Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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      Furchtbarer, tödlicher, konnte kein Mißverständnis sein. Und es war vor seinen Augen geschehen.

      Hätte er noch eingreifen können?

      Natürlich – aber dieses Mal unter Verlust der eigenen Männer und des eigenen Schiffes, das mit seiner Ladung für die Königin bestimmt war.

      Dieser Philip Hasard Killigrew war ein ganzer Mann, und er ging mit sich selbst zu Gericht. Er war sein eigener Richter, und er verurteilte sich, weil er seine Worte nicht gewogen und später nicht gehandelt, sondern nur zugesehen hatte, wie das Verhängnis seinen Lauf nahm.

      Das habe ich nicht gewollt – diese Entschuldigung galt für ihn nicht, und er verachtete sie, weil der Mann, der sie benutzte, damit bewies, daß er zu feige war, für die Folgen seiner Handlungsweise einzustehen. Und wenn er diese Folgen im voraus nicht bedacht hatte, dann war das ebenfalls keine Entschuldigung, sondern nichts weiter als sträfliche Dummheit.

      Jeder Schuß aus den englischen Rohren verkündete den Urteilsspruch: Du bist schuldig, Philip Hasard Killigrew! Du hast Wind gesät und erntest Sturm, wie es in der Bibel steht!

      Drüben auf der „Dreadnought“ des Kapitäns Seymour johlten die Kanoniere, als die Kettenkugel eines ihrer Geschütze die seitlich über die Bordwand ragende Besanstange des Siebenhundert-Tonners zerspellte und die genuesische Flagge im Wasser versank.

      Sie johlten, als hätten sie einen Volltreffer gelandet und mit diesem einzigen Schuß den Gegner versenkt. Aber dieser Gegner sank noch nicht, auch wenn er bereits zum Wrack geschossen war und sein Vorschiff tiefer im Wasser lag als das Achterschiff.

      Aber das Johlen schlug in Wutgeschrei um, als plötzlich zwei Männer auf dem zertrümmerten Achterdeck ganz hinten am Heck einen langen Bootshaken aufrichteten und verkeilten. Und an diesem Bootshaken entfaltete sich eine Ersatzflagge, wehte aus und zeigte, daß niemand auf diesem Wrack bereit war, sich zu ergeben.

      Und wie zum Hohn auf das Johlen und das Wutgeschrei krachte eine der Messingkanonen an Bord des Handelsfahrers, spuckte ihr Eisen aus und zerhieb den Kranbalken vorn an der Steuerbordseite der „Dreadnought“, an dem der Anker waagerecht festgelascht war. Der Anker löste sich aus der Laschung, baumelte schwungvoll hin und her, zerschrammte die Bordwand – und dann rauschte die Ankertrosse aus, was nur passieren konnte, wenn sie aus Schlampigkeit nicht richtig belegt worden war. Der Anker ging wie ein Stein auf Tiefe und nahm die voll auslaufende Ankertrosse mit auf die Reise. Ihr letztes Ende flutschte wie eine geölte Schlange aus der Ankerklüse, peitschte Bruchteile von Sekunden zuckend durch die Luft und verschwand samt Anker auf Nimmerwiedersehen.

      Kapitän Seymour brüllte seinen ersten Offizier an, der erste Offizier widmete die Kraft seiner Stimmbänder dem dritten Offizier, der für Vorschiff und Back zuständig war, der dritte Offizier fiel über den Bootsmann Vordeck her, der Bootsmann knallte den Headman der Ankergäste zusammen, und der Headman trat dem Sailor George Trigger in den Hintern, weil der für die Ankertrosse zuständig war. Den Tritt weitergeben, das konnte der Sailor George Trigger nicht, weil er der letzte in der Hackordnung an Bord der „Dreadnought“ war. Nach ihm gab’s nichts mehr zu treten.

      Aber denken konnte der Sailor George Trigger, und er dachte voller Inbrunst; Rutscht mir doch alle den Buckel ’runter, ihr Viertel-, Halb- und Vollidioten. Denn das war seine Einteilung der Ränge an Bord der „Dreadnought“. Und der Vollidiot war Kapitän Robert Seymour.

      Und wieder krachten die Stücke an Bord der englischen Kriegsgaleone, als müsse der ausgerauschte Anker gerächt werden – teuer genug war er ja samt der mehr als männerarmdikken Trosse aus geschlagenem Sisalhanf, die etwa sechsmal länger als die „Dreadnought“ war.

      Solche und ähnliche Schäden hatte die „Dreadnought“ bereits seit ihrer „Schlacht“ gegen den Genuesen in jeder Menge, und allmählich summierte sich das, zumal sie es war, auf die der Genuese immer wieder sein Feuer richtete.

