Название | Seewölfe Paket 8 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954394975 |
Die Meerenge von Gibraltar hatte die „Isabella“ unangefochten bei Nacht passiert. Dann steuerte Hasard nach Weisung Kapitän Sullas entlang der spanischen Küste, getarnt als Genuese, denn das hatten sie so vereinbart, falls spanische Kriegssegler allzu neugierig werden sollten.
Jetzt erst hatte Hasard Zeit, um mit seinen beiden Söhnen das längst fällige Hühnchen zu rupfen, obwohl der Zorn in ihm bereits abgeklungen war. Nur beschäftigte ihn sehr stark die Frage, wie die beiden „Rübenschweinchen“ – wie Carberry sie nannte – es geschafft hatten, aus der Vorpiek auszubrechen, in die sie Old O’Flynn weisungsgemäß eingesperrt hatte.
In Begleitung Carberrys und Old O’Flynns wurde mit Hasard und Philip Junior eine Ortsbesichtigung vorgenommen.
Großvater, Vater und der Profos hatten todernste Mienen aufgesetzt, und den beiden Bürschchen schwante nichts Gutes, als man den Marsch zur Vorpiek antrat.
Einen Ausbruchsversuch verhinderte der Profos, als die beiden Kerlchen nach Passieren des Schotts zum Vordeck plötzlich wie auf Verabredung kehrtmachten und unter Carberry, der hinter ihnen ging, durchzuschlüpfen versuchten.
Indessen kannte Carberry bereits so einige Tricks seiner beiden kleinen „Rübenschweinchen“ und war vorbereitet. Er langte mit seinen Riesenpranken links und rechts zu, erwischte die Zwillinge jeweils am Schlafittchen, hob sie mühelos hoch und trug die beiden zappelnden Gestalten der Einfachheit halber gleich bis zur Vorpiek, wo er sie abstellte, aber am Kragen weiter festhielt.
„So“, sagte Hasard und musterte seine beiden Knaben mit strengem Blick, „da wären wir also.“ Er räusperte sich, weil er das versteckte Grinsen in den Augen Carberrys und Old O’Flynns sah, und fuhr fort: „Ich möchte jetzt wissen, auf welche Weise ihr die Vorpiek, in die euer Großvater euch eingesperrt hatte, verlassen habt.“
„Hm“, sagte Hasard Junior.
„Hm“, sagte auch Philip Junior.
Und dann herrschte wieder Schweigen.
„Ich höre nichts“, sagte Hasard, „und ‚Hm‘ ist auch keine Antwort.“
Die beiden Kerlchen verständigten sich mit einem Blick, und Hasard Junior sagte: „Gibt’s wieder Hiebe?“
„Man beantwortete eine Frage nicht mit einer Gegenfrage, Söhnchen“, erwiderte Hasard, „und ob’s wieder Hiebe gibt, hängt ganz davon ab, wie ihr euch verhaltet. Also, ich will meine Frage näher erklären, damit ihr kapiert, um was es hier geht. Diese Vorpiek ist ein Raum, in den wir unsere Gefangenen einsperren …“
„Philip und ich sind keine Gefangenen“, erklärte Hasard Junior selbstbewußt und mit Trotz in der Stimme. „Wer uns einsperrt, dem büxen wir wieder aus, das ist – äh – Ehrensäbel.“
Ehrensäbel! Wo hatten sie denn nun diesen Ausdruck wieder her? Hasard runzelte die Stirn. Dieses Pärchen schnappte aber auch jeden Ausdruck auf, einschließlich der wilden Flüche und wüsten Bezeichnungen des grimmigen Carberry.
Ehrensäbel hin – Ehrensäbel her, Hasard sagte: „Vielleicht läßt du mich erst einmal ausreden, Sohn. Ich mag nicht gern unterbrochen werden, wenn ich etwas erkläre. Also, die Vorpiek ist der Raum für unsere Gefangenen. Wenn ihr es schafft, aus diesem Raum auszubrechen, dann sollte das auch eventuellen Gefangenen möglich sein. Das bedeutet, daß es dann für die Besatzung und unsere ‚Isabella‘ gefährlich wird. Wir haben solche Situationen schon erlebt. Darum ist es für uns wichtig, von euch zu erfahren, wie ihr das angestellt habt. Nur dann können wir dafür sorgen, daß die Vorpiek entsprechend abgesichert wird. Ist das klar?“
„Klar“, sagte Hasard Junior.
„Klar“, sagte Philip Junior.
Sie nickten sich zu, grinsten sich an und marschierten in die Vorpiek.
