten am Brennen hatten.

      Eine kühle Stimme auf dem Achterdeck der „Isabella“ rief: „Laßt die Pfoten von den Waffen, oder wir jagen euer Schiff in die Luft!“

      „Verstanden!“ rief Cummings auf dem Achterdeck der „Dreadnought“, und Ben Brighton sah, daß dieser Offizier über das ganze Gesicht grinste.

      „Ich glaub fast, dem haben wir einen Gefallen getan“, sagte Ferris Tucker, der neben Ben Brighton stand und das Grinsen gesehen hatte.

      „Glaub ich auch“, erwiderte Ben Brighton trocken. „Und weißt du, was ich noch glaube?“

      „Na?“

      „Der freut sich, wenn wir seinem Kapitän den Marsch blasen und er ist verhindert, dem Gockel zu helfen, weil wir ihm gewissermaßen die Pistole vorhalten.“

      „Sag ich doch“, brummte Ferris Tucker. „Die müßten uns noch dafür bezahlen, daß wir ihnen einen Gefallen tun.“ Er blickte hinüber zu der Pinaß und dem Beiboot der „Isabella“, die auf Kollisionskurs lagen, das heißt, auf Hasards Beiboot wurde nicht mehr gepullt, weil sie bereits ihr Ziel als schwimmende Barrikade erreicht hatten, während die Pinaß wie ein wütender Schwan heranschnaubte. „Da tut sich gleich was“, sagte Ferris Tucker.

      Und ob sich was tat!

      „Aus dem Weg!“ brüllte Kapitän Seymour. „Aus dem Weg, Sie verfluchter Bastard!“ Er stand aufrecht vor der Heckducht und fuchtelte wieder mit seinem Degen durch die Luft, als gelte es, weitere Hüte aufzuspießen. „Gleich ramme ich Sie!“

      Hasard lachte schallend, ließ plötzlich anrudern, und als die Pinaß am Heck des Beibootes vorbeischoß, warf er fast lässig ein Entertau mit einem Haken zu der Pinaß hinüber. Der Wurf saß, denn Hasard brauchte nur etwa knapp zwei Yards zu überbrücken.

      Der Haken verkrallte sich hinter dem Heckdollbord. Blitzschnell belegte Hasard das Ende, das er noch in der Hand hielt, an einer Klampe seiner Heckducht.

      „Rudert an, Arwenacks!“ peitschte seine Stimme.

      Und die Seewölfe ruderten an!

      Während sie sich vorwarfen, flogen die Riemen zurück, stießen ins Wasser, wurden mit berstender Kraft durchgeholt, daß es in den Rundsein nur so krachte, aus dem Wasser gerissen, und der neue Schlag begann.

      „Hool weg!“ brüllte Ed Carberry, Schlagmann auf der Backbordseite. „Hool weg!“

      Neben ihm saß Big Old Shane. Und diese beiden Brocken von Mannsbildern mit ihren Bärenkräften reichten schon aus, dem Beiboot auf Anhieb und mit dem ersten Schlag einen wüsten Pull vorwärts zu geben.

      Das passierte alles innerhalb von Sekunden, noch bevor die Rudergasten Kapitän Seymours begriffen, was sich hier abspielte. Kapitän Seymour selbst begriff überhaupt nichts. Mit seinem Degen hätte er das Entertau nur mit einem einzigen Hieb zu kappen brauchen – und dann wäre das Spiel anders gelaufen.

      Aber Kapitän Seymour gehörte eben nicht zu den Männern, die auf unerwartete Situationen blitzschnell und instinktsicher reagierten.

      Er glotzte mit blöden Augen auf das Entertau, das seine Pinaß mit dem Beiboot des verdammten Killigrew verband, sah, wie das Tau steifkam, aus dem Wasser schnellte – und dann holte ihn bereits dieser furchtbare Ruck von den Beinen.

      In der Pinaß flog alles durcheinander – Seesoldaten, Rudergasten, Bootssteurer, Kapitän, Waffen, eine Kiste mit Pistolenmunition, Pulverfässer, Fußbretter, Tauwerk.

      Kapitän Seymour prallte vor und zurück und bohrte seinen Degen neben der rechten Hand des Bootssteurers durch die Bodenbeplankung der Pinaß. Der Degen rutschte bis zum Korb durch – und dann sprudelte dort das Wasser und benäßte die rechte Hand des Kapitäns, die den Degengriff eisern umklammerte.

      „Hool weg!“ dröhnte Carberrys Stimme. „Hool weg!“

      Und das Beiboot der „Isabella“ zog die Pinaß der „Dreadnought“ – Heck zu Heck einander zugekehrt – hinter sich her, als sei die Pinaß ein Korken oder ein leichtes Stück Balsaholz und nicht ein Fahrzeug, das mit zwanzig schwerbewaffneten Seesoldaten, acht Rudergasten, einem Kapitän und einem Bootssteuerer besetzt war.

      In der Pinaß rappelte sich Kapitän Seymour fluchend hoch, nahm die linke Hand noch zur Hilfe, stemmte seine Beine fest ein – das linke auf dem Bauch eines Seesoldaten – und zerrte am Degengriff.

      Nicht! hatte der Bootssteurer noch schreien wollen, aber es war bereits zu spät. Kapitän und Degen flogen achtern gegen die Ducht und zerbrachen die Ruderpinne, und aus dem Dreiecksloch, das die Degenklinge sauber gestanzt hatte, sprudelte nicht mehr, sondern schoß das Wasser.

      Die Bilge war im Nu voll.

      Der Bootssteuerer riß sich die Jakke vom Leib, fetzte den Ärmel ab, warf sich vor und stopfte den Ärmel in das Leck.

      Jetzt quoll das Wasser nur noch. Immerhin reichte es den Männern in der Pinaß bereits bis zu den Knöcheln – so sie saßen oder standen. Einige lagen auch noch unter den Duchten oder zwischen dem Bootsinventar und waren fluchend damit beschäftigt, sich aufzurichten.

      Das war schwierig, weil nach jedem „Hool weg“ des fürchterlichen Narbenmannes in dem anderen Beiboot die Pinaß einruckte, als erhalte sie den Schlag von mehreren Schmiedehämmern.

      Kapitän Seymour schrie sinnlose Befehle.

      Er schrie: „Mir nach, Männer der ‚Dreadnought‘!“

      Und: „Entert die Piraten!“

      Und: „Klar bei Lunten!“

      Und: „Klar Schiff zum Gefecht!“

      Er wollte noch viel mehr brüllen, aber da hakte ihm der Seesoldat, dem er den linken Stiefel in den Bauch gestemmt