      Kapitän Seymour fand das „empörend“. Und noch mehr ärgerte er sich, als der Admiral die „Elizabeth Bonaventura“, die „Rainbow“ sowie die vier kleineren Kriegssegler jetzt abzog, um sie mit dem Ausräumen des Beuteguts der auf Reede geenterten Schiffe zu beschäftigen, während er selbst den Befehl erhielt, den verdammten Genuesen zu versenken.

      Versenken!

      Damit entschwand dem Kapitän Seymour für immer die Hoffnung, nach all den Mühen reiche Frucht zu ernten und sieh ein bißchen die Taschen zu füllen. Denn bestimmt hatte dieser halsstarrige Genuese etwas Wertvolles an Bord, sonst würde er sich nicht so verbissen zur Wehr setzen. Jawohl, genau das war der Beweis. Dieser freche Kapitän wollte nicht, daß er, Kapitän Robert Seymour, Kommandant eines Kriegsschiffes Ihrer Königlichen Majestät, die Schätze, eroberte, die in den Laderäumen des Handelsfahrers verborgen waren.

      Darum hatte er sich auch widersetzt, ein Prisenkommando an Bord kommen zu lassen.

      Er hatte Edelsteine an Bord! Gold! Silber! Kostbare Perlen!

      Der Adamsapfel des Kapitäns Seymour tanzte auf und nieder, weil er vor Erregung Schluckauf kriegte.

      Kapitän Seymour unterlag dem Trugschluß, andere Kapitäne mußten die gleichen Motive haben wie er. Und hätte er gewußt, was die Laderäume des Siebenhundert-Tonners bargen, dann hätte er für die Tapferkeit Kapitän Sullas wohl nur ein Achselzucken übrig gehabt und ihn für verrückt erklärt.

      Als das Flaggschiff des Admirals abgelaufen und hinter anderen Seglern verdeckt war, fuhr er zu seinem ersten Offizier herum und schnarrte: „Lassen Sie sofort die Pinaß aussetzen, Mister Cummings! Wir werden diesen genuesischen Tropf entern und ihm zeigen, was er für ein Zwerg gegen uns ist!“

      Cummings war zusammengezuckt. „Entern? Aber der Admiral …“

      „Interessiert mich nicht!“ pfiff ihn Kapitän Seymour an. „Hier befehle ich, und ich befehle, daß geentert wird, verstanden?“ Er reckte die Brust. „Ich selbst werde das Enterkommando gegen den Feind führen und den Sieg an unsere ruhmreiche Flagge heften.“

      Er riß den Degen aus seiner Scheide, fuchtelte mit ihm in der Luft herum, und als er ihn nach hinten schwenkte, um ausholen zu demonstrieren, wie Holz gehackt wird, spießte er den Hut des Steuermanns auf – nicht den Kopf, denn der Steuermann hatte sich noch rechtzeitig abgeduckt.

      Der Hut steckte auf dem Degen wie eine Manschette. Lächerlicher konnte ein Degen nicht aussehen.

      „Lassen Sie diesen Unsinn!“ schrie Kapitän Seymour den Steuermann an.

      „Entschuldigung, Sir“, sagte der Steuermann gelassen. „Es ist man gut, daß es nur der Hut und nicht mein Kopf ist.“

      „Schweigen Sie!“

      „Aye, aye, Sir, aber Sie sollten wirklich aufpassen, ob jemand hinter ihnen steht, wenn Sie zeigen, wie Sie den Sieg an unsere ruhmreiche Flagge zu heften gedenken.“

      Kapitän Seymour lief krebsrot an. „Cummings, notieren Sie diesen Mann wegen unverschämter Reden gegenüber dem Kommandanten. Ich verurteile ihn zu drei Tagen verschärftem Bordarrest, verstanden?“

      „Aye, aye, Sir. Steuermann Phipps drei Tage verschärfter Bordarrest wegen unverschämter Reden gegenüber dem Kommandanten. Soll Phipps die drei Tage sofort absitzen oder erst, wenn wir wieder in Plymouth sind?“

      „Wie bitte?“

      Cummings wiederholte seine Frage.

      Und darauf sagte der Kapitän: „Ach lassen Sie mich doch mit solchen Lappalien zufrieden! Ich habe jetzt an Wichtigeres zu denken. Warum ist die Pinaß noch nicht ausgesetzt, Mister Cummings? Muß ich mich hier an Bord um alles kümmern?“

      Edward Cummings, erster Offizier auf Ihrer Majestät Schiff „Dreadnought“, Dienstzeit in der Marine Ihrer Majestät fünfzehneinhalb Jahre, davon mindestens dreizehn Jahre Bordkommandos, dieser Edward Cummings war nahezu reif, einen Mord zu begehen.

      Aber er spuckte nur nach Lee – symbolisch. Und er dachte, die Spukke könnte dieser verdammte Seymour sein, wenn er bei Nacht und schwerem