„Zuriegeln!“ befahl Hasard Junior.
Vater Hasard, Old O’Flynn und Carberry blieben draußen vor dem Schott. Carberry schob die beiden schweren Riegel vor, die oben und unten des Schotts befestigt waren.
„Da bin ich aber gespannt“, brummte Old O’Flynn und starrte auf das Schott und die Riegel.
Da tat sich überhaupt nichts.
Sie warteten, und es passierte immer noch nichts.
Die drei Männer starrten sich an und warteten weiter. Hasard kaute auf seiner Unterlippe herum.
„Wollen die uns verkohlen?“ fragte Carberry.
Etwa fünf Minuten waren vergangen. Hasard trat an das Schott und entriegelte wieder. Er betrat als erster die Vorpiek, Old O’Flynn und Carberry drängten nach.
Die Vorpiek war leer.
„Das gibt’s doch gar nicht“, murmelte Carberry fassungslos. „Die können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.“
Hasard und Old O’Flynn waren ebenfalls völlig perplex.
Und dann krachte hinter ihnen das Schott zu, und sie hörten, wie die beiden Riegel vorgeschoben werden. Sie hörten aber noch mehr, nämlich das Kichern der beiden „Rübenschweinchen“.
„Hölle und Teufel!“ tobte Carberry los. „Wenn ihr das verdammte Schott nicht sofort öffnet, bezieht ihr die Senge eures Lebens, das verspricht euch der alte Carberry!“
Die beiden Knaben hinter dem Schott lachten sich halbtot, dann wurde wieder entriegelt, und das Schott schwang auf.
Hasard war es seinerzeit nicht aufgefallen, aber jetzt sah er es – und er roch es. Hasard Junior und Philip Junior waren pitschnaß, und sie stanken. Sie stanken nach Bilgewasser. Und damit wurde Vater Hasard klar, wie sie es geschafft hatten, die Vorpiek zu verlassen – durch die Bilge unter den Innenplanken entlang, die den Boden des untersten Decks bildeten. Sie mußten sozusagen direkt auf dem Kiel entlanggekrochen sein, und das war eine ganz beachtliche Leistung, weil sie Geschmeidigkeit, Abgebrühtheit gegen den Bilgeunrat und Mut verlangte.
Es waren schon Satansbraten, diese beiden. Hasard begann schallend zu lachen.
„Da lacht der noch“, brummte Old O’Flynn unwillig. „Darf ich vielleicht auch mitlachen?“ Er hatte noch nicht begriffen, wie der Ausbruch von den Zwillingen bewerkstelligt worden war.
Hasard Junior demonstrierte es.
Er trat wieder in die Vorpiek, feixte Old O’Flynn an, zog ein Messer, bückte sich und hebelte eine Bodenplanke an. Darunter schwappte das Bilgewasser. Wie eine Schlange schlüpfte und zwängte er sich durch den Spalt, stieß das Messer von unten in die zur Seite geschobene Planke, rückte sie an die alte Stelle – und war weg.
Hasard verließ die Vorpiek und betrat den Gang, der zur Vorpiek führte. Gespannt schaute er dort auf die Bodenplanken. Eine Minute später wurde an einer Stelle eine Planke von unten hochgestemmt, und der schwarze Schopf seines Sohnes tauchte auf. Als er den Spalt verließ, brachte er eine tote Ratte mit. Die war noch nicht lange tot, weil sie blutete. Der Junior hielt sie am Schwanz fest und erklärte lakonisch, die sei ihnen vorhin „über den Weg gelaufen“.
Das Rätsel ihres Ausbruchs war also gelöst. Philip Junior hatte ebenfalls ein Messer. Damals hatten sie beide mit den Messern die betreffenden Bodenplanken in harter Arbeit gelockert und dann ausgehoben. Ferris Tucker würde die Nägel erneuern müssen, die faßten natürlich nicht mehr.
Aber eins war klar: Ein ausgewachsener Mann würde auf diesem Wege niemals ausbrechen können. Er würde in der Bilge steckenbleiben und vermutlich auch ersticken oder absaufen. Nur Jungen von der Größe, aber auch Verwegenheit der Zwillinge war es möglich, sich durch diesen Fluchtweg zu winden und zu schlängeln. Und Nerven gehörten dazu.
Das alles begriffen jetzt auch Old O’Flynn und Ed Carberry. Und sie staunten. Die angedrohte Senge war längst vergessen.
„Das – das ist das Tollste, was mir je untergekommen ist“, bekannte der Profos kopfschüttelnd. „Kriechen diese beiden Rübenschweinchen