Название | Seewölfe Paket 8 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954394975 |
Sulla verfluchte seinen Entschluß, nicht wie die anderen dicken Brokken das Weite gesucht zu haben, als die Engländer noch mit Cadiz beschäftigt waren.
Jetzt war es zu spät.
„Klar Schiff zum Gefecht!“ peitschte seine grimmige Stimme über die Decks.
Kaum hatte er das befohlen – und das gab ihm die Genugtuung, richtig zu handeln –, erschienen die ersten Mündungsfeuer vor den Rohren der englischen Schiffe, und der Kanonendonner rollte über die Reede.
Warnschüsse waren es, wie Kapitän Sulla feststellte.
Warnschüsse, um die Schafherde einzuschüchtern!
Bei den Schiffen, die am Südrand der großen Reede ankerten, sah es aus, als spucke das Wasser Fontänen hoch. Sulla kannte dieses Bild, und es war für ihn wieder genauso erregend wie vor sechzehn Jahren, als er unter Giovanni Andrea Doria, dem Führer der genuesischen Seestreitkräfte bei der Schlacht von Lepanto, an Bord der „Marquesa“ gegen die türkische Flotte gekämpft hatte.
Damals hatte er zum ersten Male die kalte Schönheit fontänengischtender Kugeleinschläge bewundert – ganz abgesehen von der erleichternden Gewißheit, daß jede Fontäne eine verschossene Kanonenkugel bedeutete, die ihr Ziel nicht erreicht hatte.
Später hatte er gelernt, wie man als Kanonier oder Stückmeister einen Gegner mittels der beobachteten Fontänen „eingabelt“, das heißt, die Weit- oder Kurzschüsse zu korrigieren und ebenso der Seite nach zu verbessern. Hinzu kam das Schießverfahren beim laufenden Gefecht, also mit dem Gegner parallel segelnden Kurs, und beim Passiergefecht, bei dem eigener und Gegnerkurs aneinander vorbeiführen.
Kapitän Sulla bewegte unruhig die breiten Schultern. Das hier war eine andere Situation, denn sein Schiff lag gewissermaßen an der Kette. Ankerauf gehen, Segel setzen und in den Atlantik steuern – dazu war es zu spät. Wenn sie es wollten, würden ihn die Engländer so oder so erwischen. Eine schwache Hoffnung flakkerte noch in ihm, daß sie seinen neutralen Status respektieren würden.
Aber unter Umständen festliegende Zielscheibe zu sein, dieser Gedanke behagte ihm ganz und gar nicht. Unter Segeln — und da war er erfahren genug – hatte man immer noch die Chance, auch einen stärkeren Gegner ausmanövrieren oder ihm davonsegeln zu können.
Aber diese Chance hatte er mit seinem Ausharren verspielt.
„Schiff ist gefechtsklar“, meldete sein erster Offizier.
Sulla nickte stumm.
„Die werden uns doch nicht angreifen“, sagte der Erste zweifelnd.
„Weiß man’s?“ Sulla zuckte mit den Schultern, kniff die Augen zusammen und beobachtete, wie auf fünf Schiffen am Südrand der Reede die Flagge gestrichen wurde. „Die ergeben sich“, murmelte er, „das eine Schiff ist die französische Karavelle, die südlich von unserem Ankerplatz gelegen und Sherry übernommen hatte.“ Sulla fluchte. „Auf neutrale Schiffe nehmen die Brüder offenbar, keine Rücksicht. Oder sind die auf Sherry scharf?“
„Im Saufen waren die Engländer schon immer gut“, sagte der Erste philosophisch. Er war ein schlanker, geschmeidiger Mann namens Silvio Carlone. Seit fünf Jahren fuhr er unter dem Kommando des Kapitäns, und er hatte es noch keine Minute bereut.
Kapitän Sulla hob das Spektiv ans rechte Auge und blickte hindurch.
„Sie entern die Karavelle“, sagte er verbissen. „Keiner wehrt sich, nicht einer, auch bei den anderen Schiffen nicht. Selbst bei den spanischen Amerikaseglern haben sie die Hosen voll und die Flagge gestrichen. Dabei sind sie weitaus besser bestückt als alle anderen. Feiges Pack!“
„Und was werden wir tun?“ fragte der Erste, obwohl er die Antwort seines Kapitäns bereits kannte.
„Kämpfen“, sagte Kapitän Sulla lakonisch, „mir nimmt keiner mein Schiff weg.“
Silvio Carlone nickte. Mit dieser Entscheidung war er durchaus einverstanden. Denn so hatten sie es immer gehalten, und warum sollte es jetzt anders sein?
Trotzdem sagte er: „Diese vier englischen Kriegsgaleonen werden uns ganz schön zum Tanzen bringen.“
„Wir sie auch“, knurrte Kapitän Sulla und schob das Spektiv zusammen. „Die erste dreht bereits auf uns zu.“
„Sollen wir sie ins Visier nehmen?“
„Abwarten. Mal sehen, wie weit er’s treibt“ Kapitän Sulla trat ans Backbordschanzkleid des Achterdecks und blickte der Galeone entgegen.
Die segelte bis auf Rufweite an den Siebenhundert-Tonner heran und ging in den Wind. Die Segel wurden ins Gei gehängt.
Ein betreßter Mensch, aufgetakelt wie ein Gockel, eine Lockenperücke auf dem Kopf, stand am Steuerbordschanzkleid des Achterdecks und schrie etwas zu dem Genuesen hinüber.
Sulla grinste und brüllte zurück: „Verstehe kein Englisch!“
Der betreßte Mensch winkte einen Mann heran und redete erregt auf ihn ein.
Der nickte, trat ans Schanzkleid und rief: „Kapitän Seymour, Kommandant Ihrer Majestät Schiff ‚Dreadnought‘, fordert Name und Heimathafen ihres Schiffes!“ Er rief es in spanischer Sprache.
Kapitän Sulla rief zurück: „Bestellen Sie Ihrem Kapitän, daß er gar nichts zu fordern hätte! Wir sind Genuesen und mir ist nicht bekannt, daß sich die Republik Genua mit England im Kriegszustand befindet. Folglich sollte Ihr Kapitän die seemännische Etikette wahren. Also kann er mich um eine Auskunft bitten, zu fordern, ich wiederhole es, hat er nichts.“
Mit Genugtuung bemerkte Kapitän Sulla, daß der englische Kapitän vor Wut platzte, als ihm der Dolmetscher die Antwort übersetzt hatte.
„Silvio“, sagte er leise zu seinem Ersten, „die Kanoniere sollen unsere Stükke auf das Achterdeck des Engländers und seine Masten richten.“
Der Erste nickte verstanden und sprang zur Kuhl hinunter.
Der Dolmetscher rief: „Was haben Sie geladen?“
„Eingepökelte Kakerlaken in Erdbeer-Sauce!“ schrie Kapitän Sulla. „Und was haben Sie geladen?“
Wüstes Palaver auf dem Achterdeck der englischen Kriegsgaleone. Der Kapitän mit der Lockenperücke brüllte den Dolmetscher an, und der brüllte zurück. Offenbar schien der englische Kapitän anzunehmen, sein Dolmetscher habe verkehrt übersetzt oder wolle ihn verulken. Aber da schaltete sich ein anderer Mann ein und schien die Übersetzung des Dolmetschers zu bestätigen. Auch er wurde von dem englischen Kapitän angebrüllt – wohl etwa in dem Sinne, er sei nicht gefragt worden und habe deshalb das Maul zu halten.
Kapitän Sulla begann sich zu amüsieren.
Nach einem erregten Disput schrie der Dolmetscher: „Kapitän Seymour fordert Sie auf, die Flagge zu streichen und ein Prisenkommando an Bord kommen zu lassen!“
„Ich habe vor nordafrikanischen Piraten nicht die Flagge gestrichen, und ich werde es auch nicht vor englischen Halsabschneidern tun!“ rief Kapitän Sulla. „Ein Prisenkommando hat nichts bei mir an Bord zu suchen. Sollte es wagen, zu entern, werden wir uns zur Wehr setzen. Sagen Sie das Ihrem Kapitän. Außerdem weise ich ihn darauf hin, daß ein Angriff auf mein Schiff ein Angriff auf die Republik Genua ist! Was Sie hier auf der Reede vor Cadiz mit den Schiffen anderer Länder tun, ist übelste Piraterie. Wenn die vor Ihnen den Schwanz einziehen, ist es deren Sache. Wir Genuesen jedenfalls sind es nicht gewohnt, uns von Piraten auf der Nase herumtanzen zu lassen. Wir sind friedliche Handelsfahrer, aber unsere Friedfertigkeit hat dort ihre Grenzen, wo wir angegriffen werden. Meine Kanonen sind gefechtsklar, um Ihnen eine Breitseite zu verpassen!“
Kapitän